Für die 1000 Betriebe im Landkreis Harburg sieht es beim Wintergetreide positiv aus. Sinkende Preise bereiten der Branche jedoch Sorge. Versorgung gilt als stabil und gesichert.

Buchholz. Die Landwirtschaftsbranche ist ein komplexes Konstrukt. Die Preise für Getreide und sogenannte Ölsaaten wie Raps werden komplett vom Weltmarkt gesteuert, vor allem das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) gibt beim Weizen den Ton an. Trotzdem hat das, was in fernen Ländern geschieht, letztlich auch auf Deutschland, Niedersachsen und den Landkreis Harburg Einfluss. Die Folge sind auf den ersten Blick kurios erscheinende Situationen wie die, dass Ulrich Peper, Leiter der Buchholzer Außenstelle der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer, für dieses Jahr von einer "guten bis sehr guten Ernte bei Wintergetreide" und einer "befriedigenden bis guten Ernte bei Winterraps" für den Landkreis ausgeht, die Landwirte aber gleichzeitig mit sinkenden Preisen beispielsweise bei Weizen rechnen müssen.

Statt 250 Euro wie im Vorjahr hat die Tonne für diese Feldfrucht jetzt einen Wert von unter 200 Euro. Der Begriff "gute Ernte" wird damit relativ. Und es wundert nicht, wenn Peper die Stimmung der 1000 Landwirte im Landkreis, von denen nur noch die Hälfte ihren Hof im Vollerwerb bewirtschaftet und drei Prozent ökologische Betriebe sind, in Bezug auf die Erzeugerpreise als "verhalten" bezeichnet. Dabei sind es nicht etwa Börsenspekulanten, die die Preise sinken lassen. Vielmehr ist es die Tatsache, dass nicht nur im Landkreis, sondern weltweit eine gute Getreideernte erwartet wird. Die Versorgung gilt als stabil und gesichert.

Viele Landwirte sind von den aktuellen Marktpreisen jedoch gar nicht betroffen. Sie haben für die Ernte 2013 in den vergangenen Monaten bereits Vorkontrakte zu besseren Preisen abgeschlossen, um so generell besser kalkulieren zu können.

Aber was wächst da überhaupt auf den Feldern zwischen Hollenstedt und Tespe? Der Landkreis gilt als gut durchmischt, was nicht nur auf die vielfältigen vorhandenen Vermarktungsmöglichkeiten vor Ort und den Hamburger Hafen vor der Haustür zurückgeht, sondern auch auf die wechselvollen landschaftlichen Gegebenheiten von Marsch, Geest und Heide.

Die 55.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche teilen sich in 38.000 Hektar Ackerland und 17.000 Hektar Grünland auf. Auf 15.400 Hektar wächst Getreide, auf 9000 Hektar Mais und auf 3500 Hektar Raps. Einen geringeren Anteil haben die sogenannten Hackfrüchte wie Zuckerrüben oder Kartoffeln mit insgesamt 3500 Hektar und Sonderkulturen, zu denen beispielsweise Spargel und Weihnachtsbäume gehören, mit insgesamt 4000 Hektar. Die restliche Ackerfläche (2600 Hektar) besteht aus Ackergras und Brachflächen.

Verantwortlich für das gute Gedeihen auf den Feldern sind aus Sicht von Ulrich Peper die guten Bedingungen bereits im Herbst des vergangenen Jahres. Das Wintergetreide konnte termingerecht in die Erde gebracht werden, nur beim Winterraps gab es unter anderem wegen wechselhafter Witterung Verzögerungen. Trotz eines harten Winters mit Frost im Januar und von Ende Februar bis März verhinderte der Schnee das Schlimmste. Die beachtlichen Massen, die sich auf den Feldern türmten, schützten die Kulturen vor zu viel Kälte und starken Schäden.

Die guten bis sehr guten Wachstumsbedingungen für Getreide und Raps im Frühjahr mit dem kühlen April und dem feuchten Mai setzten sich bis zuletzt fort, erst die jetzigen hohen Temperaturen im Juli machen insbesondere dem Winterweizen zu schaffen. Er zählt mit mehr als 5000 Hektar Anbaufläche neben Winterroggen zur wichtigsten Frucht im Landkreis und hat seine sogenannte Kornausbildung noch nicht abgeschlossen. Folge der Hitze ist eine Reduzierung des Gewichts, wodurch der Ertrag möglicherweise sinkt.

Anders sieht es bei der Wintergerste aus. Sie wird in diesen Tagen geerntet, laut Kreislandwirt Willy Isermann sind die ersten Mähdrescher, die bis zu 30 Hektar pro Tag schaffen, bereits unterwegs. Da der Vegetationsprozess schon seit Ende Juni beendet ist, bleibt sie von der Trockenheit unberührt.

Wiederum anders stellt sich die Situation beim Winterraps dar, der Anfang August geerntet wird. Weil Ertragsverluste durch Sturm oder Gewitter auch am letzten Tag möglich sind, ist eine Ernteprognose schwer zu treffen. Das derzeitige stabile Wetter gelte als Vorteil, sagt Peper und nennt einige Zahlen: Beim Winterraps sei im Kreisgebiet ein Durchschnittsertrag von 3,4 Tonnen je Hektar zu erwarten, bei Wintergetreide von 6,8 Tonnen, und bei Sommergetreide könne man von Erträgen in Höhe von fünf Tonnen je Hektar ausgehen.