Anwohner der Bremer Straße setzen ihren Protest gegen Verkehrslärm fort und wollen notfalls vor Gericht ziehen. “Wir sind von Politikern und Verwaltungsbeamten total enttäuscht.“

Harburg. Zuviel Verkehr, zuviel Lärm. Anwohner der Bremer Straße wollen beides reduziert haben, sind deshalb bereits seit vier Jahren in der Bürgerinitiative "Engagierte Harburger" zusammengeschlossen, machten schon mit zahlreichen Demonstrationen auf ihre Situation aufmerksam und zeigen sich nun bitter enttäuscht vom Ergebnis des Lärmaktionsplans, den der Hamburger Senat kürzlich für das gesamte Stadtgebiet verabschiedet hat. "Wir kommen in dem Lärmaktionsplan überhaupt nicht vor", beklagt sich Margrit Sterzl, eine der Sprecherinnen der Engagierten Harburger. Und ihre Mitstreiterin Annemarie Schulz kündigt an: "Wir geben unsere Forderungen nicht auf. Wenn es nicht anders geht, ziehen wir vor Gericht."

Vorbild sei die von Verwaltungsrechtler Rüdiger Nebelsieck vertretene Wilhelmsburger Klagegemeinschaft gegen die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße. Schulz: "Nebelsieck ist Harburger. Der kennt die Verkehrsproblematik hier vor Ort." Aufgrund ihrer zahlreichen Demonstrationen hatte die knapp 80 Mitglieder zählende Bürgerinitiative Engagierte Harburger zumindest erreicht, dass dieses Jahr an der Bremer Straße in Fahrtrichtung stadteinwärts und stadtauswärts je eine Anzeigetafel aufgestellt worden ist. Darauf ist das Foto eines Kindes zu sehen, daneben eine schwarze "50", die auf die Höchstgeschwindigkeit im Stadtgebiet aufmerksam machen soll. Wenn sich Autofahrer den Anzeigetafel nähern, wird ihnen bereits Hundert Meter vorher mit roten Leuchtbuchstaben "Langsam" angezeigt, wenn sie mit mehr als 50 km/h unterwegs sind und mit grünen Leuchtbuchstaben "Danke", wenn das Tempo stimmt. "Diese Displays sind doch nur eine Beruhigungspille für uns", sagt Annemarie Schulz, "sie sollen uns deutlich machen, dass Politik und Verwaltung auf unsere Forderungen eingegangen sind und etwas unternommen haben. Aber diese Anzeigetafeln schaffen es nicht, dass wir nachts ruhig schlafen können. Wir fordern nachts Tempo 30 für alle Fahrzeuge auf der Bremer Straße."

In dem vom Senat verabschiedeten Lärmaktionsplan sind zumindest zwei Straßenabschnitte im Bezirk Harburg genannt, die wegen besonders starker Lärmbelastung in ein insgesamt zwölf Straßen zählendes Pilotprojekt aufgenommen worden sind. Genannt wird die Moorstraße, zwischen Hannoverscher Straße und Wilstorfer Straße sowie die Winsener Straße zwischen Jägerstraße und der Stadtautobahn A253. In einer Erklärung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt heißt es, dass noch in diesem Jahr an vier Straßenabschnitten die Einführung von Tempo 30 zur Nachtzeit von 22 bis 6 Uhr überprüft werden soll. Das sind neben den beiden Straßen in Harburg auch die Harburger Chaussee im Norden Wilhelmsburgs sowie die Fuhlsbüttler Straße im Bezirk Wandsbek. Es soll "überprüft" werden, steht in der Behördenmitteilung wörtlich. Das bedeutet noch nicht, dass Tempo 30 nachts auch wirklich realisiert wird.

"Wir sind von Politikern und Verwaltungsbeamten total enttäuscht", sagt Margrit Sterzl, "was uns schon alles versprochen worden ist. Aber da muss man natürlich immer darauf achten, was wirklich gesagt wird. Bevor Thomas Völsch Bezirksamtsleiter wurde hatte er uns gesagt, er könne sich vorstellen, dass bei uns Tempo 30 kommt, wenn er Bezirksamtsleiter wird. Aber sich etwas vorzustellen bedeutet offensichtlich nicht, auch dahin gehend etwas tun zu müssen."

Nun bauen die Engagierten Harburger noch auf eine Initiative des Bürgerschaftsabgeordneten Dr. Till Steffen von den Grünen. Schulz: "Zwei Anträge der Grünen-Fraktion für Verkehrsberuhigung und Lärmschutz auf der Bremer Straße sind in der Bürgerschaft bereits abgelehnt worden. Nun ist ein weiterer Antrag zumindest in den Verkehrsausschuss überwiesen worden, wo er nach der Sommerpause behandelt werden soll."

Steffen hatte Ende vergangenen Jahres eine Senatsantwort auf eine seiner Anfragen folgendermaßen kommentiert: "Die Lärmbelastung an der Bremer Straße ist erwiesen. Sie wird mit 65-70 Dezibel als sehr hoch eingestuft. Mittelwerte oberhalb von 60 Dezibel führen jedoch nach Erkenntnissen unter anderem des Umweltbundesamtes und der WHO zu einer merklichen, oberhalb von 65 Dezibel sogar zu einer erheblichen Erhöhung des Herzinfarkt-Risikos. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf." Die Engagierten Harburger haben bei Lärmmessungen in Eigenregie Spitzenwerte bis 104 Dezibel gemessen. Annemarie Schulz: "Wir halten das nicht mehr aus."