Anwohner müssen ihre Tonnen zur Hauptstraße bringen, weil der Bewuchs am Bahndamm die Sicht versperrt. Samtgemeindebürgermeister: Zugewachsene Böschung sei nur ein Teil des Problems.

Dollern. Die Menschen im Lehmgrund sind sauer. Bei der letzten Müllentsorgung vor etwa zwei Wochen hörten sie vom Fahrer des Müllwagens, sie müssten künftig ihre Müll-, Bio- und Papiertonnen sowie die Gelben Säcke an die Straße Am Buschteich bringen, weil die Fahrer nicht mehr rückwärts in die Straße Lehmgrund fahren würden. "Er hat uns erzählt, unsere Straße sei so zugewachsen, dass die Fahrer nichts sehen würden. Also sei ihnen das zu gefährlich. Jetzt sollen wir die Tonnen an den Buschteich schieben. Aber die Steigung zum Buschteich hin ist gerade für ältere Menschen einfach nicht machbar", sagen Heike und Michael Rosin aus Dollern. Auch ihr Nachbar Martin Schmelzer ärgert sich darüber. Was ihn allerdings wundert, ist die Tatsache, "dass ich bei demselben Entsorgungsunternehmen Karl Meyer in Wischhafen auch meinen gewerblichen Abfall anmelde und extra bezahle. Und der Wagen scheint nicht die geringsten Probleme mit der Straße zu haben", sagt Schmelzer, der im Lehmgrund seinen Hausmeister Service betreibt.

Die Straße Lehmgrund, eine Sackgasse ohne Wendemöglichkeit, verläuft direkt parallel zum Bahndamm. Und darüber, dass der ungepflegt ist und zuwächst, ärgern sich Schmelzer, die Rosins und andere Anwohner schon seit Jahren. Dass sie nun deswegen auch noch ihre vollen Mülltonnen zur Straße am Buschteich schieben müssen, bringt aus ihrer Sicht das Fass zum überlaufen. "Das Theater kennen wir schon im Winter. Dann wird hier im Lehmgrund nicht gestreut, und die Müllwagen fahren deswegen uns nicht an. Wir müssen dann die Tonnen nach oben ziehen. Aber dass das jetzt auch im Sommer so läuft, sehen wir nicht ein, zumal wir nichts dafür können, dass der Bahndamm so dicht gewachsen ist", sagt Michael Rosin.

In der Tat, für den Bahndamm wäre die Deutsche Bahn zuständig. Seit vielen Jahren liegt die Gemeinde Dollern wegen des allgemein ungepflegten Bahndamms mit der Bahn im Klinsch. "Der ganze Bahnsteig ist zugewachsen. Wir mahnen immer wieder bei der Bahn an, sie möge doch ihre Flächen in Ordnung bringen. Erst vor Kurzem hat die Gemeindeverwaltung, weil das Problem im Lehmgrund an mich heran getragen wurde von den Anwohnern, wieder die Bahn angeschrieben und aufgefordert, den Bahndamm in Ordnung zu bringen. Aber unsere Schreiben zeigen bei der Bahn keine Reaktion", sagt Dollerns Bürgermeister Wilfried Ehlers (SPD). Und es sei, so Ehlers weiter, nicht einzusehen, dass die Gemeinde die Arbeit der Bahn erledige.

Auch beim Landkreis Stade ist das Problem bekannt. Die Karl Meyer AG führt die Abfallentsorgung im Auftrag des Kreises durch. Allerdings scheint im Kreishaus in Stade nicht bekannt zu sein, dass die Böschung Bahngelände ist. "Wir haben am 18. Juni die Samtgemeinde Horneburg angeschrieben und sie aufgefordert, die Bäume im Lehmgrund zu kürzen. Am 2. Juli haben wir eine zweite Aufforderung an Horneburg geschickt. Aber die Samtgemeinde sagt, sie sei nicht zuständig", sagt Christian Schmidt, Sprecher der Kreisverwaltung in Stade. Für die Müllwerker und für den Landkreis stehe die Sicherheit, so Schmidt an erster Stelle. Wenn die Fahrer Bedenken hätten, in eine Straße zu fahren, dann seien Kreis und Entsorger gehalten, diese Bedenken ernst zu nehmen. Niemand wolle das Risiko eingehen, dass im schlimmsten Fall ein Kind von einem rückwärts fahrenden Müllauto überfahren werde, weil der Fahrer es nicht sehen konnte, sagt der Landkreis-Sprecher.

Dass die Sicherheit für Müllwerker und Anwohner oberste Priorität habe, bestätigt auch Lars Kocher, Sprecher der Karl Meyer AG in Wischhafen. "Es gibt ganz klare Richtlinien von der Berufsgenossenschaft zum Sicherheitsaspekt, die wir natürlich einhalten. Müllautos haben einen großen toten Winkel. Da kann der Fahrer, wenn er rückwärts fährt unter Umständen den einweisenden Kollegen übersehen. Ein zusätzliches Problem ist es dann auch, wenn die Straße am Rand mit Bäumen und Sträuchern bewachsen ist", sagt Koch. Dass Schmelzers Gewerbemüll trotz der stark bewachsenen Böschung weiterhin mit dem Entsorgungsfahrzeug abgeholt werde, erklärt Koch damit, dass "der Kunde ganz am Anfang der Straße wohnt. Da habe der Fahrer nicht diese Probleme".

Inzwischen, so Horneburgs Samtgemeindebürgermeister Gerhard Froelian (SPD), habe es eine Begehung gegeben. Die zugewachsene Böschung sei nur ein Teil des Problems, so Froelian. Der zweite Teil sei die Tatsache, dass der Lehmgrund eine sehr enge Straße sei, und es stehe zu befürchten, dass die Müllwerker generell nicht mehr bereit seien, den Lehmgrund anzufahren. Von der Deutschen Bahn war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu bekommen.