Bei dem selbstständigen Schädlingsbekämpfer aus Holm-Seppensen ist der Name seit 30 Jahren nicht Programm. Einmal geriet die Situation durch den Namen komplett außer Kontrolle.

Vielleicht hätte er lieber Arzt werden sollen. Oder Tischler. Reiner Bärenfänger hätte auch einfach in seinem alten Job bei der Telekom bleiben können, er hätte sich so manche Frage erspart. Hihi, echt? Heißen Sie wirklich so? Ja, antwortet der 56-Jährige aus dem Buchholzer Ortsteil Holm-Seppensen dann geduldig. Er heißt wirklich so, und nein, mit seinem Beruf als selbstständiger Schädlingsbekämpfer hat der Name rein gar nichts zu tun.

Ist aber auch kein Wunder, dass der Name ins Auge springt und stutzig macht. "Bärenfänger Schädlingsbekämpfung - Gesundheits-Taubenschutz und Mardervergrämung" steht auf seinen Visitenkarten, die er nach 30 Jahren im Job mittlerweile über die ganze südliche Metropolregion verteilt haben dürfte. So manchem kommt dabei sicherlich der Gedanke: Wenn er gegen Marder und Tauben kämpft, warum sollte es mit einem Bären nicht auch eine Nummer größer und pelziger möglich sein? Na ja, und vielleicht auch etwas gefährlicher.

Thekla Bärenfänger, die für ihren Mann die Termine koordiniert, kann von solchen Verwechslungen ein Lied singen. Die Sache sei ja einmal komplett außer Kontrolle geraten, erzählt sie. 2006, als Problembär Bruno durch die bayerischen Lande zog, hätte das Telefon bei ihnen nicht mehr stillgestanden. "Es haben Tierschützer angerufen, die uns wüst beschimpften", erzählt sie. Sie dachten, Reiner Bärenfänger aus dem Norden Deutschlands kommt zum Bärenfangen in den Süden angereist - da blutete das Tierschützerherz. Das Ehepaar kam gar nicht dazu, die Verwechslung aufzuklären, so schnell legten die Leute nach ihrer Schimpftirade auch schon wieder auf. Braunbären! Als würde das gehen. "Für mich kämen ja höchstens Waschbären in Frage, aber die gibt es eher im Raum Kassel und Berlin", fügt der Mann mit dem gut gezwirbelten Schnurrbart trocken hinzu.

Das Alltagsgeschäft von Reiner Bärenfänger besteht hauptsächlich aus Ratten, Mäusen, Mardern und jetzt im Sommer verstärkt aus Wespen. Er hat das Buchholzer City-Center und die Empore mit Hilfe kleiner Spikes von Tauben befreit, er hat die Netze an der St.-Paulus-Kirche ebenfalls zur Taubenabwehr gespannt, und er sorgt dafür, dass die Wandelhalle im Hamburger Hauptbahnhof wenigstens einigermaßen vom ätzenden Kot der Tiere verschont wird. "Bei Tauben kann man nur versuchen, ihnen den Sitzplatz wegzunehmen", erklärt Bärenfänger. Der Tierschutz verbietet es, sie zu töten.

An diesem Vormittag zum Beispiel kommt der Familienvater von einer sozialen Einrichtung im Landkreis Harburg nach Hause, um ein Wespennest im eigenen Pkw-Anhänger auszuheben. Merke: Selbst Herr Bärenfänger ist nicht vor tierischen Heimsuchungen gefeit. "Warum sollten wir auch verschont bleiben, nur weil wir Schädlingsbekämpfer sind?", fragt Thekla Bärenfänger. Mit Wespen hätten derzeit viele Leute Probleme, und das gäben sie auch offen zu. Anders sieht es bei Ratten, Flöhen und Kakerlaken aus. Darüber wird lieber geschwiegen und der Schädlingsbekämpfer gebeten, mit seinem Firmenwagen doch bitte wenn's geht an der Straßenecke zu parken. Nicht dass die Nachbarn denken, man wäre unsauber und ziehe das Ungeziefer nur so an.

"Die Hemmschwelle ist da in Deutschland nach wie vor groß", sagt er. Vielen ist es peinlich, dabei kommt eine Maus in den besten Familien vor. Die soziale Einrichtung, bei der er soeben war, ist beispielsweise gleich dreifach befallen gewesen. Von Ratten, einem Marder und einem Wespennest. Den Namen des Hauses nennt er deshalb lieber nicht, Diskretion gehört ebenso zum Beruf wie der fachmännische Umgang mit Giften und Tinkturen.

Wenn Reiner Bärenfänger aufzählt, wie er gegen die jeweiligen Tiere vorgeht, versteht man, dass der Schädlingsbekämpfer ein offizieller Ausbildungsberuf ist, zu dem außerdem die Überwachung und vorbeugende Behandlung in Betrieben, speziell in der Lebensmittelbranche, gehört. Bei einem Marder auf dem Dachboden sprüht er etwa zunächst den ganzen Raum mit einem Vergrämungsmittel aus und stopft dann ein in Bitterstoffen getränktes Papier in das Loch, durch das sich das Tier auf den Boden schleicht. Dieses Papier nimmt der Marder im Idealfall mit seinem Maul heraus - und ist dann so angewidert von dem bitteren Geschmack, dass er sich verzieht.

Die Ratten hingegen bekämpft Reiner Bärenfänger mit Hilfe eines Köders in einer speziellen Metallbox, die so groß ist, dass weder Kinderhände noch andere Tiere hineinpassen, aber aus der auch nichts herausgeholt werden kann. "Es ist wichtig, dass die Ratten den Köder nicht wegschleppen, damit ich bei der Kontrolle weiß, ob sie überhaupt etwas gefressen haben", erklärt er. Ein Wespennest wiederum erfordert einen anderen Einsatz. Mit einem weißen Schutzanzug wie ihn auch Imker tragen, Mundschutz und Handschuhen ausgestattet sprüht er ein Insektizid auf das Nest, das die Wespen innerhalb kürzester Zeit tötet. Er nimmt die Wabe heraus und lässt ein Stück vom Nest übrig, damit über den Kontakt auch die Tiere beseitigt werden, die gerade nicht zu Hause sind.

Immer häufiger käme es vor, dass Kunden bei ihnen anrufen und sich lediglich beraten lassen wollen, um sich die Mittel gegen die Tiere selbst zu kaufen, erzählt Thekla Bärenfänger. "Dass wir von unserem Beruf leben, kommt ihnen anscheinend nicht in den Sinn." Die Zeiten für selbstständige Schädlingsbekämpfer sind härter geworden. Trotzdem hat Tochter Annika entschieden, so wie ihr Vater und der Bruder und die Schwester ihrer Mutter den Beruf zu erlernen. Der Name Bärenfänger verpflichtet eben. Und Schädlinge sterben schließlich nie aus.