In den Elbtalauen warten die Gastronomen und Hoteliers dringend auf Besucher. Dabei funktioniert die komplette touristische Infrastruktur schon wieder.

Hohstorf . Yildiz Frühauf hat ihr Bistro gerade jeden Tag von 8 bis 21 Uhr geöffnet. Die vielen roten Geranien, die die Inhaberin des Skippertreffs in Lauenburg Anfang Juni gepflanzt hatte, sie waren tot. Denn die Elbe war überall. Jetzt ist es an der Marina wieder trocken, alles liebevoll dekoriert. Was fehlt, sind die Gäste. Wie fast überall in den Elbtalauen.

"Warum kommen sie nicht?", fragt sich die freundliche Frau mit den Blumen auf den Sandalen. Wichtig sind ihr die Café-Gäste und Skipper nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen - der Schaden geht in die Hunderttausende. Wichtig sind die Gäste auch für den Alltag. "Die Leute lenken ab, das ist schön. Und sie helfen, wieder Normalität herzustellen. Das ist wie Therapie."

70 Plätze hat der Hafen, den Yildiz seit vier Jahren betreibt. Als die Nachrichten vom Elbehochwasser durch die Medien gingen, haben die Skipper ihr Törns geändert. "Die Gastlieger sind meine Haupteinnahmequelle", sagt sie, "ich brauche jedes Schiff. Hoffentlich kommen bald Wochenendausflügler, das hier ist schließlich ein Saisongeschäft, ich muss jetzt für den Winter vorsorgen."

Genauso geht es Franck Hoffmann. Der Franzose hat im Dezember sein Restaurant Le Rufer an der gleichnamigen berühmtesten Figur der Elbstadt aufgemacht, nach zwei Monaten Renovierung. Bei schönem Wetter ist er froh über jeden, der auf seiner Terrasse etwas zu essen bestellt. "Es ist Hauptsaison, ich kann jetzt nicht wegen der Hochwasserschäden schließen. Wir haben schon den ganzen Juni verloren. Renovieren werden wir im Winter", sagt der junge Mann. 30 Zentimeter hoch stand die Elbe in seinem Laden, und weil die Kühlung kaputt ist, hat er kurzerhand eine Theke mit Zapfanlage auf die Terrasse gestellt. Der Keller ist noch immer nass.

An einen normalen Geschäftsbetrieb kann Sönke Ellerbrock überhaupt nicht denken. Sein Hotel Zur alten Schifferbörse hätte im Juni eine Rekordauslastung von mehr als 90 Prozent gezählt, wäre das Hochwasser nicht gekommen. So waren es acht Prozent. Für den Juli sieht es mit derzeit 17 Prozent nicht besser aus, dabei hätte er laut Reservierungen 88 Prozent erreichen können.

"Dabei sind die Zimmer gar nicht beschädigt", sagt der Hotelier. Damit seine Gäste zumindest frühstücken und aus einer kleinen "Flutkarte" ihr Abendessen auswählen können, hat er Zelte auf der Terrasse aufgebaut. Denn das Erdgeschoss ist eine einzige große Baustelle.

Gegenüber am anderen Ufer ist das Hohnstorfer Fährhaus zwar trocken geblieben. Umsatzeinbußen hat Inhaberin Susanne Albers trotzdem. "Seit der Sperrung der Deiche ist kaum ein Gast gekommen", sagt die Harburgerin. "Seit Mitte voriger Woche kommen wir ganz langsam wieder in Gang, aber wenn bald die Elbbrücke gesperrt wird, kommt von drüber auch niemand mehr hinüber."

Zwar sind die Deiche wieder freigegeben, die Sandsäcke weggeräumt, doch viel weniger Radfahrer als üblich sind derzeit an der Elbe unterwegs. "Tourismus ist gleich Null", sagt die Wirtin. "Auch unsere Pensionen haben nicht einen Gast. Dabei ist bei uns alles trocken, alles in Ordnung."

Die Ausflugsschiffe und Elbfähren haben ihren Betrieb wieder aufgenommen, die Störche entlang der Deutschen Storchenstraße füttern ihre Jungen, der Elberadweg ist frei, das Biosphaerium im Schloss Bleckede mit seinem Riesenaquarium und dem Biberbau hat jeden Tag die Türen offen, das Arche-Zentrum in Neuhaus zum Thema alte Nutztiere hat erst Ende Juni neu eröffnet.

Holger Hogelücht von der Touristinformation Haus des Gastes in Neuhaus sagt: "Die komplette touristische Infrastruktur funktioniert, mit einer einzigen Ausnahme: Die Elbflöße können noch nicht wieder fahren. Ansonsten geht alles."

Die Leute bleiben trotzdem weg, erzählt er. Einige denken, die Region sei abgesoffen, andere nutzen das Hochwasser als Ausrede, weil ihnen das Wetter gerade zu wechselhaft ist, vermutet der Neuhauser. "Die sagen aus den verschiedensten und abstrusesten Gründen ab. Dabei gibt es keinen Grund, hier nicht herzufahren."

Die Werbegemeinschaft Bleckede hat vergangenes Wochenende jeden Fahrgast der Elbfähre mit Kaffee und Brötchen begrüßt. "Das Elbe-Hochwasser fließt ab, die Sperren und Einschränkungen sind aufgehoben - endlich kann der Sommer in den Elbtalauen beginnen", sagt der Vorsitzende der Werbegemeinschaft, Thomas Weiseth, hoffnungsfroh.

Auf eine starke Restsaison hoffen auch Erik und Aliena Kaspers vom Campingplatz Elbeling in Radegast. "Der Deich war hoch genug, aber das Grundwasser kam hoch", erzählt die Holländerin. "Wir hoffen, bald alle Plätze trocken zu haben, damit die Leute kommen können." Anderthalb Monate fehlen ihnen, und ganz ausgleichen werden sie den Ausfall wohl nicht können. "Aber man muss immer optimistisch sein. Wir hoffen, dass es jetzt noch richtig gut wird, damit wir dann über den Winter kommen."