Ein knappes Jahr nach ihrer Gründung zieht die Harburger Organisation positive Bilanz. Offensichtlich sorgt dieses Hamburger Modell europaweit für Aufsehen.

Harburg. Kein Jugendlicher soll verloren gehen. So fasst Projektleiter Peter Gorzkulla-Lüdemann die Zielsetzung der Jugendberufsagenturen zusammen. Auch wenn sich der Ausbildungsmarkt gerade zu Gunsten der Bewerber dreht, mehr Ausbildungsstellen als junge Schulabgänger da sind, fallen viele Jugendliche trotzdem noch durch das Raster. Sie bekommen nicht mal eine Chance auf Ausbildung, weil sie entweder die Schule abgebrochen oder schlechte Abschlussnoten haben, aus sozial schwierigem Umfeld kommen oder einfach noch keine Idee haben, welchen Beruf sie erlernen wollen. Das ist die Zielgruppe der Jugendberufsagentur.

Neben Hamburg Mitte ging auch die Harburger Jugendberufsagentur im September vergangenen Jahres als erste in Hamburg an den Start. Seitdem betreuen beide Agenturen zusammen etwa 1500 Jugendliche. In der Harburger Jugendberufsagentur in der Neuen Straße arbeiten vier verschiedene Behörden unter einem Dach zusammen, um das Hilfsangebot für die Jugendlichen bis 25 Jahren so niedrigschwellig wie möglich zu halten. Die Berater kommen aus der Bundesagentur für Arbeit, vom Hamburger Institut für berufliche Bildung (HIP) und von der Jugendhilfe des Bezirks Harburg. "Den Satz: 'Ich bin nicht zuständig' hört hier kein Jugendlicher, ebenso wenig werden hier Nummern gezogen. Die jungen Menschen kommen her, bekommen im Notfall sofort eine Beratung oder Hilfe, und wir lassen sie auch danach nicht alleine", sagt Peter Gorzkulla-Lüdemann. Den Mitarbeitern des Bezirks kommt dabei unter anderem die Rolle der Netzwerker zu. Sie kennen Hilfsangebote und Organisationen vor Ort, die den Jugendlichen bei bestimmten Problemen weiter helfen können.

Es gebe eine große Gruppe an Jugendlichen, die auf dem freien Markt aus unterschiedlichen Gründen keinen Ausbildungsplatz fänden, so der Projektleiter. Auch hier hilft die Jugendberufsagentur mit geförderten Ausbildungsplätzen weiter. Dafür arbeitet die Agentur mit vielen verschiedenen Trägern in der Hansestadt zusammen. "Das ist für die Jugendlichen keine Warteschleife, die sie einfach nur Zeit kostet, sondern ein Sprungbrett in den freien Ausbildungsmarkt. Ein großer Teil wechselt nach einem Jahr in einen Betrieb. Auch ein Wechsel nach zwei Jahren ist möglich", sagt Peter Gorzkulla-Lüdemann. Die Alternative zum Wechsel: Die Jugendlichen machen ihren anerkannten Gesellenbrief beim freien Träger und haben die Möglichkeit, nebenher höhere Schulabschlüsse bis zum Abitur zu machen.

Das Berater-Team hilft nicht nur Jugendlichen in Ausbildung zu kommen. Es hilft ihnen auch dabei, die Ausbildung zu Ende zu bringen. "Eine junge Frau mit einem kleinen Kind kam zu uns. Sie macht gerade eine Ausbildung. Ihr Freund und Vater des Kindes hatte sie verlassen. Nun stand sie vor dem Problem, dass sie niemanden mehr hatte, der sich um das Kind kümmern konnte, während sie arbeitete", schildert Gorzkulla-Lüdemann einen konkreten Fall aus der Harburger Jugendberufsagentur.

Der Berufsberater habe sofort Kontakt zum Ausbildungsbetrieb aufgenommen und dafür gesorgt, dass die junge Frau ihre Ausbildung fortsetzen konnte, der Mitarbeiter der Harburger Jugendhilfe habe innerhalb kürzester Zeit eine Tagesmutter für die junge Frau organisiert, und der Mitarbeiter des Jobcenters habe dafür gesorgt, dass die finanziellen Hilfe für junge Auszubildende aufgestockt wurden. Die große Herausforderung für die Berater ist einerseits den Vorteil der Kompetenzbündelung in der Jugendberufsagentur zu nutzen, andererseits den Jugendlichen nicht spüren zu lassen, dass er es im Grund mit mehreren verschiedenen Behörden zu tun hat.

Ein weiteres Beispiel für die gelungene Kooperation ist der Datenpool des HIP. Hier werden alle Schüler der Harburger Stadtteilschulen erfasst, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Die Mitarbeiter der Jugendberufsagentur haben auf diesen Datenpool Zugriff und können diese Jugendlichen anschreiben und ihnen Hilfe anbieten. Dies ist nur ein Aspekt der engen Zusammenarbeit mit den Harburger Schulen.

Offensichtlich sorgt dieses Hamburger Modell, bis November sollen nach Mitte und Harburg auch die übrigen Bezirke nachziehen, europaweit für Aufsehen. "Wir hatten hier bereits Delegationen aus Holland und Schweden, die sich die Jugendberufsagenturen in Harburg und Mitte angesehen haben, auch die Universität in Toronto hat sich schon für unsere Arbeit interessiert", so Gorzkulla-Lüdemann.