Nach Streit und Schweigen einigen sich der Deerberg-Versand und die Produktionsfirma: Beide nutzen den Standort gemeinsam

Lüneburg . Auf deutliche Differenzen folgt fröhliche Freundlichkeit: Die Geschäftsführer der Firmen Deerberg und Studio Hamburg Serienwerft Lüneburg haben sich am Freitag nicht nur die Hände gereicht, sondern auch Verträge unterzeichnet: Deerberg vermietet einen Teil seiner Fläche, damit dort weiter die TV-Serie "Rote Rosen" entstehen kann.

Die wird im Gewerbegebiet Hafen seit 2006 gedreht, fast 4,5 Millionen Euro waren in die Umrüstung von ehemaligen Konica-Minolta-Hallen zum Fernsehstudio geflossen. 150 Arbeitsplätze bietet die GmbH, sie schafft pro Staffel nach Schätzung der Lüneburger Wirtschaftsförderung rund 1,3 Millionen Euro Wertschöpfung in die Region und lockt jährlich Zehntausende Touristen in die Stadt, die sie aus dem Fernsehen kennen.

Entsprechend aufgeregt war man nicht nur im Lüneburger Rathaus, als es hieß, die "Roten Rosen" verlören ihr Zuhause. Grund war die Befristung des Mietvertrags auf Juni 2014 - und dass eine andere Firma dem Vermieter eine längerfristige Bindung angeboten hatte. Der Deerberg Versand ist schon seit zwei Jahren direkter Nachbar des Studios auf dem Grundstück, und Geschäftsführer Stefan Deerberg plant seit ebenso langer Zeit die Konzentration seiner drei Standorte auf einen: den im Gewerbegebiet Hafen.

Nach Streit, Schweigen und dem Einsatz eines Vermittlers - der in Lüneburg prominente Makler Jürgen Sallier - haben sich die Parteien nun geeinigt: Beide teilen sich die Hallen, und beide bleiben. Dafür sollen die Gebäude umgebaut werden, eventuelle Anbauten sind offensichtlich auch denkbar. Die Lösung ist nach Informationen des Abendblatts zwar noch nicht ganz fertig gestrickt, klar ist aber offensichtlich, dass die Hansestadt Lüneburg die Maßnahmen finanziell unterstützen will - voraussichtlich über Fördertöpfe der Europäischen Union oder des Landes.

Oberbürgermeister Ulrich Mädge zeigte sich am Freitag erleichtert:. "Ich bin froh, dass wir eine Lösung gefunden haben, mit der wir beide Unternehmen halten können, beide sind wichtig für die Wirtschaftskraft und die Arbeitsplatz-Situation in Stadt und Region. Wir brauchen jeden Arbeitsplatz in der Stadt. Herr Deerberg möchte expandieren und schätzt die Lebensqualität unserer Stadt, um mit diesem Pfund zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Auf der anderen Seite gehören die 'Roten Rosen' für uns Lüneburger quasi zur Familie, als ausgesprochen werbeträchtiges und wirtschaftlich wichtiges Familienmitglied. Sie sind inzwischen in Lüneburg so verwurzelt, da hätte ein Umzug beide Seiten ernsthaft geschmerzt. Jetzt können wir alle wieder ruhiger schlafen."

Der Deerberg-Versand wird 400 Mitarbeiter am Standort beschäftigten und im Oktober 2014 mit der gesamten Firma nach Lüneburg ziehen. Bisher ist der Hauptsitz des Unternehmens Velgen im Landkreis Uelzen. Nach Angaben des Geschäftsführers hat der Versand seinen Umsatz in den vergangenen drei Jahren auf 50 Millionen Euro verdoppelt und will das in den nächsten Jahren noch einmal schaffen - inklusive Neueinstellungen von Mitarbeitern am Standort Lüneburg.

"Alle Parteien haben sich besonnen", sagte Stefan Deerberg dem Abendblatt. "Denn alle haben ein massives wirtschaftliches Interesse an dem Standort." Er ist froh, dass es nun eine gemeinsame Lösung gibt. "Mit der können wir zukunftsweisend leben. Jeder hat die gleiche Wertschätzung erfahren."

Der Versand werde zwei Drittel der Hallenfläche nutzen, die "Roten Rosen" müssen nach seinen Angaben keine Quadratmeter abgeben. "Über die Umgestaltung der leeren Flächen laufen derzeit noch die Verhandlungen mit dem Vermieter".

Deerberg selbst wird als Hauptmieter der Gesamtfläche auftreten und hat mit dem Fernsehstudio bereits einen Untermietvertrag über weitere fünf Jahre bis 2019 plus einer Option auf weitere fünf Jahre geschlossen.

Produzent Emmo Lempert äußerte sich am Freitag ebenfalls sehr zufrieden: "Die Lösung ist optimal, wir können ohne Reibungsverluste weiterarbeiten, haben unser gewohntes, kreatives Umfeld." Ein Umzug hätte einen immensen Aufwand für die wochentäglich eine Folge produzierende Einheit bedeutet, das hatte der Produzent bereits vor Findung der Lösung deutlich gemacht.

Gleichzeitig hatte Lempert betont: "Wir sind Lüneburger." Sein Team und er seien stets mit offenen Armen und Unterstützung in der Stadt empfangen worden, man sei glücklich in Lüneburg und wolle nicht weg.

Ende Mai 2013 hatten die "Roten Rosen" ihre 1500. Folge gefeiert, rund 1,5 Millionen Menschen schalten montags bis freitags um 14.10 Uhr das Erste ein, um sie Serie zu sehen. Seit die "Roten Rosen" die Stadt Lüneburg regelmäßig bundesweit in die Wohnzimmer transportiert, haben sich nach Angaben von Stadtsprecherin Suzanne Moenck die Übernachtungszahlen vervielfacht, von rund 250.000 im Jahr 2006 auf mittlerweile rund 300.000: "Die Zahl der Tagesbesucher ist in Millionenhöhe geklettert."