70 Kreative der unterschiedlichsten Fachrichtungen verwandelten die Höfe rund um Rathaus und Kirche mit ihren Werken in Ausstellungsstätten.

Stelle. "Witzig", sagt Monika Schmidt. "Das ist wirklich toll gemacht." Die Ashausenerin muss grinsen, als sie den frechen Beitext zu den Figuren aus Elektroschrott, zerschnittenem Metall und alten Lederresten liest, die Manfred Meinert zusammengebaut hat. Maria Cron und Klara Korn heißen die exotischen Gebilde. Sie betreiben laut Text eine illegale Schnapsbrennerei und halten, wie um das zu dokumentieren, kleine Fläschchen in ihren aus verbogenen Gabeln geformten Händen. Die Metallfiguren sind nur zwei der unzähligen anderen Kunstwerke, die am vergangenen Wochenende der Gemeinde Stelle einen Hauch von Worpswede verliehen haben. Auf 19 unterschiedlichen Grundstücken rund um Rathaus und Kirche, in Scheunen, Remisen, Carports oder Zelten haben 70 Künstler ihre Werke präsentiert.

Auch wenn das Kunstdorf Stelle bei weitem nicht so professionell und abgeklärt ist wie das etablierte Künstlerdorf nahe Bremen, ist der Vergleich durchaus angebracht. Es ist der gleiche Mix aus Flanieren, Schauen, Pausieren und Entdecken, nur eben komplett unter freiem Himmel und um einiges kleiner und beschaulicher. Und wie steht es um einen Vergleich mit Jesteburg, das alles daran setzt, sich als das unangefochtene Kunstzentrum in der südlichen Hamburger Metropolregion zu profilieren? Olaf Krause, Vorsitzender des vor vier Jahren gegründeten Vereins Kunstwerk Stelle, überlegt kurz und sagt dann: "Vielleicht sind wir ein bodenständiges und ehrliches Jesteburg des Nordens."

Die mittlerweile rund 60 Vereinsmitglieder haben das Kunstdorf im vergangenen Jahr ins Leben gerufen, um den Kreativen rund um Stelle die Möglichkeit zu geben, sich der Öffentlichkeit zu zeigen. 35 Aussteller machten damals mit, jetzt habe sich die Zahl bereits verdoppelt. "Wir haben richtig tolle Künstler, die hochprofessionell arbeiten", sagt er. Das Kunstdorf, aber auch die regelmäßigen Ausstellungen im Steller Rathaus, seien für sie eine Chance, bekannter zu werden. Zugleich vergesse der Verein aber nicht die Hobbykünstler, die viel Herzblut in ihre Arbeit steckten.

Dass die gesamte Gemeinde vom Einsatz des Vereins profitiert, ist aus Sicht von Bürgermeister Uwe Sievers nicht zu übersehen. "Der Verein ist ein Schatz, der den ganzen Ort bereichert", sagt er. Neben der Arbeit, die etwa die Kirchenstiftungen leisten, hätten sich in den vergangenen Jahren viele kleine künstlerische Keimzellen in Stelle gebildet. Sie alle gelte es nun aktiv zu unterstützen.

Eine, die von dieser Unterstützung profitiert, ist zum Beispiel Tanja Benecke. Die 38-Jährige ist in Ashausen geboren und war bereits im vergangenen Jahr mit von der Partie. "Damals war es auch meine allererste Ausstellung", erinnert sie sich. Sie wollte einfach mal testen, wie ihre aus Hufeisen gefertigten Skulpturen, Kerzenständer, Garderoben oder Bilderrahmen bei den Leuten ankommen - und ist jetzt dabei, den Schritt zur hauptberuflichen Kunstschaffenden zu wagen.

Kerstin Reiser aus Stelle, die mit ihrer Tochter Greta, 4, zum Kunstdorf gekommen ist, ist jedenfalls begeistert. Sie schaut sich einen aus Hufeisen gestalteten Pfau, in den man Blumen pflanzen kann, ganz genau an. "Die Atmosphäre hier ist besonders toll", sagt sie. Dieses Schlendern von Hof zu Hof. Und selbstverständlich habe sie sich auch schon die Bilder im Kindergarten ihrer Tochter angeguckt, die die Kinder extra für das Kunstdorf gefertigt haben.

Auch Margret von Mirbach und Rita Schlereth sind vor allem wegen der Atmosphäre gekommen. Gerade erst sind die zwei Frauen, die aus Asendorf angereist sind, zu ihrer Tour über die Höfe gestartet, und schon haben sie das erste Ausstellungsstück erworben: eine handgemalte Karte mit Tiermotiv. "Wir waren im vergangenen Jahr noch nicht hier und wollten uns das jetzt einmal ansehen", sagt Rita Schlereth.

Diese Entwicklung, dass immer mehr Besucher und Ausstellende kommen, freut Kirsten Meyer. Die Beisitzerin im Verein stellt ihre Bilder an einer Hauswand aus, während ihr Mann Heinrich seine aus Holz und alten Eisenstäben gefertigten Skulpturen präsentiert. "Die Bürger sind so begeistert und entgegenkommend", schwärmt sie. Das alles mache das Kunstdorf zu einem ganz besonderen Erlebnis.