Katholischer Schulverband muss sich bei der Sondersitzung des Bildungsausschusses heftiger Kritik erwehren

Neugraben. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, wie sehr das drohende Aus für die Katholische Schule Neugraben (KSN) den ganzen Stadtteil (be)trifft, dann lieferte ihn die Sondersitzung des Ausschusses für Kultur, Bildung, Sport und Stadtteilentwicklung am Mittwochabend in der Aula des Bürgerzentrums Neugraben Am Johannisland. 100 Stühle hatte der Ausschussvorsitzende Heinz Beeken (SPD) vorsorglich ins Auditorium stellen lassen. Der Andrang aber war so groß, dass der Hausmeister des BGZ immer neue Stuhlbatterien herankarren musste. Letztlich hatten sich mehr als 200 Schüler, Lehrer, Elternvertreter und Nachbarn der KSN eingefunden.

Mit fünf Minuten Verspätung nahmen die Vertreter des Katholischen Schulverbands dann erstmals öffentlich Stellung zu den Hintergründen für die beschlossene Abwicklung des Stadtteilschulzweigs der KSN. Einmal mehr bekräftigte der zuständige Schuldezernent für Bau und Finanzen, Volker Reitstätter, dass die Schließung des Standorts Neugraben alternativlos sei, um das katholische Schulsystem Hamburgs mit seinen 21 Standorten sinnvoll weiterentwickeln zu können. Laut Gutachten der externen Unternehmensgruppe Biregio bestünde an der KSN ein Investitionsstau von 15 bis 20 Millionen Euro. Überdies hätten die Gutachter deutlich sinkende Schülerzahlen in den nächsten Jahren prognostiziert.

Dieses Gutachten wurde vom Elternvertreter Thomas Hartwig massiv attackiert. Es verdiene seinen Namen nicht, weil es auf einer falschen Faktenlage basiere. "Allein die Prognose zu den Schülerzahlen ist nicht haltbar, weil in den nächsten Jahren im Einzugsgebiet der Schule gleich zwei Neubaugebiete mit mehr als 2000 Wohneinheiten vor allem für junge Familien entstehen sollen", sagte Hartwig. Inzwischen hätten die Eltern ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben, in dem der Investitionsbedarf auf deutlich unter zehn Millionen Euro taxiert werde.

Hartwig nahm aber auch die Stadt in die Pflicht. Bereits beim Verkauf des Schulgeländes 2008 an den Katholischen Schulverband seien viele Gebäude sanierungsbedürftig gewesen. "Wir wünschen uns eine richtige Beurteilung des Standorts und daraus resultierend eine faire Kooperation, um ein gravierendes Schulfiasko zu verhindern", so Hartwig, der für seinen Vortrag mit stehenden Ovationen bedacht wurde.

Nicht minder bewegend war das Statement des kommissarischen Schulleiters Wolfgang Pickartz. Als klar denkender Mensch hätte er sich der Entscheidung des Schulverbands beugen können, wenn er denn von dessen vorgetragener Faktenlage überzeugt wäre. "Doch das bin ich nun mal nicht. Weil einfach zu viele Indizien dagegen sprechen", erklärte Pickartz. So habe er erlebt, wie ein Biregio-Mitarbeiter seinerzeit die "Vor-Ort-Analyse" für das Gutachten durchgeführt hätte: "Tatsächlich wurden nur drei oder vier Räume angesehen." Die Art und Weise der Datenerhebung halte dem Anspruch einer seriösen Begutachtung nicht stand. "Wenn das alles so stimmt, steht für mich der Vorwurf eines Gefälligkeitsgutachtens im Raum", sagte Sabine Boeddinghaus von der Links-Fraktion.

Deutliche Kritik mussten sich die Vertreter des Katholischen Schulverbands auch von anderen Ausschussmitgliedern gefallen lassen. Quer durch alle Fraktionen wurde die äußerst dürftige Informationspolitik des Verbands gerügt. Dessen mangelnde Kommunikationsbereitschaft hätte einen konstruktiven Dialog im Vorfeld der weitreichenden Entscheidung verhindert. "Eine Schließung unter solchen Bedingungen wäre an einer staatlichen Schule undenkbar gewesen", sagte der Ausschussvorsitzende Heinz Beeken (SPD).

Dass aus dem Refinanzierungsbeitrag der Stadt in den letzten Jahren praktisch nichts in substanzerhaltende Maßnahmen geflossen ist, erklärte Reitstätter damit, dass das Geld - etwa eine Million Euro - in die Tilgung der Kredite zum Kauf der Immobilie geflossen sei. Die Frage, ob das Aus der KSN nicht schon viel früher "beschlossene Sache" gewesen sei, ließen Reitstätter und seine Kollegen Marino Freistedt und Matthias Nordbeck unbeantwortet. Allerdings verhehlte Reitstätter nicht, dass der Kauf des Schulgeländes an der Cuxhavener Straße 379 rückblickend "sicher keine glückliche Entscheidung" gewesen sei.

Am Ende einigte sich der Ausschuss, der hinsichtlich des Fortbestands der KSN keinerlei Entscheidungsbefugnis hat, fraktionsübergreifend auf eine Erklärung, in der der Erhalt des katholischen Schulstandorts Neugraben in seiner jetzigen Form gefordert wird. Diese Erklärung soll zeitnah dem Erzbistum zugeleitet werden.