Nach dem Probelauf am Kraftwerk, bei dem eine riesige schwarze Wolke freigesetzt wurde, sind die Anwohner empört. Ein Umstand, der viele Moorburger verärgert. Sie befürchten weitere Zwischenfälle dieser Art.

Moorburg. Viele Moorburger Bürger sind auf Zinne. Aus ihrer Sicht ist der erste Probelauf des Kraftwerks vor ihrer Haustür am Dienstag (wir berichteten) komplett schiefgelaufen. Zuerst seien sie überhaupt nicht informiert gewesen, und als Qualm und Gestank das Dorf im Griff hatten, hätten die zuständigen Stellen ihre besorgten Anrufe ins Leere laufen lassen. "Einige von uns haben ihre Koffer gepackt und sind mit ihren Kindern weggefahren, weil natürlich keiner wissen konnte, ob diese große schwarze, stinkende Wolke, die vom Kraftwerk kam, gefährlich ist", sagt Claudia Kulenkampff aus Moorburg. Erst habe es gerochen, als ob jemand im Garten grille, erzählt Hannes Stotz. Irgendwann hätten sie gemerkt, dass diese Wolke sicher nicht von einem Grill kommen könne. Einige, so Kulenkampff, hätten unter Kopfschmerzen und Übelkeit gelitten.

Er sei sofort mit einem Freund zum Kraftwerk gefahren, sagt der Moorburger Hannes Stotz. Dort seien sie "abserviert worden, ohne dass man uns vernünftig erklärt hätte, was los ist". Wenn das der Vorgeschmack war, so Vanessa Hafenbrädle aus Moorburg, "dann möchte ich eigentlich nicht mehr wissen, was uns erwartet, wenn das Kraftwerk im nächsten Jahr in Betrieb geht". Mehrere Anrufe besorgter Moorburger bei der Polizei, so Claudia Kulenkampff, hätten nur ergeben, "dass sie keine Einsatzwagen haben, die sie nach Moorburg schicken können".

Vattenfall, Betreiber des neuen Moorburger Kohlekraftwerks, wiegelt ab. "Nach den Wetterprognosen war nicht zu erwarten, dass die Wolke Richtung Dorf getrieben wird, sondern sie sollte über das Wasser in Richtung Hafen ziehen", sagt Vattenfall-Sprecherin Dr. Barbara Meyer-Bukow. Sie betont, dass es am Dienstag zu keiner Zeit eine Gefahr für die Bevölkerung gegeben habe. Alle gesetzlichen Grenzwerte seien eingehalten worden, gemessen werde von Vattenfall selbst, aber auch von der Umweltbehörde. Man müsse sich das, so die Vattenfall-Sprecherin, vorstellen wie "einen neuen Backofen, der zum ersten Mal angeheizt wird. Das stinkt auch".

Zum ersten Mal angeheizt wurde im Testlauf am Dienstag ein Kessel des Kraftwerks, so Meyer-Bukow. "Der Brenner wurde mit Öl befeuert, um den Korrosionsschutz für die Kessel-Innenwände und die Rohrleitungen zu bilden. Daher die schwarze Wolke. Wahrscheinlich waren Rußpartikel dafür verantwortlich, dass die Wolke schwarz war", sagt die Vattenfall-Sprecherin. Diese Aktion sei ein Teil der gerade angelaufenen Inbetriebnahme. Alle Teile des Kraftwerks würden derzeit je einmal in Betrieb genommen, Ein Probelauf sozusagen. Genaue Messwerte, so Meyer-Bukow, lägen ihr noch nicht vor. Noch bis Donnertag, 27. Juni, würden weitere Testläufe von Vattenfall durchgeführt. "Aber wir haben aus Dienstag gelernt. Künftig werden wir die Bevölkerung über solche Aktionen informieren. Außerdem ist die Informationszentrale im Kraftwerk immer besetzt", sagt Barbara Meyer-Bukow.

"Es ist ein Skandal, dass Vattenfall das größte Kohlekraftwerk Deutschlands im Geheimen hochfährt und die nichts ahnende Bevölkerung in der Folge an Kopfschmerzen und Atemnot leidet", kommentiert Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Der BUND fordert nun, dass die Messergebnisse "schnellstmöglich veröffentlicht werden - damit nachvollziehbar wird, ob und in welchem Umfang Schadstoffe durch den Probebetrieb des Kraftwerks freigesetzt wurden", so Braasch weiter. Jetzt helfe nur noch vollständige Transparenz.

Unterdessen will die SPD-Fraktion in Harburg eine Kleine Anfrage an den Bezirk stellen, eine Anfrage an den Hamburger Senat soll folgen, kündigt Sören Schinkel, Harburger Bezirksabgeordneter aus Moorburg, an. "Wir möchten zum Beispiel wissen, ob diese Arbeiten bei der zuständigen Fachbehörde im Vorwege angemeldet waren, und ob der Fachbehörde bekannt war, dass bei diesem Probeheizen auch Schadstoffe freigesetzt worden sind", sagt der Moorburger Politiker. Auch die Harburger SPD fordert in ihrer Kleinen Anfrage die Veröffentlichung der Messwerte aus dem Gas-Chromatographen. "Dieses Verhalten von Vattenfall, die Bevölkerung lediglich aufgrund einer Windprognose nicht über diesen geplanten Testlauf zu informieren, ist gänzlich unakzeptabel und nicht nachvollziehbar", sagt Schinkel.

Der BUND sieht die Umweltsenatorin Jutta Blankau in der Pflicht, "alle Fragen zu klären und dafür zu sorgen, dass das Unternehmen alle Daten zum aktuellen Probebetrieb und weiteren geplanten Maßnahmen offen legt", sagt Manfred Braasch. Laut Vattenfall-Sprecherin Meyer-Bukow sollte es am Donnerstag einen weiteren Probelauf für den Brenner geben. Am frühen Nachmittag war noch nicht klar, ob der tatsächlich stattfinden würde.

Auf Nachfrage des Abendblatts, ob die Moorburger über diesen zweiten Probelauf am Brenner informiert seien, sagte Meyer-Bukow, das sei in der Kürze der Zeit nicht mehr zu schaffen gewesen.

Ein Umstand, der viele Moorburger verärgert. Sie befürchten weitere Zwischenfälle dieser Art.