Schützen und Studierende planen auch für das kommende Jahr ein gemeinsames Fest auf dem Schwarzenberg. Alle Vereine, nicht nur die Gilde, leiden unter Nachwuchsmangel, sagt Harburgs Bezirksamtsleiter.

Harburg. Eine Harburger Institution kämpft ums Überleben. Mit einer 485-jährigen Geschichte, Orden, Uniformen, Schießsport, einer antiquierten Satzung und immer noch strengen Hierarchien leidet die Harburger Schützengilde seit Jahren unter Nachwuchssorgen. Während in der Vergangenheit schon mal an die 400 Schützen zum großen Foto antraten, waren es in diesem Jahr gerade noch 100 Schützen in Montur, die sich in Aufstellung ablichten ließen. Immer weniger Zuschauer stehen am Straßenrand, wenn die Gilde mit ihren Ehrengästen am Ausmarschtag zum Schwarzenberg geht.

Die Kooperation zwischen Schützengilde, der Technischen Universität Hamburg Harburg (TUHH), dem Hamburger Hochschulsport und dem Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden unter dem Motto "Wildwechsel auf dem Schwarzenberg" beim diesjährigen Vogelschießen sollte der Befreiungsschlag werden. "Für uns war dies der erste Schritt in die Zukunft. Aber diese Kooperation ist natürlich verbesserungsfähig. Wir hätten viel früher viel mehr Vereine in Harburg mit ins Boot holen müssen. Beim Sommer-Biathlon hatten wir mit dem Team Exner zwar eine eigene Mannschaft, aber die Jüngeren unter uns sind gefragt, sich noch mehr in die neue Kooperation mit den Studenten einzubringen", sagt Michael Gögel. Gögel ist der 1. Patron der Schützengilde. Als Mitglied der Deputation, sozusagen Vorstand der Gilde, hat er maßgeblich an der neuen Kooperation mitgewirkt.

Gögels Hoffnung ist es, über das Laserschießen beim Sommer-Biathlon auf dem Schwarzenberg junge Studenten insgesamt stärker für den Schießsport bei der Gilde zu interessieren. Aber auch Michael Gögel muss einräumen, dass trotz der Kooperation, die viele Studenten auf den Schwarzenberg während des Vogelschießens angelockt habe, "die allgemeine Beteiligung in Harburg am Vogelschießen mau gewesen" sei. Seit Jahren sage man, so der 1. Patron, der Gilde nach, sie sei ein elitärer Klüngelclub, der eigentlich lieber sein Vogelschießen unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Schießstand austrage. "Aber den sportlichen Wettkampf um den neuen Gildekönig können wir nun mal nur im Schießstand austragen, so sind die gesetzlichen Bestimmungen", sagt Gögel.

Sicherlich, räumt Gögel ein, langfristig müsse die Gilde weitere Schritte unternehmen, um den Traditionsverein zu öffnen und auch für weitere Bevölkerungsgruppen interessant zu machen. Dazu gehöre wohl auch eine Anpassung der alten Satzung. Denn die lässt nach wie vor Frauen keinen Zutritt zur Gilde. Lediglich die Sportabteilung setzt seit Jahren auf die Treffsicherheit von Frauen.

Alle Vereine, nicht nur die Gilde, leiden unter Nachwuchsmangel, sagt Harburgs Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD). "Ich glaube, die Leute wollen sich einfach nicht mehr binden, und das ist kein gildetypisches Problem. Und dann muss ich eben neue Wege gehen, und genau das hat die Gilde jetzt mit dieser Kooperation auch getan", sagt der Bezirksamtsleiter, wohl wissend, dass die Gilde damit "eine ganz schwierige Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne" eingeschlagen habe. "Aber alles in allem war es ein kluger Schritt, auf die TU zuzugehen". Und Völsch unterstreicht die Bedeutung der Schützengilde für einen Bezirk wie Harburg. "Es gibt zwei Bezirke in dieser Stadt, die tatsächlich noch ein eigenes Gesicht haben, und das sind Bergedorf und Harburg. Die Gilde gehört zu den Institutionen, die den Menschen in einem Bezirk eine lokale Identität geben. Und diese lokale Identität halte ich für einen sehr wichtigen Faktor", sagt Thomas Völsch.

Als gelungene Marke für das studentische Leben in Harburg und für die Öffnung der Technischen Universität zum Bezirk wird die neue Kooperation im Präsidium der TUHH gesehen. Und so wird es dieses Sportfest zum Vogelschießen auch im nächsten Jahr geben. Das Vogelschießen der Gilde, so TU-Präsident Professor Garabed Antranikian, sei für die TU ein "greifbarer Anlass gewesen, die Öffnung der Universität zu Harburg hin weiter voran zu treiben". Und die gemeinsame Party am Sonnabend im Gilde-Festzelt sei der Beweis dafür gewesen, so Antranikian weiter, dass das Miteinander von Tradition und studentischem Leben in Harburg funktionieren könne. Diese Kooperation habe aus Sicht der TU "weitere Potenziale, um noch mehr Menschen aus dem Bezirk, aber auch Studenten anderer Universitäten auf den Schwarzenberg zu holen".