Nach fast 19 Jahren sind die Sanierungsarbeiten im Winsener Schloss fertig. Die Kosten betragen 3,05 Millionen Euro.

Winsen. Die Baustelle war sein Leben. Seit Juli 1994 arbeitet Albert Paulisch, 61, am Amtsgericht Winsen - im Winsener Schloss. Erst war er stellvertretender Direktor, seit Mai 1997 ist er Direktor. Bereits im Oktober 1994, drei Monate nach Paulischs Dienstantritt, begannen die umfangreichen Sanierungsarbeiten im Winsener Schloss. Seitdem haben dort Hunderte von Arbeitern gehämmert, gesägt, gebohrt, gestemmt, verputzt und gemalt.

Jetzt, nach fast 19 Jahren, sind die Sanierungsarbeiten fertig. Am gestrigen Donnerstag kamen die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) und der Leiter des Staatlichen Baumanagements, Wilhelm Wickbold, ins Winsener Schloss und feierten mit dem Schlossherrn Albert Paulisch das Ende der Bauarbeiten. "Das war eine spannende Zeit", bilanzierte Albert Paulisch, "mir werden die Bauarbeiten fast fehlen."

Bereits am Vortag der Sanierungsabschlussfeier lud Albert Paulisch das Hamburger Abendblatt in das Schloss ein und präsentierte die Ergebnisse der Bauarbeiten. Wir gehen in den Keller des Südflügels. Dort lagerten früher die Grundbuchakten. Als die Arbeiter vor vielen Jahrhunderten den Innenhof füllten, drückte das Erdreich die Kellermauern langsam nach außen. Deshalb wurden dort seitliche Stützen installiert. Über Jahrhunderte lief das Regenwasser an der Schlossfassade herunter - und dann durch den Zwischenraum zwischen den Stützen und dem Mauerwerk.

"Das Wasser ließ die Deckenbalken des Kellergeschosses in allen Flügeln verfaulen", sagt Albert Paulisch. "Oder die Balken waren durch den Baupfusch früherer Jahrhunderte marode." Deshalb haben Arbeiter neue Tragstützen für die Deckenbalken gebaut, weil die Balken nicht mehr dicht genug an der Wand auflagen. Noch immer werden manche Balken im Kellersüdflügel provisorisch gestützt.

"Insgesamt ist das Schloss durchaus labil, weil es auf einer Moorlinse steht", sagt Albert Paulisch. Wenn der Schlossteich abgelassen wird - weil etwa die Luhe abgesenkt wird - dann fehlt den Außenmauern das Gegengewicht und einige Türen im Schloss fangen an zu klemmen, weil das Gebäude sich bewegt.

Manche Steine des Mauerwerks sind schlecht gebrannt und lösen sich auf - vor allem wenn es innen trocken und außen feucht ist. "Dann wandert Feuchtigkeit durch die Steine und zerstört deren Gefüge", erläutert der Schlossherr. "Wir hoffen, dass der Auflösungsprozess gestoppt wird, wenn wir hier nicht mehr heizen und weniger Feuchtigkeit von innen nach außen wandert." Auch deswegen musste der Kellerraum geleert werden. Die Grundbuchakten waren verschimmelt. 2009 mussten sie radioaktiv bestrahlt werden, damit der Schimmel abgetötet wird.

Auch die Nordwestecke des Schlosses sackte kontinuierlich ab. Deshalb haben Arbeiter zehn Meter tiefe und 15 Zentimeter starke Löcher gebohrt und mit Beton gefüllt. Die so entstandenen Pfähle wurde miteinander verbunden, die Außenmauer des Schlosses daran aufgehängt. Im Keller des westlichen Nordflügels ist ein Ritter, mit vielen Farben bemalt, zu sehen. "Das Bild kommt aus den 1950er-Jahren", sagt Albert Paulisch. "Hier hatte der Hausmeister damals seinen Partykeller."

Der Schlossherr erinnert sich an das Frühjahr 1999 - der Südflügel des Schlosses war bereits saniert worden. Der damalige niedersächsische Justizminister Wolf Weber (SPD) kam zu Besuch ins Schloss. Albert Paulisch zeigte ihm den maroden Nordflügel. Weber sagte: "Überlegen Sie sich binnen zehn Tagen, ob Sie ein komplett neues Gericht haben wollen oder die Restaurierung und ein neues Grundbuchamt.

Paulisch überlegte nicht lange: "Ich wollte ein saniertes Schloss und ein neues Grundbuchamt. Denn ich konnte mir vorstellen, dafür 11 Millionen D-Mark zu bekommen. 40 Millionen D-Mark für einen kompletten Neubau erschienen mir damals ziemlich unrealistisch."

Außerdem plagte Paulisch eine Frage: Was würde aus einem leeren Schloss werden? "So ein schönes Gebäude kann man doch nicht einfach stehen lassen", sagt Paulisch, "und ein privater Nutzer kann sich so ein Schloss nicht leisten."

Stolz präsentiert der Schlossherr dem Hamburger Abendblatt die Zahlen für die Sanierung und den Neubau des Grundbuchamtes samt Zwangsvollstreckungs- und Nachlassgericht: 7,15 Millionen Euro sollten alle Maßnahmen kosten. Tatsächlich wurden nur 6,65 Millionen Euro ausgeben - also eine halbe Million Euro weniger. 3,6 Millionen Euro gingen für den Neubau des Grundbuchamtes drauf, 3,05 Millionen Euro für die Schlosssanierung. "Das Winsener Schloss und der Neubau sind keine Luhe-Philharmonie geworden", bilanziert Albert Paulisch in Anspielung auf die galoppierenden Baukosten der Hamburger Elbphilharmonie. "Eine halbe Million Euro unter dem Plan - das finde ich für ein öffentliches Bauvorhaben ein bemerkenswertes Ergebnis."

40 Frauen und Männer - Richter, Rechtspfleger, Geschäftsstellenmitarbeiter und Wachtmeister - arbeiten jetzt im sanierten Schloss. Auch die Zivilprozessabteilung ist wieder aus dem alten Gefängnis gezogen, das die Stadt Winsen für eigene Zwecke gekauft hat.

Albert Paulisch zeigt dem Hamburger Abendblatt noch viele Sanierungserfolge an diesem Tag: moderne Gerichtssäle, das Wappen an der Schlossmauer, eine Toilette mit einem Eselsrückenfachwerk im Eingangsbereich - noch mit original Ochsenblut bemalt, die schmucke Schlosskapelle sowie den Sicherheitsbereich im Erdgeschoss des Nordflügels für "sicherheitsrelevante Prozesse".

"Die Mitarbeiter im Schloss mussten viel erdulden", sagt Albert Paulisch. Es gab "so manche statische Überraschung", so dass Räume gesperrt werden mussten. Monatelang waren Fenster mit Spanplatten oder Plastikbahnen zugenagelt, schmale Baustege zwangen zu Balanceakten, die Zimmer waren voller Baudreck.

In der einst einsturzgefährdeten Schlosskapelle blättert die neue Farbe indes schon wieder stark ab. Nach der Sanierung ist vor der Sanierung.