Harburgs historischer Stadtrundgang kommt nicht vom Fleck. Eine App für digitale Geräte wie Smartphones oder Tablets soll für den Durchbruch sorgen. Lenkungsgruppe von der SPD ausgebremst.

Harburg. Seit Jahren gibt es Bemühungen, die historisch bedeutsamen Orte Harburgs durch einen Geschichtspfad zu verbinden und so "die bewegte Vergangenheit des Stadtbezirks identitätsstiftend darzustellen", wie es eine Vertreterin des Bezirksamtes unlängst in markige Worte fasste. Die Umsetzung des Projekts gestaltet sich indes überaus schwierig. Doch jetzt gibt es neue Hoffnung: Eine App für digitale Geräte wie Smartphones oder Tablets soll für den Durchbruch sorgen.

Dass das Thema überhaupt noch mal auf die Tagesordnung gelangte, verdankt es der Linken-Fraktion. Die hatte bereits in der vergangenen Legislaturperiode in einem Antrag nachgefragt, warum die Idee noch immer nicht umgesetzt worden sei. Sibylle Küttner, die bis Herbst vergangenen Jahres im Helms-Museum die stadtgeschichtliche Abteilung leitete, ließ seinerzeit wissen, das mache alles sowieso keinen Sinn, zumal es auch keine finanziellen Mittel dafür gebe.

Diese Feststellung erwies sich als falsch. Denn laut Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt stünden für solcherart Projekte durchaus Mittel zur Verfügung, sie müssten nur beantragt werden. So gibt es zum Beispiel einen E-Government-Fonds, über den die Finanzbehörde wacht. Gefördert werden hieraus vor allem Projekte zur digitalen Vernetzung. Wie zum Beispiel einen digitalen Stadtführer zu den kulturellen Highlights Hamburgs wie Museen, Ausstellungshallen, Baudenkmälern und archäologischen Fundorten. Ersonnen hat die App ein kleines Team um Dr. Michael Merkel, Sammlungsleiter Archäologie im Helms-Museum.

"Ausgangspunkt war ein Indoor-Guide für unsere archäologische Abteilung", sagt der 48-Jährige. Museen müssten einfach neue Wege der Wissensvermittlung gehen, um Besucher für ihre Exponate zu begeistern. Zudem gebe es auch finanzielle Zwänge, da Audio-Guide-Systeme teilweise sehr kostspielig seien. "Deshalb habe ich gemeinsam mit Software-Experten und Grafikern eine App entwickelt. Schließlich haben inzwischen viele Leute Smartphones oder iPads und können den digitalen Führer so auf ihre eigenen Geräte laden", so Merkel.

Die Applikation kam so gut an, dass der bestens vernetzte Archäologe gleich anschließend besagte Hamburg-App entwickelte, mit rund 100 markanten Punkten, sogenannten "points of interest". Über den Status einer Testversion kam sie bislang aber nicht hinaus. Dass allein 27 Punkte südlich der Elbe liegen, rief prompt die Kulturbehörde auf den Plan. Die legte daraufhin ihr Veto ein und verlangte, dass vor der Freigabe deutlich mehr Punkte, etwa im Prestige-Areal Hafencity eingearbeitet werden müssten.

"Diese App ist ein Schritt ganz nach vorn, um die Kunst im öffentlichen Raum vielen Menschen zugänglich zu machen. Unser inhaltlicher und technischer Vorsprung ist schon enorm, das hat nördlich der Elbe vermutlich einige Begehrlichkeiten geweckt", sagt der Direktor des Helms-Museums, Prof. Rainer-Maria Weiss. Der die digitale Umsetzung von Rundgängen durch den Binnenhafen oder auf einem Harburger Geschichtspfad ebenfalls sehr begrüßen würde.

"Das könnte ganz schnell gehen, die Software steht ja zur Verfügung und auch eine Anbindung an die Hamburg-App wäre technisch kein Problem", so Merkel. Nur müsse eben möglichst bald festgelegt werden, welche Punkte aufgenommen werden sollen: "Doch ich fürchte, das kann etwas dauern."

Dabei sollte das so schwierig eigentlich nicht sein. Schließlich gibt es sogar schon eine Lenkungsgruppe. Ihr gehören neben Geschichts- und Kulturexperten auch Vertreter des Bezirksamts und der Fraktionen an. Doch als sich die Gruppe am 24. April im Binnenhafen traf, um ein erstes Konzept zu beraten, trat SPD-Mann Heinz Beeken erst einmal gehörig auf die Bremse.

Wieso in diesem Kreis bereits Details beraten werden, die der Mehrheitsfraktion in der Harburger Bezirksversammlung noch gar nicht zur Kenntnis gegeben wurden, wollte der Sozialdemokrat, zugleich Vorsitzender des Ausschusses für Kultur, Bildung, Sport und Stadtteilentwicklung ist, wissen.

"Wie Beeken dort auftrat, war schon etwas gewöhnungsbedürftig und alles andere als konstruktiv", sagte ein Mitglied der Lenkungsgruppe dem Abendblatt. Nicht ganz überraschend hat das Bezirksamt den Zeitplan für die digitale Umsetzung des Geschichtspfads im Nachgang deutlich gestreckt und die Skepsis von Michael Merkel damit vollauf bestätigt: Das Konzept soll jetzt bis Sommer 2014 stehen, mit der Realisierung will man sich gar bis Ende 2015 Zeit lassen.