Nach Außenmühle und Außenalster kreuzt die Sinstorfer Seglervereinigung nun auf dem Neuländer See. Drittgrößtes Segelrevier der Stadt.

Harburg. Woher der Wind weht ist am Neuländer See unschwer zu erkennen. Die Rotoren der Windräder am Ostufer des Sees weisen nach Nordost. Und die Segler der 1981 gegründeten Segelvereinigung Sinstorf freuen sich natürlich, wenn sich die Flügel der Stromgeneratoren kräftig drehen. Dann wissen sie, dass sie auch mit ihren Jollen zügig übers Wasser kreuzen können. Die Segler sind ganz neu auf dem See, haben ihr Revier erst kürzlich, mit der Einweihung des "Wassersport- und Umweltzentrums Neuländer See" übernommen. "Wir sind total glücklich", sagt Victor Flatt, der zweite Vorsitzende des Vereins, "hier haben wir endlich auch ein eigenes Vereinshaus und ein Bootshaus, das wir uns mit dem Angelverein und dem Schulsport teilen."

Das war vorher ganz anders. Da trainierte der Segler-Nachwuchs mit kleinen Optimistenjollen auf der Harburger Außenmühle. Dort sind wegen der hohen Bäume des Harburger Stadtparks ähnlich unberechenbare Windverhältnisse wie auf der Hamburger Außenalster. Auf der Alster fuhren bislang die schon erfahrenen Segler der Vereinigung. Sie mussten dort häufig auf die durch Häuserschluchten wechselnden Winde achten. Victor Flatt: "Und für unsere Boote hatten wir kein eigenes Bootshaus. Die Jollen mussten wir in Garagen oder unter Planen überwintern."

Trotz Eröffnungsfeier des Wassersport- und Umweltzentrums ist am Neuländer See noch längst nicht alles fertiggestellt. "Es gibt noch einiges zu tun", sagt Flatt. Aber schon bald sollen die Vorbereitungen abgeschlossen sein, denn am Sonnabend, 10. August, 14 Uhr, will sich die Vereinigung mit einem "Schnuppersegeln" allen interessierten Wassersportlern vorstellen. Flatt: "Wir würden uns insbesondere über weitere Kinder freuen, die am Optimistensegeln teilnehmen". Und auf Sicherheit wird besonders geachtet. Die Segler tragen an Bord grundsätzlich eine Schwimmweste.

Der Neuländer See ist mit 48 Hektar Wasserfläche nach der 164 Hektar großen Außenalster und dem 62 Hektar großen Hohendeicher See im Bezirk Bergedorf nun das drittgrößte Segelrevier der Stadt - die Elbe als Segelrevier ausgenommen. Der Wind kommt relativ konstant über den 952 Meter langen und bis zu 510 Meter breiten See. Mit 20 Meter Tiefe übertrifft der Neuländer See allerdings alle anderen Gewässer der Stadt

40 Jahre lang, von 1960 bis 2000, hatte die Firma Neuland Beton im Neuländer Urstromtal der Elbe Sand und Kies für ihre Betonmischungen abgebaut, wodurch der See entstanden war. Beim Ausbaggern wurden unter anderem mehr als 10.000 Jahre alte Mammutknochen ans Tageslicht befördert, die seitdem im Archäologischen Museum in Harburg zu sehen sind. Schon früh gab es Menschen, die sich für den gewerblich genutzten Baggersee interessierten. Zuerst war der fast 600 Mitglieder zählende Angelsportverein Harburg-Wilhelmsburg zur Stelle, der das entstehende Gewässer bereits 1960 pachtete.

Als vor mehr als zehn Jahren das Betonwerk den Sand- und Kiesabbau beendet hatte, war auch die gut 80 Segler zählende Seglervereinigung Sinstorf zur Stelle, um den See als Wassersportrevier nutzen zu können. Ebenso hatte Michael Mahnke-Iwe, Bio- und Sportlehrer (Rudern und Kanu) am Immanuel-Kant-Gymnasium Bedarf für den Schulsport und für den Biologieunterricht angemeldet. Die Angler sagten, es hätte keinen Sinn gemacht, keine anderen Nutzer am See zu dulden. So gründeten die drei Partner vor gut neun Jahren die "Umwelt- und Wassersportgemeinschaft Neuländer See", um als Interessenvertretung mit dem Harburger Bezirksamt verhandeln zu können. Der Neuländer See hat eine besondere Lage. Am Westufer, Bereich Großmoorbogen, befindet sich zwar ein Gewerbegebiet und seit 2003 auch die Anlage der Wasserski Hamburg GmbH. Ansonsten liegt der See aber im Landschaftsschutzgebiet, weshalb der Bau des "Wassersport- und Umweltzentrums Neuländer See" auf der Betonhalbinsel neben der Badestellezahlreiche gesetzliche Hürden zu überwinden hatte. So konnte erst 2009 mit dem Bau begonnen werden.

Michael Mahnke-Iwe, Vorsitzender der Wassersportgemeinschaft Neuländer See teilt mit, dass Schulbehörde und Stadtentwicklungsbehörde 780.000 Euro und der Bezirk Harburg 120.000 Euro für das Projekt beigesteuert hatten. Förderer sind unter anderem die Deutsche Umweltstiftung oder auch die Technische Universität Hamburg Harburg. Schulen können die entstandene Einrichtung für Umweltunterricht und Schulsport nutzen. Aber auch für Lehrer ist die Einrichtung gedacht. Mahnke-Iwe sagt: "Mittelfristig möchten wir nach dem Prinzip der Lernenden Region unser Projekt der Lehrerbildung und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen."