Harburger SPD-Urgestein Hans-Ulrich Klose tritt im September nicht mehr zur Wahl an

Heimfeld. An diesem Nachmittag wird im Heimfelder Seniorentreff der Arbeiter Wohlfahrt Obstschnitte mit Sahne zum Kaffee serviert. Etwa 30 Mitglieder der SPD Arbeitsgemeinschaft 60 plus sitzen in dem Raum, die Kaffeetische sind gedeckt. Man unterhält sich über alte Zeiten, über die aktuelle Politik in Harburg und in Berlin. Etwa 20 Minuten nach Beginn der Veranstaltung, die meisten Obstschnitten sind aufgegessen, steht Willi Witte auf und begrüßt die Genossen. Aber vor allen begrüßt der Vorsitzende der Seniorenvereinigung der Sozialdemokraten den Mann, der schon vor vielen Jahren erkannte, dass die Partei ihre Alten braucht, den Mann, der vor vielen Jahren die Gründung von Arbeitsgemeinschaften 60 plus in der SPD angeregt hatte. Hans-Ulrich Klose will sich heute von seinen alten politischen Weggenossen verabschieden.

Nach 42 Jahren politischer Arbeit tritt der Bundestagsabgeordnete im September nicht mehr für den Wahlkreis Bergedorf-Harburg an. Hier in Harburg ist seine politische Heimat. Die Gründung der Technischen Universität Hamburg Harburg während seiner Amtszeit als 1. Bürgermeister der Hansestadt Hamburg von 1974 bis 1981 geht auf sein Konto. Hier, im AWO-Seniorentreff will Klose heute seinen letzten Bericht aus Berlin für die Genossen an der Basis abliefern. "Dafür, dass Uli so manche Entscheidung der Partei nicht mitgetragen hat, dafür habe ich ihn immer bewundert", sagt Witte in seinen einleitenden Worten zum heutigen Nachmittag und spielt damit auf Kloses Rücktritt als Bürgermeister an. Klose stellte sich damit gegen die Entscheidung seiner Partei, das Kernkraftwerk Brokdorf zu bauen.

Und aus Kloses Bericht aus Berlin wird ein Bericht aus Europa. "Ich glaube, die Euro-Krise ist überwunden. Aber viel schlimmer ist, dass Europa jetzt in der Krise ist. Das Klima in Europa ist belastet. Und das ist sehr schlimm, denn Europa ist das Beste, was wir nach der Katastrophe mit den Nazis gemacht haben", beklagt der Außenpolitiker den Rechtsruck in der EU. Die Demokratie sei in Gefahr, warnt er. Es gelte, so Klose, "den zentralen Wert des Westens, die Würde des einzelnen Menschen" zu verteidigen. Der gelernte Jurist und Buchautor hält an diesem Nachmittag in Heimfeld ein Plädoyer für Europa.

Ein Redemanuskript braucht der Polit-Profi nicht, wenn er beklagt, dass jedes Jahr 50.000 junge Menschen in Deutschland die Schulen ohne Abschluss verlassen, dass der demografische Wandel in diesem Land das Rentensystem gefährdet. "Es wird schwierig sein, unter diesen Umständen eine angemessene Altersversorgung zu schaffen", sagt Hans-Ulrich Klose seinen Genossen.

Und Klose bekennt vor den Genossen, er sei kein überzeugter Verfechter des Mindestlohnes. "Aber ich fürchte, wir werden nicht umhin kommen, ihn einzuführen, wenn Menschen inzwischen nicht mehr von ihrem Gehalt leben können", sagt er. Der Schlüssel, so der SPD-Politiker, liege im Bereich der Bildung. "wir können es uns nicht erlauben, diese jungen Menschen fallen zu lassen, denn wir brauchen sie dringend", sagt er. Und ein weiteres Thema liegt dem Mann am Herzen: die Gleichstellung von Mann und Frau. "Wir können es uns genauso wenig leisten, das Potenzial gut ausgebildeter Frauen nicht zu nutzen", sagt Klose. Er sei kein Freund der Frauenquote, aber auch um diese Quote komme die Politik seiner Ansicht nach nicht herum. Dann enttäuscht Klose die Genossen, die gehofft hatten, er werde seinen Ruhestand nutzen, sein Leben aufzuschreiben. "Ich muss mich in Acht nehmen vor der Verklärungssucht. Deswegen werde ich nie etwas Autobiografisches schreiben. Aber die Vorstellung, ab Oktober zu Hause die Blumen zu gießen, gefällt mir ebenso wenig", sagt er. Ein Leben ohne Arbeit könne er sich nicht vorstellen.