Die Staatliche Schule für Sozialpädagogik soll mit dem Umzug ins Göhlbachtal ihre Eigenständigkeit verlieren. Viele Lehrkräfte fürchten einen Abbau der Planstellen.

Harburg. Die Angst vor unbequemen Wortmeldungen zu den Plänen des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung (HIBB) im Rahmen der strukturellen Neuausrichtung der berufsbildenden Schulen muss groß sein. Als Birgit Rönfeldt, Personalrätin der Staatlichen Schule Sozialpädagogik (W 5), am Montagabend im Ausschuss für Kultur, Bildung, Sport und Stadtteilentwicklung zur vorgesehenen Fusion mit der Staatlichen Handelsschule (H 10) Stellung nehmen wollte, wurde ihr das Rederecht verwehrt. Die Behörde habe entschieden, dass allenfalls die Schulleiter zum Thema reden dürften, aber keine Personalvertreter, ließ Reinhard Damm, der verantwortliche Projektleiter des HIBB, wissen.

Damm dürfte unterdessen klar sein, dass es im Lehrerkollegium der W 5 am Alten Postweg in Heimfeld jede Menge Redebedarf gibt. Denn es geht um nicht weniger als den Verlust der Eigenständigkeit der Staatlichen Schule Sozialpädagogik. Wie das Abendblatt bereits Ende September vergangenen Jahres berichtet hatte, soll sie bis spätestens 2016 auf den Campus der Handelsschule mit Wirtschaftsgymnasium im Göhlbachtal umziehen. Dort werden in den kommenden Jahren mehrere neue Schulgebäude entstehen.

Die Umzugspläne sehen viele Lehrkräfte vor allem deshalb skeptisch, weil mit der Fusion sehr wahrscheinlich auch ein Abbau der Planstellen einhergehen wird. Nach internen Berechnungen der Behörde sollte eine Berufsschule künftig im Idealfall 80 Vollzeitlehrerstellen haben. Davon wären beide Schulen zusammen genommen momentan aber weit entfernt: Aktuell hat die Sozialpädagogikschule 49, die Handelsschule 59. Das würde bedeuten, dass überzählige Lehrer an andere Standorte versetzt werden müssten.

Doch nicht nur dieses Damoklesschwert macht den Lehrern zu schaffen. Sie fürchten auch eine "Verwässerung" und "Schwächung" der eigenen qualitativ hochwertigen Arbeit", wie es in einer schriftlichen Stellungnahme des Personalrats der W 5 heißt. Dort stehe schließlich Sprache und Kommunikation im Vordergrund, das sei mit den Anforderungen einer Handelsschule kaum kompatibel. "Vor dem Hintergrund eines massiven Fachkräftemangels im Bereich Erzieher und Sozialpädagogen sind diese Bedenken sehr ernst zu nehmen, für uns ist das ein gewagtes Experiment", sagt Sabine Boeddinghaus von der Fraktion Die Linke.

Eckhard Soost, Schulleiter der W 5, bestätigt diese Befürchtungen: "Mit der Fusion verliert unsere Schule ihr Fachschulprofil." Dass würde gegen den Bundestrend nicht nur eine Abkehr vom bewährten Fachberufsschulprinzip bedeuten, sondern auch völlig andere Rahmenbedingungen, als sie nördlich der Elbe Usus seien. Eine Anmerkung, für die Joost schallenden Applaus von rund einem Dutzend anwesender Lehrkräfte bekam.

Damm versuchte die Wogen zu glätten, indem er den Kollegien beider Schulen offene Gespräche anbot. Nach der offiziellen Bekanntgabe der Reformpläne am 11. Juni, die insgesamt 32 aller 44 Hamburger berufsbildenden Schulen direkt tangiert, sei eine "intensive Beteiligung" aller Betroffenen gewährleistet. Bis zum 9. September seien dann Stellungnahmen möglich, final entschieden werde aber erst im November dieses Jahres. Die große Chance liege doch in der neuen Vielfalt des Lehrangebots der fusionierten Schulen, warb Damm nachdrücklich für das vorliegende Konzept. "Dass die fachliche Arbeit beider Zweige leiden wird, sehe ich nicht", so der Projektleiter. Überdies habe er aus der W 5 bisher keine "wesentlichen Vorbehalte" gegen die Zusammenführung oder gegen eine engere Kooperation mit der H 10 vernehmen können.

Wie aufs Stichwort äußerte sich denn auch der Schulleiter der Handelsschule, Wolfgang Bruhn, äußerst wohlwollend zur Fusion. Anders als der Personalrat der Schule für Sozialpädagogik würde sein Personalrat der Vereinigung beider Lehreinrichtungen positiv gegenüber stehen. Beide Schulzentren könnten sich doch gegenseitig befruchten. Überdies hätte er die "ideologischen Grabenkämpfe" zwischen Sozialpädagogen und Wirtschaftsfachleuten längst überwunden geglaubt.

Offenbar wähnt sich Bruhn als großer Gewinner der geplanten Zwangsfusion. Denn Reinhard Damm ließ keinen Zweifel daran, dass es nach dem Zusammenschluss nur noch einen Schulleiter und einen Stellvertreter geben werde. Quasi als Goodie wäre sicher noch ein zusätzlicher Verwaltungschef denkbar, doch im Bereich der Schulleitung würden definitiv Stellen abgebaut. Und offenbar auch, welche Schule dabei dann den Kürzeren zieht.