Die Hamburger Künstlerin Sabine Rehlich präsentiert in der Werkschau “Intermezzo“ im SchauRaum am Schwarzenberg 53 ihrer Bilder

Harburg. "Einfache abstrakte grafische Gebilde, in Reihen oder Listen angeordnet, erregen Verdacht. Verdacht weckt Neugier. Wer neugierig ist, sucht nach Ähnlichkeit mit Bekanntem." So beschreibt Sabine Rehlich, was sie treibt, wenn sie lateinische Schriftzeichen mit Acrylfarbe verfremdet, spiegelt, übermalt. Und den Betrachter ihrer Werke auf diese Weise zwingt, aus seinen Sehgewohnheiten auszubrechen. Um so die seit Kindertagen bekannten Buchstaben neu zu entdecken, in einen anderen Kontext zu bringen.

Wer sich darauf einlassen will, sollte an den kommenden beiden Wochenenden in den SchauRaum an der Schwarzenbergstraße 42 kommen. Dort präsentiert die 62 Jahre alte Künstlerin insgesamt 53 ihrer Bilder, 24 davon auf geleimten Sperrholztafeln, 29 auf Papier. Und so arrangiert, dass sie als gezielte Installation zu einem eigenen Lese-Rhythmus führen können, der animiert, fokussiert, in jedem Falle aber inspiriert. "Ziel ist ein mäandernder Lesefluss. Ich will keine Lese- und Denkrichtung vorgeben, die Rezeption soll ein frei assoziativer Prozess sein", sagt die Hamburgerin.

So lange sie denken kann, hat sie sich intensiv mit der Entstehung von Schriftzeichen beschäftigt, die sie für eine "phänomenale Errungenschaft" der Menschheit hält. "Lesen heißt, mit den Augen hören. Schriftzeichen stehen für Laute. Lautfolgen haben Bedeutung. Doch manchmal lohnt es, den inneren Lautsprecher auszuschalten. Sobald die Zeichen verstummen, sehen die Augen Bilder", sagt Sabine Rehlich.

Ihre Bilder bieten ein fantasievolles Zusammenspiel aus Farben und Formen. Das ebenso les- und dechiffrierbar ist wie ein Text. Wer genau hinschaut, wird in jedem Werk Buchstaben entdecken. So seziert sie das Alphabet, verdichtet einzelne Letter zu neuen, oft geometrisch wirkenden Figuren, die dadurch Autonomie gewinnen.

"Mit einer Art ,Denkpartitur' hebt Sabine Rehlich die verbreitete Vorstellung auf, dass sinnliche Wahrnehmung und Ratio, Poesie und Nüchternheit Gegensätze und deshalb unvereinbar seien", befand der Maler und Grafiker Karl-Heinz Lingner einmal.

Ein beeindruckendes Beispiel dafür ist auch das in kräftigen Blau- und Rottönen gestaltete "Konvergenz"-Fries über dem Eingang der Akademie für Publizistik in der Warburgstraße. In der Verbindung von Bild und Schrift sei es so vielschichtig, dass sich daraus beim Betrachter auch ganz vielschichtige Assoziationen ergeben würden, sagte der langjährige Akademiedirektor Prof. Will Teichert. Die in Farben und Formen gebrachten Bildzeichen Sabine Rehlichs seien deshalb "ein wundersamer Stimulus fürs Denken und Interpretieren. Weil sich das Ganze aus dem Einzelnen erkläre und jedes Detail nur dann, wenn es in einem ganzheitlichen Sinn verstanden werde.

"Verschleiert und verschlüsselt als Artefakt dargeboten, bedarf es der ganz besonderen Aufmerksamkeit des Betrachters", so noch einmal Karl-Heinz Lingner. Der "Lohn" könne aber die Einsicht in Sachverhalte und Prozesse sein, "die dem Auge und dem Verstand sonst verborgen blieben".

"Intermezzo" , Ausstellung mit Tafelbildern und Arbeiten auf Papier von Sabine Rehlich im SchauRaum, Schwarzenbergstr. 42. Zu sehen bis 2. Juni immer sonnabends und sonntags von 16 bis 18 Uhr oder auf Anfrage unter Tel. 040/760 27 38.