Die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg rückt durch das Kunstprojekt “Gemeinsam stark“ näher zusammen

Fischbek. "Etwas höher, weiter nach links, stopp!" Mit großer Akribie platzieren Kim Borchmann und Lea Rauchmann ein großes weißes Herz am Fangzaun eines Ballspielfelds auf dem Schulhof der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg. "Falkenbek & Fischberg" steht mit roter Farbe auf dem Herz. Sofort sind Kim und Lea von einer Schar neugieriger Schüler umringt, die gleich anfangen zu diskutieren. Dass ihre rund 50 Sprech- und Denkblasen aus beschichteten Spanplatten, die die 17-Jährigen an verschiedenen Stellen in beiden Schulstandorten aufgehängt haben, Reaktionen provozieren, gefällt den Elftklässlerinnen. "Das war ja Sinn unseres Projekts ,Kommunikation mal anders': Mit Wortspielen und coolen Sprüchen zum Lesen und Nachdenken ermuntern", sagt Lea.

Dr. Ralf Eger sieht dem Treiben mit großer Freude zu. Seit 20 Monaten steht er den etwa 50 Mädchen und Jungen der Klasse 6 g und des Kunstkurses der elften Klassen als Kulturagent zur Seite. In dieser Zeit entstanden insgesamt 18 Objekte zum Thema "Gemeinsam stark". Sie alle werden in dieser Woche von den Schülern präsentiert und am Freitag mit einem Umzug und einem großen Kulturfest gefeiert.

"Die Schüler waren gänzlich frei in der Umsetzung des Themas. Was dabei herausgekommen ist, beweist auf überzeugende Weise das identitätsstiftende Potenzial von Kunst und Kultur", sagt Eger. Genau darum geht es in dem Modellprogramm "Kulturagenten für kreative Schulen" der gemeinnützigen Forum K&B Gmbh, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes und der privaten Stiftung Mercator. 20 Millionen Euro stehen in vier Jahren bis zum Schuljahr 2014/2015 zur Verfügung, um Schüler an insgesamt 138 Schulen in fünf Bundesländern für Kunst und Kultur zu begeistern. Angeleitet werden sie von 46 Kulturagenten, die den Prozess führen und mitgestalten sollen.

Eger, von Haus aus Musiktheaterregisseur, zeichnet dabei für die drei Schulen in Hamburgs Süden verantwortlich. Neben der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg sind das die Stadtteilschule Süderelbe sowie die Goethe-Schule Harburg. "Das ist eine überaus spannende Aufgabe, weil die Ausgangsbedingungen oft sehr unterschiedlich sind", so Eger. Man merke recht schnell, bei wem es schon Interesse durch eigene künstlerische Erfahrungen gebe und wer für die Rezeption von Kunst erst aufgeschlossen werden müsse.

Dabei hat den Kunstagenten die enge Kooperation mit den Deichtorhallen Hamburg geholfen. Die Kunststätte öffnete den Klassen nicht nur ihre Räume am Hauptbahnhof, auch die Sammlung Falkenberg im Harburger Phoenix-Viertel, seit Januar 2011 eine Dauerleihgabe des Kunstsammlers Harald Falckenberg. "Die Sammlung Falckenberg wie auch aktuelle und geplante Ausstellungen bieten vielfältige Möglichkeiten, mit Kindern und Jugendlichen unterschiedliche Kulturprojekte zu realisieren", sagt Deichtorhallen-Sprecherin Angelika Leu-Barthel.

Die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst sieht auch Lehrerin Jana Rendigs, Kulturbeauftragte am Standort Fischbek, als idealen Einstieg, um Kunstrezeption zu lernen. So besuchte sie mit ihren Schülern neben der "Sammlung Haubrok - No Desaster" bei Falckenberg auch die Ausstellung "Antony Gormley - Horizon Field" in den Deichtorhallen. "Besonders das Erkunden der schwingenden Rauminstallation Gormleys wurde zum eindrucksvollen Gruppenerlebnis. Hier konnten die Schüler das Thema ,Gemeinsam stark' praktisch hautnah erfahren, weil sich die etwa 200 Quadratmeter große Plattform eben nur durch eine gemeinsame Bewegung in Schwingung versetzen ließ", so Jana Rendigs.

An der Schule entwickelten die Mädchen und Jungen dann unterstützt durch die Illustratorin und Bühnenbildnerin Sabine Flunker und den Fotografen André Lützen die Ideen für jene 18 Einzelobjekte, die schließlich in kleineren Gruppen realisiert wurden. So wie die Wandskulpturen zum Thema Fußball. Oder die rote Linie, die sich durch beide Standorte zieht. Oder der Wünschewald, mit denen die Schüler ihren Sehnsüchten Ausdruck verliehen. Oder die Hängematten samt Meditationskugeln, mit denen die jungen Kreativen auch einen praktischen Effekt verfolgten: Im Schulalltag auch mal kurz abschalten und träumen zu können.

"Durch dieses Projekt erhielten unsere Schüler Freiräume, um ganz nach ihrem Gusto neue Gestaltungsformen auszuprobieren", sagt Schulleiter Thomas Grübler. Damit habe die Schule ihr kulturelles Profil, ehedem nachhaltig geprägt durch die Chöre YoungClassX und Blue Voice, eine eigene Bibliothek und das Projekt "Theater macht Schule", weiterentwickeln können. "Damit werden unsere Schultraditionen nicht nur gelebt und fortgeschrieben. Kunst und Kultur bedeuten auch Zukunftschancen und aktive Teilhabe am gesellschaftlich Leben", so Grübler.

Vor allem aber schätzt der Schulleiter das Projekt als künstlerischen Brückenschlag zwischen den beiden, zwei Kilometer voneinander entfernten Schulstandorten: "Im dritten Jahr der Fusion sind sie jetzt noch enger zusammengerückt", sagt Thomas Grübler.