Supermarktketten haben begonnen, die Preise zu erhöhen , Aldi geht voran. Landwirtschaftskammer Niedersachsen erwartet, dass auch Butter und Käse teurer werden.

Marschacht. In Deutschland ist weniger Milch auf dem Markt als normalerweise üblich. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen erwartet deshalb, dass Milch, Butter und Käse teurer werden. Nach zwei langen Wintern mit anhaltend strengen Frösten hat die Qualität des Grundfutters, Mais und Grassilage, gelitten. Hinzu kommt: Kraftfutter ist ungewöhnlich teuer, dass viele Milchviehhalter offenbar weniger eiweißreiche Zutaten verfüttert haben. Die Folge: Die Bauern konnten vergleichsweise wenig Milch melken.

Den deutschen Molkereien stand nach Angaben der Landwirtschaftskammer in den ersten drei Monaten eine ungewohnt geringe Milchmenge zur Verfügung. Laut der Zentralen Milchmarktberichterstattung GmbH beläuft sich das Minus im Jahresvergleich nur auf 2,8 Prozent. Doch das reicht offenbar aus, die Preise für den Verbraucher in die Höhe zu treiben. Die Discounterkette Aldi hat Anfang Mai den Preis für die günstigste Frischmilch um fünf Cent erhöht. Butter ist zehn Cent teurer als bisher. Erfahrungsgemäß orientieren sich andere Handelsketten an den Aldi-Preisen. Zwar seien bei den Verbrauchern kaum erhöhte Preise angekommen. Dies sei aber lediglich eine Frage der Zeit, so die Landwirtschaftskammer.

Dass Milchprodukte teurer werden, hat eine Kette von Gründen. Alles hat mit den strengen Frösten im Frühjahr 2012 begonnen. Die Grasernte, das Grundfutter der Milchvieherden, sei deshalb von geringer Qualität gewesen, erklärt Milchbauer Hans-Peter Meyn aus Marschacht. Die lang anhaltende Schnee- und Eisdecke habe zu Lücken im Grasbestand geführt. Nicht so hochwertige Pflanzen wie der Löwenzahn konnten sich breit machen.

Milchbauern müssten das Gras deshalb mit Kraftfutter anreichern. Wegen stark gestiegener Preise hätten offenbar viele Milchviehhalter darauf verzichtet. Der Preis für Soja sei von 25 auf 45 Euro je Dezitonne gestiegen - ein Problem für viele Milchbauern. "Sie fütterten die Kühe zwar satt, aber weniger Eiweißkomponenten", sagt Hans-Peter Meyn. Deshalb sei die Milchleistung wohl einwenig zurückgegangen, sagt er.

Am Kraftfutter zu sparen, sei eine Milchmädchenrechnung, die nicht aufgehe. Deshalb habe Hans-Peter Meyn die Kraftfutterzusätze nicht gedrosselt. "Eine Kuh muss optimal versorgt sein", sagt er. Sonst würden die Tiere anfälliger für Krankheiten und die Tierarztkosten stiegen an.

Die starke Nachfrage auf dem Weltmarkt verschärft die Milchpreisentwicklung. In Asien sei die Nachfrage besonders groß. In Ländern wie Indien und Vietnam seien Milchprodukte aus Europa derzeit gefragt. Neu sei, dass H-Milch containerweise nach China verschifft werde, berichtete dpa. Die Trockenheit in Neuseeland, sonst ein großer Milchlieferant für asiatische Länder, sei ein wesentlicher Grund dafür.

Mit 300 Kühen gehört der Hof Meyn in der Elbmarsch zu den großen Milchviehbetrieben in der Region. Er produziert sein Futter selbst: Gras auf 140 Hektar, Mais auf 50 Hektar und Getreide auf 20 Hektar. Mit den 49 anderen Lieferanten einer Genossenschaft liefert der Hof seine Milch an Rückers Ostsee-Molkerei in Wismar. Hans-Peter Meyn weiß, was aus seiner Milch entsteht: "Sie wird hauptsächlich zu Käse verarbeitet", sagt er.

Verbraucher müssen laut der Landwirtschaftskammer auch mit höheren Käsepreisen rechnen. Verfügbare, marktreife Schnittkäse seien im Inland und im Ausland begehrt. Die Käserein könnten deshalb zunehmend erhöhte Forderungen im Handel durchsetzen.

Erzeuger wie Hans-Peter Meyn können davon ausgehen, dass ihnen ein höherer Milchpreis ausgezahlt wird. Zurzeit erhalte der Milchbauer 34 Cent pro Liter Milch von den Molkereien. "Das ist einigermaßen auskömmlich", sagt Meyn. Im Jahr 2008 hatten Milchbauern mit einem Lieferboykott gegen niedrige Milchpreise gestreikt, die ihre Existenz gefährden würden. Damals zahlten Molkerein weniger als 30 Cent pro Liter. Der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter sah einen fairen Milchpreis bei 43 Cent pro Liter für den Erzeuger.

Nicht nur die Aussicht auf steigende Milchpreise für den Erzeuger stimmt Hans-Peter Meyn optimistisch. In zwei Wochen fahren die Bauern die neue Grünlandernte ein. Trotz des erneut langen Winters scheint die Qualität des Grundfutters zumindest in der Elbmarsch besser zu sein als erwartet: "Es sieht für dieses Jahr gut aus", sagt der Milchbauer.