Die Buchholzer Empore gewinnt als Bühne für Tourneetheater an Bedeutung. Das zeigt sich auch im neuen Spielplan

Buchholz. Das Buchholzer Veranstaltungszentrum Empore gewinnt zunehmend an Bedeutung. Zum 30. Juni wird die Bühne für Theater, Kleinkunst und Konzerte nach Angaben von Geschäftsführer Onne Hennecke mehr als 60.000 Eintrittskarten verkauft haben. Vor fünf Jahren waren es bei gleicher Veranstaltungszahl nur 41.000 Tickets. In seiner Rolle als Theater-Spielstätte zeigt die Empore pro Spielzeit 30 bis 35 Aufführungen in den Genres klassisches Schauspiel, Musik-Theater, Boulevard und plattdeutsches Theater.

Das Abo-Programm für die neue Spielzeit 2013/2014 steht jetzt fest: Unverkennbar ist das Bemühen, nach allgemein gestiegenen Besucherzahlen nun auch ein jüngeres Publikum anzusprechen - "jünger" bedeutet am Theater 30 bis 45 Jahre alte Menschen. Mit den Bühnenfassungen von zwei erfolgreichen Verfilmungen könnte das auch gelingen.

Die neue Spielzeit startet am 25. September mit dem Schauspiel "Zusammen ist man weniger allein" nach dem Erfolgsroman von Anna Gavalda in der Inszenierung des a.gon Theaters München. Die Verfilmung von Claude Berri mit Audrey Tautou aus dem Jahr 1996 avancierte zum Überraschungserfolg in den Kinos. In der ernsthaften Liebeskomödie spinnen sich vier Schicksale eine gemeinsame Geschichte als "so etwas wie eine Familie" zusammen.

In einer verrückten Wohngemeinschaft treffen vier Menschen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein können: der schüchterne Philibert, der Draufgänger Franck, die verhuschte Künstlerin Camille und die kernige, aber kranke Oma Paulette. Das Ensemble des a.gon Theaters lässt die vier Protagonisten erst einmal zäh um eine harmonische Wohnbeziehung ringen, um später in spitzfindigen Dialogen über eine gewöhnliche Komödie hinauszuwachsen. Zu Beginn der Tournee spielte noch Silvia Seidel, 1987 Kinderstar in der ZDF-Fernsehserie "Anna", die Rolle der Camille. Silvia Seidel starb im vergangenen Jahr überraschend im Alter von nur 42 Jahren.

Anne Bancroft und Patty Duke wurden für ihr Spiel in Arthur Penns Film "Licht im Dunkel" (1962) jeweils mit einem Oscar ausgezeichnet. Das Gastspieltheater Euro-Studio Landgraf, regelmäßiger Partner der Empore, zeigt am 7. Januar 2014 eine Bühnenfassung der wahren Geschichte um die Zähmung einer Widerspenstigen. Der konsequenten Erzieherin Annie Sullivan gelingt es, mit einer Fingersprache die Isolation der blinden und tauben Helen zu durchbrechen, ein missverstandenes hochbegabtes Mädchen, das wild tobt und sein Essen ausspuckt.

In seinem packenden Schauspiel setzt Regisseur Volker Hesse auch auf stumme Szenen und laute Musik von Kraftwerk, Steve Reich und Ennio Morricone. Birge Schade spielt die Erzieherin Annie Sullivan. Fernsehzuschauer kennen sie aus Serien wie "Der Fahnder" oder "Ein Fall für zwei". Im Jahr 2005 als "Beste Schauspielerin Nebenrolle" ausgezeichnet, hat Birge Schade in "Licht im Dunkel" ganz offensichtlich die Hauptrolle ihres Lebens gefunden. Das Schauspiel ist die Theaterproduktion der neuen Spielzeit, die Onne Hennecke unbedingt nach Buchholz holen wollte.

Ein Klassiker gehört immer auf den Spielplan der Empore. In der neuen Spielzeit wird es Schillers "Don Carlos" sein (24. November). Die Theatergastspiele Kempf produzieren das Geschichtsdrama um Vertrauen und Verrat. Christopf Brück gilt als der zurzeit vielleicht beste deutsche Regisseur für Schiller-Inszenierungen.

Mit dem Familiendrama "Verbrennungen" von Wajdi Mouawad (12. März 2014) bietet die Empore verstörendes Theater, das auf kleinstädtischen Bühnen nicht üblich ist, und beendet die Saison des großen Schauspiels mit "Blütenträume" (29. April 2014) versöhnlich. Die Geschichte um Best Ager in einem Flirt-Crashkursus an der Volkshochschule bietet Leichtigkeit mit Ernst - oder Tiefgang mit Witz.

Publikumsmagnet in der Empore ist das Boulevardtheater. Fünf Schwänke bietet das Boulevard-Abo der neuen Spielzeit. Höhepunkt dürfte das Stück "Diskretion Ehrensache" der Komödie am Kurfürstendamm sein (26. Januar 2014). In der klassischen Verwechslungskomödie ist der Komiker Kalle Pohl ("7 Tage, 7 Köpfe") der unbestrittene Star. "Kalender Girls" (6. Mai 2014), die Geschichte um Landfrauen, die für einen Benefiz-Kalender nackt posieren, ist dagegen ein Schwank, der sich vom üblichen Schenkelklatschhumor emanzipiert.

Vier Musiktheater-Aufführungen zeigt die Empore in der neuen Spielzeit. Ron Williams verkörpert am 16. März 2014 den Musiker und Bürgerrechtler Harry Belafonte Die Musik in der Produktion der Theatergastspiele Kempf reicht von den berühmten Calypso-hits über Gospels zu Folksongs. Mütter und ihre Töchter treffen sich zu dem Familienmusical "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" (11. Dezember). Das tschechische Märchen ist ein Weihnachtsklassiker wie "Der kleine Lord". Und im Gegensatz zu Aschenputtel weiß die tschechische Amazone Aschenbrödel auch zu reiten und zu schießen.

Das Ohnsorg-Theater ist gleich mit drei Produktionen in Buchholz zu Gast: "De Spaansche Fleeg" (17. Oktober), "Allens ut de Reeg" (1. Februar 2014) und "Gode Geister" (8. Mai 2014). Die Fritz-Reuter-Bühne Schwerin hat versehentlich einen Hauptdarsteller doppelt verplant und wird deshalb am 9. Januar 2014 nicht wie bereits im Programm angekündigt das Stück "Kasper Brand un dat ewig Läben" aufführen, sondern das Stück "Kap Horn".