Tradition seit 39 Jahren: In Lindhorst strömt zu Himmelfahrt das Bier aus den Hähnen und 50 Hähne krakeelen um die Wette.

Lindhorst. Wenn junge Männer, die noch keine Kinder haben, mit Bollerwagen und Bier durch den Landkreis Harburg ziehen, wenn Trecker Saufgesellschaften mit Korn und Cola durch die Straßen fahren, wenn ältere Herrschaften mit der Kutsche über die Dörfer tingeln, dann ist Vatertag, der Tag Christi Himmelfahrt, zwischen Meckelfeld und Undeloh. An diesem Tag ist auch im 750-Einwohner-Dorf Lindhorst die Hölle los. Dann drehen Frauen und Männer auf dem Dreves-Hof an den Hähnen, das Bier fließt in Strömen und richtige Hähne geben in Käfigen stimmenmäßig Vollgas. Denn zu Himmelfahrt startet seit 39 Jahren traditionell auch das große Hähnewettkrähen der großen Hähne und der Zwerghähne - eingeladen hat der Nutzflügel-Zuchtverein Klecken und Umgebung von 1921.

Für manchen Herrn geht es zu Himmelfahrt auch darum, sich einen Alkoholpegel zu erarbeiten, der den Vatertag etwas heiterer erscheinen lässt. Für Alkoholisches ist gesorgt an diesem Tag: das Bier kostet 2,50 Euro; Korn, Rote und Saure gehen für einen Euro über den Tresen, und wer es etwas härter mag, der ordert einen Havanna Rum für 2,50 Euro.

Für die 50 Hähne in den Käfigen auf der Wiese geht es indes darum, so oft wie möglich zwischen 11 und 12 Uhr zu krähen. 43 kleine und sieben große Hähne sitzen Käfig an Käfig nebeneinander. Manche krähen manchmal, manche oft und manche gar nicht. Die Kikerikis protokollieren Richter mit Strichen auf Blöcken, sie sitzen auf Stühlen vor den Käfigen.

Auch Peter Meyer, 67, aus Klecken, zieht an diesem Tag mit seinen Geflügelzüchterfreunden Rainer Henk, 68, und Willi Thiemann, 64, beide aus Helmstorf, auf die Festwiese an der Ringstraße in Lindhorst. Peter Meyer ist mit einer Zwerg-Wyandotte, schwarz, und einer gelben Columbia-Wyandotte am Start. Daheim in Klecken nennt er die beiden Hähne, vier schwarze Hühner und sechs gelbe sein eigen - sie leben auf einem Grundstück von 3000 Quadratmeter. "Es ist mein Hobby, die Hühner zu züchten", sagt Peter Meyer. "Meine Hähne fangen schon um 4.30 Uhr an zu krähen, aber das höre ich nicht, das hören nur die Nachbarn."

Willi Thiemann ist an diesem Tag mit einem Appenzeller Barthahn am Start. Er besitzt auch noch 15 Hühner und 21 Küken, ach ja, und dann züchtet er ja auch noch Dompfaffen, Stieglitze, Erlen- und Birkenzeisige. Seinen Appenzeller Barthahn wird er nach der Ausstellung seinem Kumpel Rainer Henk schenken, denn von seinen 21 Küken sind zwei Drittel männlich, schätzt der Helmstorfer. "Die meisten der Küken gebe ich weg oder sie kommen, wenn sie ausgewachsen sind, in den Topf oder in den Ofen. Solche guten Hühner bekommt man nicht gekauft. Da weißt du, was du hast, wenn du sie selbst schlachtest."

Friedo Hauff, 55, aus Buchholz, der Erste Vorsitzende des Nutzflügel-Zuchtvereins Klecken und Umgebung von 1921, sowie der Vorsitzende des 1992 gegründeten Bürgervereins Lindhorst, Hans-Heinrich Rieckmann, 59, sind an diesem Vatertag stolz, rund 900 Gäste auf der Festwiese in Lindhorst begrüßen zu dürfen. Der Krährekord von 232 Rufen bei den großen und 344 Rufen bei den kleinen Hähnen, wird an diesem Tag aber nicht eingestellt.

Willi Thiemanns namenloser Appenzeller Barthahn mit der Startnummer 3 bringt es nach anfänglicher Stummheit an diesem Vatertag auf 123 Schreie binnen einer Stunde. Damit kommt er bei den großen Hähnen auf Platz 1. "Du hast dich hier ja ordentlich ausgetobt, nicht wahr, mein Jung", beglückwünscht der Züchter seinen Star-Kräher.

Bei den kleinen Hähnen gewinnt der Bassetten-Hahn, silber-wachtelfarbig, von Marvin Niemeyer aus Hörsten mit der Startnummer 35. Er macht 146 Mal Kikeriki. Marvin ist 15 Jahre alt und nennt auch noch vier Hennen und 40 Küken sein eigen. Seine Leidenschaft fürs Hühnerzüchten bringt der Schüler klar auf den Punkt: "Es ist schön sie zu haben und sie zu beobachten."