Steampunks sorgten in der Festung Grauerort für Kino im Kopf und phantasievolle Zeitreisen

Stade-Bützfleth/Abbenfleth . Schöne Frauen in atemberaubender Garderobe und bastelfreudige Herren mit einem Hang zu technischen Skurrilitäten, Musiker und Rollenspieler - sie alle gaben am Wochenende in der Festung Grauerort einen Einblick in die scheinbar grenzenlose Phantasiewelt der Steampunks. Das alte Militärfort an der Elbe bei Abbenfleth war ideale Kulisse für rund 50 Mitwirkende und mehr als 800 Zuschauer beim zweiten europaweiten "Kulturfestival Aethercircus", das die Stader Birgit und Michael Deutschmann in diesem Jahr organisierten.

"Steampunk kann man in seiner Facettenfülle nur schwer erklären, man muss es erleben", sagt "Kralle", alias Klaus Kurz aus Krefeld - besser als Nikolaus vom Krähenfeld in der Szene bekannt. Und tatsächlich war das weiträumige historische Kaiserfort an jeder Ecke, in jedem Winkel Schauplatz optischer und akustischer Effekte. Johanna Köster aus Marne und Svantje-Kristina Schmidt aus Heide zauberten mit ihrer Designermodenschau "Machina Nostagia" Glanz in die Augen der Zuschauer und waren, wo immer sie flanierten, ein echter Hingucker. Genau wie Thomas Eierding an seinem Stand für "Kurzwaren und Skurrilitäten" oder das Trio vom "Dampfzirkus" aus Papenburg. Als Horatio (Lothar Niwa), Perpetua (Petra Kellersmann) und Decarius von Steam (Thomas Großmann) teilen sie die Leidenschaft, sich angemessen verkleidet mit Aliasnamen in der Welt des Steampunks zu entfalten. Steampunks sehen ihre virtuose Fantasiewelt, stark geprägt von den Visionen Jules Vernes, durch ihre "Goggles". Fast jeder trägt diese Art Rennfahrerbrillen aus jener Zeit, als die Technik mit Dampf mobil machte. Diese "Goggles" gehört zum klassischen unverkennbaren Steampunk-Dresscode.

Inzwischen eint die Steampunk-Szene eine internationale Gemeinschaft von Kulturschaffenden vieler Genres. Musik und Mode, Schmuck und Malerei, Technik und Theater gehören dazu. Das Zeitalter der Dampfmaschinen, worin der Begriff Steampunk seinen Ursprung hat, prägt die Phantasie-Objekte der Steampunks, deren Einfallsreichtum an Designvielfalt die Besucher in Grauerort immer wieder zum Staunen brachten. "Einfach sensationell, was die Leute auf die Beine stellen", schwärmten Sönke Baum und Jennifer Meister aus Schleswig-Holstein, "einfach faszinierend, diese Freiheit alles so zu kreieren, wie man es möchte".

Und ordentlich Dampf machten die Steampunks in unerschöpflicher Vielfalt. Jules Getherton aus Köln trug eine technische Dampf-Apparatur am Rücken kunstvoll in ihr Kleid eingearbeitet. Toni Reintelseder alias Ars Vapori aus Leipzig lies eine Eisen-Ratte mit Dampfantrieb über den Forthof spazieren und Feuer spucken, wenn sie Spiritus zu saufen bekam. Er hatte bereits vergangenes Jahr, als die Steampunks im Stader Rathaus für Furore sorgten, mit seiner dampfbetriebenen Schildkröte, einer Riesenspinne und einem Drachen das Publikum in seinen Bann gezogen.

Im Gewölbe des Forts drängten sich Technikfreaks vor den Ständen der Aussteller. Dort ebenfalls zum zweiten Mal dabei der passionierten Steampunk-Stylist André Kahlke aus Itzehoe mit seinen Phonedesigns. Alexandra Voss aus Kassel, Ines Korth aus Düsseldorf und Melanie Kuhl aus Bremen fanden die "Location super cool und passend für den Aethercircus". Ganz klar, dass auch sie mit ihren Phantasiekostümen Blickfang waren. Ordentlich was auf die Ohren gab es beim Konzert mit dem "bbblack Dog"-Trio und mächtig Theater machte das Bühnenensemble des "Aethercircus".