Im Herbst soll das DRK-Haus in Sinstorf eröffnen. Es wird ein Ort, an dem Sterbenskranke ihre letzten Lebenswochen in Würde verbringen können

Harburg. Die Wände sind gezogen, die Anschlüsse für die sanitären Anlagen gelegt. Auf der Baustelle im Blättnerring mag niemand jetzt noch an schlechtes Wetter denken, dass den Plan, im Herbst das Haus zu eröffnen, noch durchkreuzen könnte. Das Konzept steht, und die ersten Interessenten für ein Zimmer in Harburgs erstem Hospiz haben sich bereits gemeldet. "Jetzt gerade bemühen wir uns ganz gezielt, große Sponsoren anzusprechen. Zum einen arbeiten wir gerade an der dritten Million, die wir jetzt brauchen. Zum anderen aber ist unser Ziel, einen Stamm von Spendern aufzubauen, die bereit sind, das Hospiz mit regelmäßigen finanziellen Zuwendungen zu unterstützen", sagt Dr. Dirka Grießhaber, beim Harburger Deutschen Roten Kreuz (DRK) zuständig für das Sponsoring.

Eine prominente Unterstützerin hat das Harburger Hospiz mit der NDR-Moderatorin Bettina Tietjen. Und auch der ehemalige Hamburger Wirtschaftssenator und Unternehmer Ian Karan rührt die Werbetrommel für diese Einrichtung, die ihm sehr am Herzen liegt, wie er selbst sagt. Schon in der Bauphase haben sich Harburger Firmen mit Sachspenden für die neue Einrichtung engagiert. Dennoch, der Hospiz-Gedanke ist eine Bewegung, die in Deutschland noch recht jung ist. Staatliche Hilfe gibt es kaum für diese Einrichtungen, in denen sterbenskranke Menschen ihre letzten Wochen in Würde, mit Freunden und Familie und gut ausgebildetem medizinischem Personal verbringen können. Umso mehr sind Hospize in Deutschland auf Spenden für den laufenden Betrieb angewiesen.

Das DRK hat die Trägerschaft für das Hospiz übernommen. Drei Millionen Euro, sozusagen das Startkapital, fließen in den Kauf des Gemeindehauses im Blättnerring, den Um- und Anbau und in die Einrichtung. "Wir arbeiten gerade daran, die noch fehlenden etwa 800.000 Euro einzuwerben", so Grießhaber. Damit ist der Job der Soziologin aber noch nicht beendet. Das DRK rechnet mit laufenden Kosten für den Betrieb des Hospizes von rund 250.000 Euro im Jahr. Personalkosten, Unterhaltungskosten und Pflegekosten für die Gäste des Hospizes summieren sich. Zwar werden 90 Prozent der Pflegekosten von den Kranken- und Pflegekassen übernommen. Doch es bleiben noch zehn Prozent, die das DRK selbst tragen muss.

Als bekannt wurde, welche Pläne das DRK hier im Blättnerring hat, formierte sich Widerstand in Sinstorf gegen das Projekt. Es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit in der zukünftigen Nachbarschaft, um die Akzeptanz für ein Hospiz zu schaffen. Bekannte Gesichter wie Bettina Tietjen oder der ehemalige Hamburger Bürgermeister Ole von Beust haben mit ihrer Unterstützung nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass vor allem Ängste vor den neuen Nachbarn bei den Anwohnern im Blättnerring abgebaut werden konnten. "Die Hospizbewegung zu unterstützen, ist mir eine Herzensangelegenheit. Ich schätze und bewundere die Menschen sehr, die sich seit Jahren dafür engagieren. Es ist endlich an der Zeit, dass wir das Sterben und den Tod als einen wichtigen und natürlichen Teil des Lebens anerkennen. Dieses Thema geht uns alle an", so Schirmherrin Tietjen.

"In Deutschland sind wir eigentlich erst am Anfang der Hospiz-Bewegung. In England ist man sehr da schon viel weiter. Aber so langsam wird die Bewegung auch hier immer stärker", sagt Sandra Köbe vom Roten Kreuz. Die Sozialpädagogin leitet das Harburger Hospiz-Projekt.

Ab Herbst werden zwölf Gäste ihre letzten Lebenswochen hier verbringen können. "Bei unseren Gästen ist klar, dass es nicht mehr um eine Heilung geht. Vielmehr geht es darum, das größtmögliche Maß an Lebensqualität zu schaffen. Das fängt bei der schmerztherapeutischen Betreuung an und beinhaltet gleichermaßen eine psychologische Betreuung durch speziell im 'paliative care'-Bereich ausgebildete Pfleger und Krankenpfleger. Es geht bei uns auch darum, dass unsere Gäste, wenn sie es denn wünschen, auch spirituelle Begleitung erhalten", erklärt Köbe. Aber auch um weit profanere Dinge wie gemeinsam kochen, essen, spazieren gehen oder vielleicht eine letzte Fahrt zum Jungfernstieg. "Wir wollen keinesfalls Familie oder Freunde ersetzen, aber wir versuchen, zu unterstützen und bei Bedarf auch zu entlasten", so Sandra Köbe.

Ein krebskrankes, sterbendes Kind könne eine enorme psychische Belastung für Eltern und Geschwister sein. Der Aufenthalt in einem Hospiz biete hier exakt so viel Unterstützung und Entlastung, wie es sich alle Beteiligten wünschten, sagt die Sozialpädagogin. Dem Tode zum Trotz soll das Harburger Hospiz nicht nur ein Ort der Trauer, sondern in erster Linie ein Ort des Lebens sein. Dennoch wollen die Mitarbeiter des neuen Harburger Hospizes den sterbenden Menschen auch die Möglichkeit anbieten, sich mit dem Tod und ihren Ängsten vor dem Sterben auseinander zu setzen.

Im Vordergrund des Trägerkonzeptes stehen außer der ganzheitlichen medizinischen Versorgung der Gäste die "liebevolle und persönliche Zuwendung" für den einzelnen, so Köbe. "Natürlich ist unsere Personaldecke begrenzt. Aus diesem Grund suchen wir Ehrenamtliche, die bereit sind, uns und unsere Gäste zu unterstützen", sagt die Sozialpädagogin.