Marunde präsentiert bis Anfang Juni 100 seiner Zeichnungen im Bachmann Museum in Bremervörde

Bremervörde. Er hat den Schalk im Blick - und den richtet Wolf-Rüdiger Marunde so einfühlsam wie kritisch auf Menschen und Themen, die wohl jedem im Alltäglichen geläufig sind. Dass der bodenständige Norddeutsche ganz nah an den Menschen, ihren Sorgen und Freuden, Schrullen und Aufregern dran ist, vermittelt Marunde glaubwürdig in seinen Cartoons. Sie lösen Aha-Effekte und wissendes Schmunzeln aus, weil sie ein Spiegel sind, in den fast jeder schon einmal geschaut hat.

Mehr als 100 seiner Werke sind jetzt bis zum 2. Juni im Bremervörder Bachmann Museum, Amtsallee 8, unter dem Motto "Am Busen der Provinz" zu sehen. Die für hochkarätige Kunst-Ausstellungen bekannte Gruppe "Kunst an der Oste" unter Leitung von Corinna Cordes im Kultur- und Heimatkreis Bremervörde hat den Cartoonisten an die Oste geholt, wo seine Fangemeinde riesengroß ist. Zur Vernissage drängten sich mehr als 200 Menschen in den Ausstellungsräumen, wo der 59-jährige gebürtige Hamburger hautnah zu erleben war. Mehr als 50 Gäste mussten wegen Überfüllung auf einen späteren Besuch umdisponieren. Doch einen "Hamburger Jung" wie Marunde scheint nichts aus der Ruhe zu bringen.

Im Gespräch mit dem Abendblatt gab er vorab Einblicke in die Welten seiner Inspirationen und das disziplinierte Arbeiten im Atelier.

Wolf-Rüdiger Marunde lebt als Dorfbewohner in seiner Wahlheimat Wendland zwischen Landwirten und Landliebhabern aus der Stadt, zwischen Atomstreit und Windenergie, Bioboom und Genmaisproblemaik. Deshalb hat das, was Marunde real und aussagestark malt, heiter verpackte Brisanz.

"Ich fahre immer gern, meist mit dem Rad, die einsamen Land- und Nebenstraßen, um den Blick auf das Alltägliche zu haben", erzählt der Mann, der in Wetterparka, Cargohosen und derben Outdoorschuhen durch seine Ausstellung führt. So rustikal realistisch wie er selbst sind denn auch seine Serien wie "Marundes Landleben" oder "Neues aus Schweinhausen", mit denen er in Magazinen wie "Brigitte", "Stern" oder "Hör zu" berühmt wurde. Themen wie Zweierbeziehungen, Mais und Biogas, sowie alles tierisch Menschliche, was normale Leute so erleben, projiziert er in atemberaubende Landschaften, im Norden mit weitem spektakulärem Himmel und wenn es sein muss, auch mit Unwetterwolken.

"Ich liebe die Natur, die Landschaften und male sie sehr gern", sagt Marunde. So gesehen habe er den schönsten Beruf der Welt. "Ich möchte, dass die Betrachter in meinen Bildern spazieren gehen, die Großartigkeit der Natur empfinden - und dann eben mit dem Witz der Aussage konfrontiert werden." Ab und zu komme es vor, dass mal jemand bei ihm anruft, weil er den Witz nicht verstanden hat. Dann klärt Marunde auf - und das "Aha" am anderen Ende der Leitung kann schon ein neuer Inspirationsschub für ihn sein.

Dass er so oft Tiere "zu Wort kommen" lässt, hat einen diplomatischen Hintergrund: Tiere transportieren Verhaltensweisen relativ neutral, wenn man menschliche Schwächen oder politische Juckepunkte aufs Korn nimmt, so der Humorist, der sich als "sehr politischen Menschen" bezeichnet.

"Ich sehe mich eigentlich nicht als Künstler, sondern als Unterhalter", sagt Marunde. Dennoch sind seine Kunstwerke von handwerklicher Perfektion und bringen nach dem Motto "ein Bild sagt mehr als 1000 Worte" Botschaften treffsicher und unterhaltsam auf den Punkt. Mit seinen ganzseitigen Cartoons in Aquarelltechnik in der "Brigitte" beschritt Marunde in den 1980er Jahren Neuland in der deutschen Presseillustration. Als er 17-jährig mit dem Zeichnen begann, prophezeiten ihm Kritiker, dass davon niemand leben könne. Aber der Norddeutsche setzte sich durch.

Marunde studierte in Hamburg visuelle Kommunikation an der Fachhochschule für Gestaltung und erhielt schon während seines Studiums als Cartoonist, Zeichner und Illustrator erste Aufträge. 2002 erhielt er den Deutschen Karikaturistenpreis und seit 2003 sind seine Cartoons auch als Trickfilme im Fernsehen bekannt.

Etwa 80 Bilder pro Jahr produziert der seit 1988 im Landkreis Lüchow-Dannenberg auf einem 2,5 Hektar großen Hof lebende "bekennende Landmensch". "Das geht nur mit einem frühen Start in einen disziplinierten Arbeitstag. Druck will ich nicht, da fällt mir nichts ein", sagt Marunde, der etwa vier Tage an einem Bild feilt. Oft sind seine fünf Kinder, im Alter zwischen 26 und 14 Jahren, Ideengeber - "und ganz manchmal" fragt er auch seine Frau, ob die Pointe im Bild denn zu verstehen ist.

"Am Busen der Provinz" im Bachmann Museum amüsierten sich die Besucher jedenfalls köstlich über die feinen humoristischen Attacken. Zwischen Jägerei, Schweinspassion, Hühnerhaltung, Anglerphantasien und Streitkultur saßen die Pointen. Dass Marunde so oft "in der Provinz" ausstellt, hat einen einfachen Grund: "Ich bewerbe mich nicht um Ausstellungen, ich werde gefragt von Leuten, die sich für meine Arbeit interessieren, so kommen die schönsten Gespräche zu den Bildern", sagt der Künstler.

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