Fischbeker Segelflieger starten in die neue Saison. Zuvor werden Flugzeuge und Ausrüstung gründlich durchgecheckt

Fischbek. Aus der weißen Halle erklingt ein lautes Hämmern. Dirk Burger ist gerade dabei, ein neues Ladegerät in den Caddy einzubauen. Das Tor steht offen, vorne sieht man zwei große Lkw. "Flugleitung" ist auf dem einen zu lesen, der andere ist die sogenannten Startwinde, die die Segelflugzeuge in die Luft schleppt. Hermann Beiker, 75 Jahre alt und seit 1956 Mitglied im Segelflugclub Fischbek, öffnet die Tür zu einer weiteren Halle, in der Sinja Burger, Dirk Burgers Ehefrau, auf einem langen Tisch die Fallschirme neu packt. "Wenig los hier", sagt Hermann Beiker. Das Wetter will an diesem Tag einfach nicht mitspielen und das bekommen Segelflieger nun mal direkt zu spüren.

Dabei hatten die Mitglieder des Vereins so sehr gehofft, nach den kühlen Temperaturen um Ostern herum in den Wochen danach endlich freie Flugbahn zu haben. Das Anfliegen, der Start in die neue Saison, ist traditionsgemäß eigentlich immer für Ende März oder Anfang April geplant. In diesem Jahr konnte es aber erst am 10. April losgehen. Und noch immer sind nicht alle sechs Segelflugzeuge, davon drei Doppel- und drei Einsitzer, das Oldtimer-Flugzeug und der Motorsegler, betriebsbereit.

"Drei Flugzeuge müssen nächste Woche noch in die Jahresnachprüfung", sagt Hermann Beiker. Abgesehen von der Tatsache, dass er der dienstälteste Fischbeker Segelflieger ist, ist er als Werkstattleiter auch der Mann fürs Praktische. Lackieren, warten, ausbessern - es gibt viel zu tun, bevor die Maschinen nach der langen Winterpause wieder in die Lüfte gehen können.

Von Oktober bis April ist Flugpause. Trotzdem treffen sich dann einige der insgesamt rund 70 Vereinsmitglieder regelmäßig auf dem Gelände am Fuße der Fischbeker Heide und sehen nach den Fliegern, bessern kleine Schäden aus, klönen miteinander oder organisieren Vorträge. "Die Vorbereitungen sind für das Fliegen das Wichtigste", sagt Heike Capell, 71 Jahre alt, zweite Vereinsvorsitzende und seit 1960 der Faszination dieser luftigen Fortbewegungsart erlegen. Sicherheit sei das oberste Gebot, und deshalb nehmen es alle sehr Ernst mit der Überprüfung der Fluggeräte.

Alle beweglichen und unbeweglichen Teile werden vor dem Start in den Frühling gesäubert und neu konserviert, die Anschnallgurte werden anders als bei Autos regelmäßig ausgetauscht, die Bremsen ebenso untersucht wie die Steuerungselemente. So gut wie alle Arbeiten führen die Vereinmitglieder selber aus, damit der amtlich zugelassene Prüfer bei der bis zu zwei Stunden dauernden Jahresnachprüfung auch ja keine Mängel findet. Auf dem Vereinsgelände befindet sich eine Tischlerei, eine Lackiererei und eine Schlosserei. "Handwerkliches Geschick kann als Flieger nicht schaden", sagt Dirk Burger.

Und es hilft sogar, Kosten zu senken, denn pro Baustunde gibt es eine Rückvergütung der Werkstattumlage. Fliegen ist nicht günstig, allein die Aufnahmegebühr liegt bei 500 Euro für Erwachsene, der Jahresbeitrag beträgt 312 Euro, dazu kommen noch die Fluggebühren. Elitär sind die Flieger trotzdem nicht, eher bodenständig, oder sagen wir: flugzeugbodenständig.

"Viele unserer ehemaligen Mitglieder sind Berufsflieger geworden", erzählt Heike Capell. Bei der Lufthansa, bei Air Berlin oder einer anderen Linie. Auch ein Weltmeister im Segelflug ist dabei. Einige der Berufspiloten kommen auch immer mal wieder zu ihnen zurück, um im Segelflieger zu starten. Kein Wunder: Die großen Flugzeuge sind voll automatisiert, ein Gefühl von wirklichem Fliegen stellt sich dort eher selten ein.

Waghalsige Flugmanöver empfehlen die Fischbeker Flugexperten aber niemandem. "Man sollte Respekt vor dem Fliegen haben, aber auch keine Angst", sagt Dirk Burger. Selbst Flugveteranen wie Hermann Beiker und Heike Capell gehen noch immer in die Lüfte, "vom 60. Lebensjahr an müssen wir aber jedes Jahr zum Arzt und uns durchchecken lassen", erklärt sie.

Wenn sie an ihre Anfänge im Flieger zurückdenkt, schüttelt es sie noch heute ein wenig. "Der erste Alleinflug war sehr aufregend." Das Adrenalin schoss durch den Körper und sie war heilfroh, dass sie bei ihren allerersten Flugstunden noch einen Fluglehrer dabei gehabt hatte. Hermann Beiker hatte das nämlich nicht. Als er einige Jahre vor Heike Capell seine ersten Stunden nahm, mussten die Schüler gleich allein im Einsitzer starten. "Das waren aber nur ganz niedrige Flüge", räumt er ein.

Fluglehrer sind auch nach der langen Winterpause immer dabei, wenn die Fischbeker Segelflieger wieder starten. Ein "Kaltstart" wäre zu gefährlich, weil die Praxis monatelang gefehlt hat und einige Regeln im Verhalten am Steuer doch etwas in Vergessenheit geraten sind. Wer eine Gastflugberechtigung hat, also auch Gäste auf dem Rücksitz mitnehmen darf, benötigt am Saisonbeginn sogar drei Starts mit dem jeweiligen Flugzeugtyp, bevor es losgehen kann.

"Gäste sind bei uns generell immer willkommen", sagt Heike Capell. Sowohl für kostenpflichtige Mitflüge, die je nach Wetterlage am Wochenende möglich sind, als auch für Vereinsmitgliedschaften. Wie bei vielen anderen Vereinen auch könnten die Mitglieder vom Alter her etwas Durchmischung vertragen. Es gibt einige jugendliche Flieger und viele Ältere, nur die mittleren Altersstufen fehlen ein wenig. Die Zeit sei bei Berufstätigen eben knapp, sagt Hermann Beiker. Er selbst ist bei seinem Eintritt in den Ruhestand noch etwas ganz anderes angegangen. Er baut einen Oldtimer-Segelflieger nach. Einige Jahre ist er bereits dabei, jeder Baufortschritt wird vom Prüfer abgenommen, und schon bald wird das Schmuckstück vollendet sein.