Hollenstedt droht säumigen Eltern mit Ausschluss des Nachwuchses. Diese Zwangsmaßnahme hat der Jugendausschuss in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Kinderschutzbund ist empört.

Hollenstedt. Kinder müssen genug im Magen haben, damit sie gut durch den Tag kommen, heißt es. Die Samtgemeinde Hollenstedt scheut aber nicht davor zurück, den Kindern das Mittagessen zu verweigern, sollten deren Eltern die Essensgebühr nicht bezahlt haben.

Diese Zwangsmaßnahme hat der Jugend-, Sozial, Kultur-, und Sportausschuss in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Die Samtgemeinde überarbeitet gerade die Benutzungssatzung, da die Staffelung der Gebühren neu geregelt wird. Da wurden die Essensgebühr und der mögliche Ausschluss von der Mahlzeit gleich mit aufgenommen. Die CDU, SPD und der Wählergemeinschaft stimmten für den möglichen Ausschluss der Kinder vom Essen. Die Grünen waren dagegen.

So lautet der neue Passus in der Satzung: "Kommt der Gebührenschuldner ... trotz Mahnung seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, kann das Kind 14 Tage nach Ablauf der Mahnfrist ... bei Nichtzahlung der Essensgebühr vom Mittagessen ausgeschlossen werden. In diesem Fall muss das Kind vor dem Mittagessen die Kindertagesstätte verlassen. Im Einzelfall kann der Samtgemeindebürgermeister über den Ausschluss entscheiden."

Die Regelung betrifft vor allem die Eltern, die keine Benutzungsgebühr für die Kita zahlen, weil sie zu wenig Geld verdienen - also beispielsweise Hartz-IV-Empfänger. Die Jugendhilfe zahlt deren Kita-Beiträge.

Die Samtgemeinde Hollenstedt ist nicht die einzige, die einen solchen Passus in die Kita-Benutzungssatzung aufgenommen hat. Auch in Buchholz und in Tostedt ist es möglich, Kindern den Besuch der Kita zu verweigern, wenn die Eltern die Gebühren nicht zahlen. Allerdings wird dort alles versucht, das im Sinne des Kindeswohls zu vermeiden - angefangen bei Gesprächen mit den Eltern bis zu Ratenzahlungen.

In der Samtgemeinde Hollenstedt war die Mittagessengebühr bislang nicht in der Satzung verankert. "Es war dadurch in rechtlicher Hinsicht keine Gebühr", sagt der Samtgemeindebürgermeister Uwe Rennwald. Weil in der Vergangenheit einige wenige Eltern das Mittagessen nicht bezahlt haben, hält die Verwaltung es sich offen, die Kinder vom Essen auszuschließen. "Wir brauchen seitens der Verwaltung ein Druckmittel, dazu stehe ich", sagt Uwe Rennwald. "Das ist das einzige, was hilft, um Leute zur Zahlung zu bewegen."

Die Eltern zahlen pro Mahlzeit 2,80 Euro (ab 1. August 2,85 Euro). Die Verwaltung hat die Erfahrung gemacht, dass manche Eltern noch nicht einmal in der Lage sind, einen Euro für das Mittagessen zu zahlen. Dieser Euro ist dann fällig, wenn Eltern einen Zuschuss aus dem "Bildung- und Teilhabepaket" des Landkreises beantragt haben.

Im Laufe des vergangenen Jahres hat die Verwaltung 1700 Euro verloren, weil Eltern in 16 Fällen nicht das Mittagessen für ihre Kinder bezahlt haben. "Das sind keine Zigtausende Euro", räumt Uwe Rennwald ein. "Aber es geht auch darum, dass es gegenüber anderen, die zahlen, ungerecht wäre, das Geld nicht einzufordern." Trifft die Maßnahme nicht die Falschen - die Kinder, die nichts für den knappen Geldbeutel ihrer Eltern können?

"Es liegt in der Verantwortung der Erziehungsberechtigten, sich das bewusst zu machen", sagt Rennwald. Er hofft und erwartet, dass es letztendlich nie zu einem Ausschluss kommt. "Was sollen wir sonst machen?", fragt er. Er sieht keine Alternative.

Die Grünen schon. "Das Essen ist ein Grundgut und sollte insbesondere für Kinder, deren Eltern Hartz IV beziehen, zur Verfügung stehen", sagt Katrin Munz, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Ihre Fraktion plädiert dafür, dass die Verwaltung die Gebühren übernimmt. "Schließlich geht es hier ums Essen."

Auch der Kinderschutzbund reagiert empört: "Es ist ein Skandal, wenn es in Kindereinrichtungen zu einem Ausschluss vom Mittagessen kommt oder auch nur damit gedroht wird", sagt Johannes Schmidt, Vorsitzender des niedersächsischen Kinderschutzbundes. Das Grundrecht auf Versorgung - also auf Essen, Trinken und emotionale Zuwendung - dürfe Kindern nicht verweigert werden. "Streng genommen ist das eine Art von Vernachlässigung, wenn die Erzieher die Kinder nicht satt machen."