Stadtreinigung, Sanierungsbeirat und Sanierungsträger wollen mit neuen Aktionen der illegalen Abfallbeseitigung begegnen

Harburg. "Wir wollen Zeichen setzen", sagt Eike Christian Appeldorn, 32. "Das Phoenix-Viertel ist ein ausgesprochen reizvolles Wohngebiet in Harburg und kein Müllabladeplatz. Wir wollen uns die Vermüllung nicht gefallen lassen." Appeldorn ist bei der Stadtentwicklungsgesellschaft "steg Hamburg GmbH" zuständig für das Phoenix Viertel. Und seit die steg 2005 als sogenannter Sanierungsträger die Betreuung des Sanierungsgebiets übernommen hatte, ist das Müllproblem ins Bewusstsein gerückt. Allerdings: Alle bisherigen Bemühungen, die Verursacher der Vermüllung zur Verantwortung zu ziehen, waren bislang wenig erfolgreich. Mit einer neuen Plakataktion wird nun wieder deutlich gemacht, dass Haus- und Sperrmüll nicht auf die Straße gehört.

Das Phoenix-Viertel ist eine mehr als Hundert Jahre alte Wohnsiedlung zwischen Wilstorfer Straße, Hohe Straße und Bremer Straße, ehemals gebaut für Arbeiter und Angestellte der Harburger Phoenix Gummiwerke. Läden, Kneipen, Handwerksbetriebe waren damals im Viertel zu finden. Baulich besonders reizvoll: Die vielen Torbögen, Hinterhöfe mit tollen Gärten. In den 1970er-Jahren setzte ein größerer Generationswechsel ein. Die meisten Wohnungen waren klein, boten wenig Komfort. Niedrige Mieten sorgten für Veränderung der Einwohnerstruktur. Damit verbunden: Eine sinkende Rücksichtnahme durch einige der neuen Bewohner, darunter auch Drogendealer. Das Phoenix-Viertel zählt heute etwa 5000 Einwohner, das sind rund zehn Prozent mehr als noch vor 15 Jahren.

Appeldorn hält Verallgemeinerungen grundsätzlich nicht für angebracht. "Es sind immer nur einige wenige, die aus der Rolle fallen. Wir haben hier viele Bewohner, die darauf achten, dass Müll nicht am Straßenrand, auf den Pflanzbeeten und auf Baumscheiben - dem Beetbereich rund um die Straßenbäume - abgelegt wird. Wenn sie die Verursacher ansprechen, werden sie nicht selten von ihnen bepöbelt. Diese Situation ist wenig erfreulich. Aber wir geben deswegen nicht auf."

Das Phoenix-Viertel ist noch bis 2015 als Sanierungsgebiet eingerichtet. Das bedeutet, dass Hamburg vom Bund für Verbesserungen im öffentlichen Raum, an Straßen, Wegen und Plätzen, Geld bekommt. Zudem werden die Grundeigentümer beraten, wie sie mit Hilfe der marktüblichen Fördermittel ihre Grundstücke und Häuser sanieren können. Das Sanierungsverfahren bescherte dem Quartier unter anderem den Bau des Bildungs- und Gemeinschaftszentrums "Feuervogel" an der Maretstraße. Der Quartiersplatz an der Kalischerstraße wurde komplett neu gestaltet, und am 17. Mai soll ein neu gebauter Kinderspielplatz bei der Kita Eddelbüttelstraße eingeweiht werden. Einige, aber nicht alle Grundeigentümer investierten zwischenzeitlich in die Sanierung ihrer Häuser. Und Appeldorn sagt, man sehe es einigen Häusern an, dass sie mit Bewohnern überbelegt sind. Hauseigentümer, die nur Geld kassieren wollen, seien dafür verantwortlich oder auch Mieter, die ihre Wohnung selbst nicht bewohnen sondern mehrfach untervermieten. "Ein Indiz ist, wenn in den Häusern mehr Müll anfällt als eigentlich entstehen dürfte", sagt er, "wir haben aber keine Handhabe, die Überbelegung zu kontrollieren. Selbst Hausbesitzer müssen eine Besichtigung ihrer vermieteten Wohnungen vorher anmelden. Das ist vom Grundsatz her ja auch richtig." Die CDU hat derzeit zur Überbelegung von Wohnraum im Bezirk eine Anfrage an die Verwaltung gerichtet.

Wegen des Müllproblems ist die Stadtreinigung Hamburg (SRH) seit Anfang April im Phoenix Viertel besonders aktiv. In sogenannten Koordinierungsrunden, an denen Vertreter der steg, der Wohnungswirtschaft, Polizei, Bezirksamt, Bezirksordnungsdienst und Stadtreinigung vertreten sind, war vereinbart worden, die im Wegereinigungsverzeichnis festgelegte Straßen- und Wegereinigung wegen der starken Verschmutzung von dreimal auf fünfmal wöchentlich zu erhöhen. Eine Teamleiterin und acht Reinigungskräfte sind nun von Montag bis Freitag zwischen 6 und 14 Uhr im Einsatz. Grundeigentümer müssen für den Mehraufwand zusätzlich bezahlen, können die Kosten aber auf die Mieter umlegen.

Das Phoenix-Viertel hat von der Stadtreinigung wegen der starken Vermüllung schon seit gut fünf Jahren auch noch einen sogenannten "Kümmerer" im Einsatz, der relativ eigenständig in der Zeit von 11 bis 19 Uhr unterwegs ist und Ausschau nach Müll hält. Wenn es ganz dicke kommt - das ist meistens nach dem Wochenende,der Fall - dann erhält Jens Petersen noch Unterstützung von Zafer Münkat, der als Kümmerer für das ebenfalls müllbelastete Reiherstiegviertel in Wilhelmsburg schwerpunktmäßig zuständig ist. "Es ist schon erstaunlich, was hier insbesondere an Wochenenden auf der Straße landet", sagt Petersen. "Autoreifen, Waschmaschinen, Kühlschränke, Möbel, Ölkanister und nicht zuletzt jede Menge Beutel mit Hausmüll. Gelegentlich wird der Bezirksordnungsdienst gerufen, um festzustellen, wer den Müll hingeworfen hat. Gelingt die Identifizierung, droht dem Verursacher die Zahlung einer Geldbuße von 35 Euro. In den seltensten Fällen ist das Geld bisher aber bezahlt worden

Werfen die Bewohner ihren Haus- und Sperrmüll auf die Straße, weil sie sicher sein können, dass die Stadtreinigung anschließend alles wegholt? Frank Warschkow, Leiter der Stadtreinigung in der Region Hamburg-Süd spricht von einer Gratwanderung. Ohne den Mehraufwand bei der Straßenreinigung und der Müllabfuhr würde das Wohnquartier zum Slum verkommen. Und Eike Christian Appeldorn von der Steg sagt: "Unser Job ist es nicht, die Menschen zu erziehen."

Allerdings: An den Schulen und in Sportvereinen ist das Thema Müll an der Tagesordnung, damit die Kinder lernen, das Wohnumfeld sauber zu halten. Der türkische Verein "Dersimspor" plant beispielsweise Müll-Sammelaktionen. Appeldorn sagt, dass manche Pflanzbeete und Baumscheiben im Wohnviertel auch so groß angelegt worden sind, dass sie zum Ablegen von Müll einladen. Auf den Baumscheiben sind nun Fahrrad-Stellplätze mit Anschließbügeln vorgesehen, um das Ablegen von Müll zu verhindern. Zudem sollen Bewohner künftig mit Hinweistafeln angeregt werden, die Beete in Eigenregie zu bepflanzen und darauf kleine Gärten anzulegen. Und eine Comic-Broschüre ist geplant, die zeigen soll, dass Müll in die Tonne und nicht auf die Straßen gehört. Der Sanierungsbeirat für das Phoenix-Viertel, dem Grundeigentümer, Mieter, Gewerbetreibende und Politiker angehören, kommt jeden zweiten Monat im Monat, zumeist um 19 Uhr im Bildungs- und Gemeinschaftszentrum "Feuervogel" zu Beratungen zusammen. Appeldorn: "Wir würden uns freuen, wenn noch mehr Bewohner des Quartiers an den Gesprächen teilnehmen."