Der marode Schornstein der Phoenix soll verkürzt werden. Genehmigung steht noch aus

Harburg. Für Harburgs langen Lulatsch, den 75 Meter hohen Schornstein auf dem Gelände der Phoenix Werke an der Hannoverschen Straße, gibt es nach seiner bisher gut 90jährigen Standzeit noch eine kleine Fristverlängerung, bevor er in seiner Höhe um zwölf Meter gekürzt wird. Mario Töpfer, Sprecher des Mutterunternehmens ContiTech in Hannover sagt: "Wir haben beim Bauamt in Harburg den Antrag für den Rückbau eingereicht. Uns liegt aber noch keine Genehmigung für die Einkürzung auf 63 Meter vor."

Nach Angaben des Unternehmenssprechers werden derzeit Angebote für die Arbeiten eingeholt. Töpfer: "Dann werden wir auch die auf uns zukommenden Kosten besser einordnen können." Das Unternehmen rechnet nun mit dem Beginn des Rückbaus im August. Ursprünglich war dieses Frühjahr für den Beginn der Arbeiten angepeilt worden.

Für die Phoenix Compounding Technologie, die am Standort Harburg rund 800 Mitarbeiter beschäftigt und weitere 800 Mitarbeiter bei Phoenix Dichtungssysteme und Vibracoustic, ist der Schlot ebenso komplett verzichtbar wie der in Höhe von 30 bis 38 Meter rund um den Schornstein gebaute blau-weiße Wassertank mit der markanten Aufschrift "Phoenix". Schornstein wie Wassertank sind marode und könnten eigentlich komplett abgerissen werden. Aber was wäre Harburgs Stadtbild ohne dieses markante und historisch wertvolle Industriebauwerk.

Das ursprüngliche Ansinnen des Unternehmens, den Schlot komplett zu zerlegen, wurde deshalb von Bezirkspolitikern zurück gewiesen, weil auch zahlreiche Bewohner Harburgs und ebenso die Denkmalschützer der Hamburger Kulturbehörde den Anblick der städtebaulichen Landmarke nicht missen wollten. Da hatte selbst das Angebot des Unternehmens, die Höhe um 15 Meter reduzieren zu wollen, keine Chance. Zwölf Meter lautete letztendlich der Kompromiss, der vergangenes Jahr ausgehandelt worden war.

Für das Industrieunternehmen wäre es ausreichend, so hatte es der Harburger ContiTech-Werksleiter Peter Scholtissek im Stadtplanungsausschuss gesagt, wenn statt des gemauerten Schornsteins eine Edelstahlröhre aufgestellt werden würde, die lediglich drei Meter höher als die Dächer der Umgebung sein müsste. Baurechtlich wäre gegen die Edelstahlröhre nichts einzuwenden. Und auch der Wassertank, der für einen gleichmäßigen Wasserdruck in den Leitungen des Industriebetriebs sorgt, ist heutzutage verzichtbar, weil elektronisch geregelte Pumpen den Wasserdruck ebenfalls konstant halten können.

Laut Gutachten weist der Phoenix-Schlot in seinem oberen Abschnitt erhebliche Mängel auf. Im Stadtplanungsausschuss hatten sich Politiker die Schäden auf Fotos ansehen können: Herausgebrochene Ziegel im Innern wie im Außenbereich. Ebenso gibt es zum Teil tiefe Risse im Beton des oberen Schornstein-Ringbalkens. Beim Wassertank gibt es Mängel am Stahl des Behälters und an den Wasserleitungen.

Der auf 63 Meter Höhe gekürzte Schornstein und der Wassertank mit der Phoenix-Aufschrift sollen laut Werksleiter Scholtissek in einen Zustand versetzt werden, in dem das Bauwerk noch weitere Jahrzehnte erhalten werden kann. Bei so guten Zukunftsaussichten hatte Ausschussmitglied Jürgen Duenbostel (Linke) angeregt, den Schornstein künftig einer islamischen Harburger Gemeinde als Minarett anzubieten. Mit dieser Idee stand der Abgeordnete allerdings auf einsamem Posten. Und der Werksleiter hatte dazu auch deutlich gemacht, dass Unbefugte das Werksgelände ohnehin nicht betreten dürfen.

Die Wurzeln des Harburger Phoenix Werks reichen bis ins Jahr 1856 zurück. Albert und Louis Cohen, Söhne einer jüdischen Hamburger Bankiersfamilie, hatten in Frankreich Erfahrungen mit der Kolonialware Kautschuk gesammelt. In Harburg ließen sie zunächst eine Schuhfabrik bauen, nach dem Zweiten Weltkrieg wurden unter anderem Autoreifen der Marke Firestone-Phoenix produziert. 2004 war Phoenix vom Konkurrenten Continental übernommen worden und kam 2007 unter das Dach der Tochter ContiTech.