Die Manufaktur “Parzelle 43 “ aus Wilhelmsburg entwirft junges Lauben-Design für die neue Schrebergarten-Generation jenseits der Spießigkeit.

Wilhelmsburg. Zwei Frauen. Auf einer Parzelle. Und auch noch ohne Gartenzwerge. Geht so viel Modernismus in einem deutschen Schrebergarten? Auf Parzelle 43 in dem Wilhelmsburger Kleingartenverein "Op Schulzes Eck" zeigt sich der Wandel der deutschen Schrebergarten-Szene. Lange Zeit galten Kleingartenkolonien als Rentner-Oasen und mindestens so spießig wie Dackel. "Mittlerweile kommt die junge Generation nach", sagt Nicola Grzonka, 33. Es sei herrlich, eine Alternative zum Spielplatz zu haben, sagt die Mutter eines einjährigen Sohnes. Zusammen mit Katja Scholz, 36 und ebenfalls Mutter, hat sie die Parzelle 43 gepachtet. Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde sind knapp die Hälfte aller Neumitglieder junge Familien.

Parzelle 43 ist nicht nur Abbild des Generationenwechsels in deutschen Kleingärten. Sie ist auch der Name einer Manufaktur für Kleingartenkunst. Die beiden Innenarchitektinnen Nicola Grzonka und Katja Scholz entwerfen Stylisches für die Laube und verändern auf diese Weise schleichend von innen das Bild des klassischen Schrebergartens. Mit gestanzten Silberlöffeln und Saatgut in Vintage-Tassen arbeiten die beiden Kleingarten-Designerinnen subversiv an der Ablösung des Gartenzwergs und hässlicher Pflanzschilder aus Plastik. Am Sonnabend, 20. April, zeigt die Manufaktur "Parzelle 43" junges, urbanes Lauben-Kunsthandwerk auf dem Markt "Mit Liebe gemacht" in Wilhelmsburg.

Geranien an der Laube waren gestern. Sozusagen das iPad der Garten-Deko ist die Teetasse aus der Produktion der "Parzelle 43". Die Lauben-Designerinnen funktionieren alte Trinkgefäße zu Minibeeten um und verwandeln silberne Teelöffel in Pflanzschilder. Kein altbackenes und dazu noch politisch-inkorrektes Plastikschildchen steckt dann mehr in der Erde. Im modernen Schrebergartenbeet verrät ein edler Silberlöffel mit von Hand eingestanzter Aufschrift, was später aus der Erde kommt.

"Wir haben uns überlegt, wie man Pflanzschilder schön machen kann", erklärt Nicola Grzonka das neue Produkt. Mit der "Teetasse", so der Produktname, habe "Parzelle 43" das Thema Upcycling, also die Aufwertung alter Materialien, aufgegriffen. Tassen und Löffel kauft die Manufaktur auf Flohmärkten. Für Comic-Freunde gibt es auch Pflanzschilder aus Holz in Form von Sprechblasen.

Insgesamt vier Frauen bilden die Manufaktur "Parzelle 43", eine Kooperation zwischen Hamburg und Berlin. Neben Nicola Grzonka und Katja Scholz aus Wilhelmsburg gehören noch zwei Freundinnen dazu, die in der Bundeshauptstadt eine kleine Siebdruckerei betreiben. Von dort stammen auch Postkarten und Geschirrtücher, die mit Gartenweisheiten bedruckt sind. "Graben und hacken macht rote Backen" steht zum Beispiel darauf.

In ihrem Beruf als Innenarchitektin entwerfen die Frauen am Computer Einrichtungen für Messen, Läden oder Cafés. Als Lauben-Designerinnen dagegen legen sie Hand an, schlagen mit Hammer und Nagel einzeln jedes Muster in Windlichter. Jedes Produkt ist Handarbeit, ein Unikat. "Wir entwerfen, was wir gerne hätten", sagt Katja Scholz.

"Parzelle 43" produziert nicht in der Gartenlaube, denn das ist im Kleingartenverein verboten. Nicola Grzonka und Katja Scholz haben für die Fertigung ein 16 Quadratmeter großes Atelier in der Witternstraße in Wilhelmsburg gemietet. Dort arbeiten auch Modedesignerinnen. Die jungen Städter von heute begnügen sich mit der Veränderung im Kleinen: Die Abdankung des Gartenzwergs und das eigene Gemüse aus Bio-Anbau genügt ihnen als erster Schritt in eine bessere Welt.

50 Aussteller zeigen beim Markt für Kunst, Handwerk und Design am Sonnabend in der Honigfabrik in Wilhelmsburg ihre Produkte. Seit dem Jahr 2009 organisiert die Kunsthistorikerin und Projektmanagerin Lena Fandree, 34, die Leistungsschau der kleinen Hinterhof-Werkstätten. "Wir zeigen nur Unikate, die in Handarbeit produziert sein müssen", erklärt sie die wichtigste Voraussetzung.

"Mit Liebe gemacht", Markt für Kunst, Handwerk und Design, Sonnabend, 20. April, 14 bis 18 Uhr, Honigfabrik in Wilhelmsburg, Industriestraße 125-131, Eintritt frei.