Das Landkult-Jugendtheater führt das Stück “Kerle mieten“ nach dem Buch von Kirsten Boie auf. Kleinkunst in Hoopte vom 24. bis 28. April.

Hoopte . "Theater heißt auch Übertreibung", fordert Regisseurin Sabine Lehmbeck die 13 Jahre alte Isabelle Intemann zu einer noch schnippischeren Mimik auf. "Du darfst lächeln. Aber nicht so freundlich. Mehr von oben herab." Isabelle spielt den frühreifen Teenager Janina. Eine "Tussi", die im Klassenzimmer statt des Füllfederhalters den Lippenstift zückt. Und Hefte hat sie schon gar nicht nötig. Der Vamp hat einen älteren Jungen verführt. Und sagt deshalb den wohl schönsten Satz aus Kirsten Boies Jugendbuch "Kerle mieten": "Bio hab' ich bald zu Hause!"

Kirsten Boie ("Alhambra", "Der kleine Ritter Trenk") zählt zu den erfolgreichsten Jugendbuchautoren Deutschlands. Im Jahr 2007 wurde die Hamburger Autorin mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Die Jugendtheatergruppe des Landkult-Kleinkunstfestivals inszeniert den Jugendroman "Kerle mieten" als Schauspiel. Premiere war bereits im vergangenen Jahr. Das festivaleigene Jugendtheaterensemble führt das Stück nun noch einmal beim Frühjahrs-Landkult am Sonnabend, 27. April, auf der Scheunenbühne des Apfelhofes Lehmbeck in Hoopte auf.

"Männer kaufen Frauen", hat schon Herbert Grönemeyer gesungen. Eine gesellschaftliche Tatsache, die es bis weit oben in die Hitparade gebracht hat, die heute jeder Teenager kennt. In "Kerle mieten" drehen zwei Mädchen den Spieß um: Die geschäftstüchtige Lissa und ihre Freundin Lulu gründen einen Begleitservice und vermieten einen Kerl. Mädchen suchen sich einen männlichen Begleiter aus, zahlen und schicken ihn wieder nach Hause, wenn sie ihn nicht mehr brauchen. So wie die schüchterne Ann-Marie (gespielt von Marie Bardowicks, Tochter des Comedians Sven B.), die einen Begleiter für den Tanzabend des Tennisvereins sucht. Doch die Ware Liebe führt die Pubertierenden an den Rand des Wahnsinns. Die Hormone lassen die Teenager durchdrehen und die zunächst geniale Geschäftsidee schürt Eifersucht und Streit.

Vor der wohl größten schauspielerischen Herausforderung steht die elf Jahre alte Lia Malina. Das Mädchen spielt einen siebzehneinhalb Jahre alten Kerl. Der Typ, der vermietet wird. "Ich habe noch nie ein Mädel gespielt", sagt Lia keck. Sie trägt einen Hut, ähnlich wie Jan Delay, und eine Sonnenbrille - wie es coole Heranwachsende eben so tun. Lia muss in der Rolle des anderen Geschlechts besonders auf Mimik und Gestik achten - sozusagen wider ihre Natur. Als Kerl geht sie auf der Bühne etwas breitbeiniger. Eine andere Regieanweisung für Lia lautet, die Hände in die Hüften zu stemmen - Männer machen das so. In weiteren Rollen spielen noch Jannik Beuster, Antonia Goldbeck, Malte Goetsch, Julius Lehmbeck, Franka Standke und Julia Wolf.

Theater heißt auch viel Fantasie: Gerade bei einem Jugendtheater, das nicht wie große Schauspielhäuser auf Kulissenbauer oder eine Drehbühne zurückgreifen kann. Die Ortswechsel in dem Roman - Szenen spielen im Klassenzimmer, auf dem Schulhof, in der Fußgängerzone und in der Disco - löst Regisseurin Sabine Lehmbeck mit einem fantasievollen Einfall. Mit verschiedenen Motiven bedruckte Papphocker symbolisieren die verschiedenen Handlungsorte. Ein mit Komponenten von Stereoanlagen bedruckter Hocker steht für die Disco, Wolkenkratzer für die Stadt.

Das Script und die Aufführungsrechte hat das Landkult-Jugendtheater von dem Verlag für Kindertheater Uwe Weihendorf erworben. Obwohl die Romanvorlage für das Stück von einer der bedeutendsten deutschen Jugendbuchautorinnen der Gegenwart stammt, sind die Rechte erschwinglich. 60 Euro habe das Jugendtheater aus Hoopte im vergangenen Jahr bezahlt. Die Höhe der Summe richtet sich nach der Anzahl der verkauften Eintrittskarten.

Änderungen am Script, und seien sie noch so marginal, sind unerwünscht - diese Erfahrung musste das Landkult-Jugendtheater machen. Einen im Original in französischer Sprache gehaltenen Text schrieb Sabine Lehmbeck ins Englische um. Ihr Sohn Julius, der gleich drei Lehrer spielt, hat in der Schule als zweite Fremdsprache Latein gewählt und spricht kein Französisch. Zunächst habe sich der Verlag quer gestellt und erst später die Änderung akzeptiert, berichtet Lehmbeck.

Das Skript für seine nächste Produktion wird sich das Landkult-Jugendtheater voraussichtlich selbst schreiben. Es soll um Kinder gehen, die den Politikbetrieb gehörig aufmischen.