Bei der Langen Nacht der Museen reisen Besucher ins Mittelalter - und lernen Türkisch. 30.000 Menschen haben am Wochenende das Angebot in insgesamt 53 Ausstellungshäusern in Hamburg besucht.

Harburg/Veddel . "Heißt das Helms-Museum?" fragt ein Mann, der in der Gruppe offenbar Führungsqualitäten beweisen möchte. Fünf Männer und Frauen stehen am S-Bahnhof Harburger Rathaus vor dem Stadtplan und orientieren sich. "Nein, Electrum", ruft eine Frau. "Wir wollen ins Electrum!" Das kleine Museum für Elektrizität im Harburger Binnenhafen ist attraktiv, weil es Hamburgern aus dem Norden der Stadt nicht bekannt ist und deshalb als Geheimtipp gilt. 30.000 Menschen haben am Wochenende die Lange Nacht der Museen in insgesamt 53 Ausstellungshäusern in Hamburg besucht. Menschen lernen dabei völlig neue Orte in ihrer Stadt kennen - und auch neue Welten.

Das Archäologische Museum Hamburg in Harburg versetzt seine Besucher zurück ins Mittelalter. Zehn Darsteller in der vor 1000 Jahren üblichen Kleidung machen Geschichte lebendig. "Wir versuchen den Leuten auf gut recherchiertem Niveau den Alltag von damals zu zeigen", sagt Andreas Franzkowiak. Der Außenhandelskaufmann aus Halstenbek im Kreis Pinneberg hat das Mittelalter-Treiben organisiert und ist etwa sechs- oder siebenmal im Jahr als historischer Darsteller unterwegs. Ambitionierter Realismus kann ein teures Hobby sein. Ein Meter handgewebter Stoff wie vor 1000 Jahren koste 150 bis 200 Euro, sagt Franzkowiak. Es sei eben aufwendig, einen der wenigen, meist nur noch in Museen existierenden Webstühle arbeiten zu lassen.

Anne Stempel rührt über dem Feuer den Eintopf an, wie ihn unsere Vorfahren im Mittelalter gegessen haben. Dinkel, Linsen, Zwiebeln, Lauch, Möhren, Fenchel, Petersilie, Schnittlauch, Kerbel, Koriander, Gemüsebrühe, Salz und Pfeffer sind darin. Archäologen haben das Rezept aus den Überresten an entdeckten Keramikscherben rekonstruiert.

Armbrust, Schwert, Rüstung - mit seinem ritterlichen Waffenarsenal zieht der Lübecker Tobias Frin die Aufmerksamkeit auf sich. Der acht Jahre alte Frederik hört gespannt zu, als Frin die Leistungskraft mittelalterlicher Kampftechnik erklärt. In Tests hätten Wissenschaftler mit einer modernen Polizeipistole auf eine Ritterrüstung geschossen. "Nur eine Beule war darin", sagt Tobias Frin.

Frederik lebt in Fuhlsbüttel. Seine Eltern haben sich in der langen Museumsnacht den Hamburger Süden als Ziel ausgesucht. "Frederik interessiert sich für das Mittelalter", sagt seine Mutter, Wiebke Havemeister. Die Lebensmittelchemikerin selbst ist neugierig auf das nächste Familienziel, die Ausstellung im Wälderhaus in Wilhelmsburg.

Die Journalistin Julia Weigelt indes lernt in der BallinStadt einige Brocken Türkisch. Die Einwanderung aus der Türkei ist an diesem Abend das Thema in der Auswandererwelt auf der Veddel. Hakki Yenice, sonst Gästebetreuer der BallinStadt, macht 20, zumeist junge Deutsche mit den Eigenarten der türkischen Sprache vertraut. Der 30 Minuten lange Crashkurs beginnt mit den Unterschieden im Alphabet. Das Türkische "C" spricht sich wie das "J" in Jeans, das "S" ist weich wie im deutschen Wort "Soße". Die Buchstaben "W" und "X" gibt es im Türkischen gar nicht. Macht nichts, aus Taxi wird so"Taksi".

Die gut gemeinte Frage nach dem Befinden ist ein echter Zungenbrecher: "Nasilsiniz?" (Wie geht es Ihnen?). Zu schwer? Das Türkische hat auch seine Vorteile: "Wir haben keine Artikel", sagt Hakki Yenice ein wenig triumphierend - also keine Probleme mit "der, die, das". Türkische Worte sind meist kürzer als deutsche. Und überraschend: Viele Wortstämme kennt man aus dem Französischen. Da kommt man gerne wieder: Hoscakal (sprich: Hotschschakall) - Auf Wiedersehen!