Seit Jahresbeginn wurden in der Region bereits drei Fälle von rückichtsloser Überladung bekannt. Steckt etwa ein System dahinter?

Winsen . Die Autobahnpolizei Winsen hat in diesem Jahr schon drei Schweinetransporter gestoppt, die deutlich zu viele Tiere an Bord hatten. Hinzu kommen acht Transporte, bei denen die Beamten leichtere Verstöße feststellten. Das ist die Bilanz von Polizeioberkommissar Peter Schilling, 50, auf Anfrage des Hamburger Abendblattes. "Wir halten die Viehtransporter im Rahmen des normalen Streifendienstes an", sagt der Verantwortliche für den Bereich Tiertransporte. Oft komme die Autobahnpolizei aber gar nicht zum Kontrollieren - Stau- und Unfallabsicherung sowie Unfallaufnahme binden die Kräfte. "Deshalb ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer bei den Verstößen gegen die Tierschutztransportverordnung sehr hoch ist."

Zuletzt hatten die Beamten am Karfreitag am Autobahnparkplatz Garlstorfer Wald an der A 7 einen überladenen Schweinetransporter gestoppt. Im Lkw waren 70 Sauen, 56 Mastschweine und zwei Eber eingepfercht. "der Wagen war offensichtlich überladen", sagt Peter Schilling, der sich vor Ort ein Bild machte. Der Fahrer, 49, eines Viehtransportunternehmens aus dem Kreis Itzehoe musste sein Gespann zu einer Viehsammelstelle in Bad Fallingbostel (Heidekreis) fahren. Dort kam das Gefährt auf die Waage. Das Ergebnis: 47,14 Tonnen statt der erlaubten 40 Tonnen Gesamtgewicht - eine Überbeladung von 17,85 Prozent.

Doch das war nicht der einzige Verstoß: Acht Sauen und ein Eber waren gemeinsam in einer Gruppe untergebracht - die Tierschutztransportverordnung hat die Obergrenze bei fünf Tieren festgelegt. Außerdem müssen Sauen und Eber getrennt transportiert werden.

Polizeioberkommissar Peter Schilling kontaktierte sofort den amtlichen Tierarzt Knut Siebert, der an diesem Tag Bereitschaftsdienst hatte. "Wir haben gemeinsam beschlossen, dass 30 Sauen abgeladen werden müssen", sagt Knut Siebert. So musste der Fahrer einen weiteren Viehtransporter aus dem Kreis Itzehoe anfordern, der die 30 Tiere aufnahm. Erst danach ging die Fahrt für die Schweine weiter zum eigentlichen Ziel, dem Schlachthof Westphal GmbH in Herzebrock-Clarholz in Ostwestfalen. Dort kamen die Tiere am vergangenen Sonnabend an den Haken. Den Namen des Viehtransportunternehmens aus dem Kreis Itzehoe teilt die Polizei "aus datenschutzrechtlichen Gründen" nicht mit.

Den Landkreis Harburg durchkreuzen die Hauptrouten zu den großen Schlachthöfen in Deutschland. Peter Schilling kennt die großen Tiertötungsstätten: Viele Tiere gehen zum Tönnies Fleischwerk (Tönnies Lebensmittel GmbH & Co. KG) in Rheda-Wiedenbrück (Nordrhein-Westfalen) und in Weißenfels (Sachsen-Anhalt) auf ihre letzte Reise. Allein in den Betrieben des Tönnies-Imperiums wurden 2011 über 16 Millionen Schweine geschlachtet. Damit liegt der Konzern bei der Schweineschlachtung in Deutschland an der Spitze. Der Jahresumsatz betrug rund 4,5 Milliarden Euro. Bei Tönnies hergestellte Fleischprodukte werden unter anderem unter den Markennamen Tillman's und Landdiele bei Aldi und Lidl sowie bei Rewe vertrieben.

Viele Viehtransporter, die den Landkreis Harburg durchqueren, sind auch auf dem Weg nach Luckau im Landkreis Lüchow-Dannenberg und nach Hannover (Firma Vogler Fleisch GmbH & Co. KG) oder zur Firma D&S Fleisch GmbH in Essen im Landkreis Cloppenburg (Niedersachsen). "In Schleswig-Holstein", sagt Peter Schilling, "werden kaum noch Schweine geschlachtet."

Auch am Sonntag, 17. März, war ein Viehtransporter aus Nordrhein-Westfalen den Beamten der Autobahnpolizei auf dem Autobahnparkplatz Garlstorfer Wald (A 7) in die Fänge geraten. Das Gespann hatte mit 185 Schweinen deutlich zu viele Tiere geladen. Der Fahrer, 44, musste 38 Tiere abladen, bevor er weiterfahren durfte. Sein Gespann wog 45 Tonnen statt der erlaubten 40 Tonnen. "Außerdem hatten die Schweine auf dem Anhänger 13 Quadratmeter zu wenig Platz", erinnert sich Peter Schilling.

Nicht besser war es Schweinen am 1. Februar ergangen. Die beiden ungarischen Fahrer, 24 und 26, waren mit ihrem Sattelzug unterwegs von einem Mastbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern zum Schlachthof nach Hannover. Polizisten stoppten sie an der A 7 in Höhe Bispingen. Das Fahrzeug brachte 46,5 Tonnen statt der erlaubten 40 Tonnen auf die Waage. Beamte und der amtliche Tierarzt ordneten eine Umladung von 55 der insgesamt 200 Schweine an. Die Tiere hatten 14 Quadratmeter zu wenig Platz.

Auf den Karfreitags-Schweinefahrer dürfte ein Bußgeld von 400 bis 500 Euro zukommen. Auf die Viehtransportfirma aus dem Kreis Itzehoe noch einmal rund 1000 Euro. "Die genaue Höhe ist davon abhängig, wie oft das Unternehmen schon auffällig geworden ist", sagt Peter Schilling. Der Oberkommissar nennt das Schweinegepferche "eine Sauerei - Viehtransportunternehmen und Fahrer kennen die zulässigen Höchstgewichte genau. Sie hoffen einfach darauf, dass sie unkontrolliert von A nach B fahren können." Schweine, weiß Peter Schilling, sind hoch sensible Tiere. "Wenn die in Stress geraten, wirkt sich das auf das Verhalten und die Fleischqualität aus. Keiner kann ein Interesse haben, Schweine schlecht zu transportieren, weil jeder ja hochwertiges Fleisch essen möchte."