Wie Harburgs Wirtschaftslenker Nachrichten konsumieren und in ihren Unternehmen kommunizieren

Harburg. Vom elften Stock des Kaispeichers am Veritaskai hat man einen majestätischen Ausblick. Über den Harburger Binnenhafen kann der Blick bis zur Skyline der Hamburger City mit Elbphilharmonie, Michel und dem Riesenrad des Doms schweifen. Die beeindruckende Kulisse bot am Dienstagabend den passenden Hintergrund für das Monatstreffen des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden. Zu dem nicht nur die US-Generalkonsulin Inmi Kim Patterson eingeladen war, sondern auch Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider, der zum Thema "Die Zukunft der Zeitung" referierte.

Kaum eine andere Branche befindet sich in einem solch umfassenden Umbruch. Sinkende Auflagen, wegbrechende Anzeigenerlöse und eine immer stärkere Konkurrenz durch das Internet machen den Printmedien landauf, landab zu schaffen. Da bedarf es neuer Denkansätze und Geschäftsmodelle. Nicht zuletzt deshalb weilte Haider gerade mit mehreren Managern des Medienunternehmens Axel Springer im kalifornischen Silicon Valley. Wo all jene Global Player von Apple bis Google zu Hause sind, die für die gesamte Medienwelt "Bedrohung und Inspiration zugleich" sind, wie es Haider formulierte.

Ins große Wehklagen mochte er dennoch nicht einstimmen. Zeitungen müssten nun die "Komfortzone" verlassen und Nachrichten anders aufbereiten, als bisher. Weil sich deren Konsum eben radikal verändert habe, sei es zwingend notwendig, in Zukunft alle Kanäle zu bespielen. Also das Internet ebenso wie Smartphones und Tablets, die heute fast von jedem Zweiten genutzt werden. Haider: "Auch deshalb erreichen wir mit dem Abendblatt heute täglich rund eine Million Menschen, so viele wie nie zuvor." Die meisten davon würden nach wie vor die klassische Zeitung nutzen, die Online-Leserschaft wachse aber rasant.

Wie halten es namhafte Vertreter des Wirtschaftsvereins? Das Abendblatt hat sich umgehört.

Jochen Winand, Vorsitzender des Wirtschaftsvereins und Vorstandschef der Süderelbe AG, liest täglich drei Zeitungen klassisch-haptisch: das Abendblatt, die "Harburger Anzeigen und Nachrichten" sowie die "Welt". Im Internet checkt er zudem regelmäßig "Spiegel online", "BBC" und "NTV". Winand: "Die Nutzung digitaler Medien hat bei der Süderelbe AG spürbar zugenommen. Das lässt sich schon daran ablesen, dass bei unseren Umzügen in der jüngeren Vergangenheit trotz steigender Mitarbeiterzahlen immer weniger Schränke transportiert wurden." Da die Süderelbe AG ein Dienstleister ohne fixe Öffnungs- und Bürozeiten sei, müsse er von seinen 25 Kollegen einfach verlangen, dass sie im Umgang mit modernen Medien versiert seien. Das Gros der internen Kommunikation erfolge per E-Mail, jedem Mitarbeiter stünde aber auch ein iPhone zur Verfügung.

Beim Backhaus Wedemann setzt die geschäftsführende Gesellschafterin Franziska Wedemann derweil nach wie vor auf das persönliche Gespräch: "Die meisten unserer 100 Mitarbeiter agieren schließlich an einem Standort mit kurzen Wegen." Den Online-Verkehr sieht sie am liebsten auf das Notwendigste reduziert. So würden sich mehrere Kolleginnen eine E-Mail-Adresse teilen. "Bei der Auftragsannahme ist Mail-Kontakt sicher sinnvoll. Ansonsten aber versuchen wir bewusst, eine überbordende Mailflut zu verhindern", sagt Franziska Wedemann.

Für die Chefin selbst sind Smartphone und Laptop unverzichtbare Arbeitsgeräte. Die Zeitung lese sie aber am liebsten gedruckt. Vor allem sonntags bei einer Tasse Kaffee, das sei gewissermaßen Familientradition. "Für mich ist das Zeitunglesen Ausdruck des Innehaltens, da darf die Zeit auch mal still stehen", so Franziska Wedemann.

Auch Steuerberater Carsten Stolle verkörpert bei der Rezeption von Nachrichten noch "alte Schule". Abendblatt, "Handelsblatt" und gelegentlich die "Bild"-Zeitung würden natürlich auf Papier gelesen. Im Büro spreche er mit seinen drei Mitarbeitern generell persönlich und seine E-Mails checke er außer Haus regelmäßig per Smartphone und Laptop. "Ich gebe aber zu, dass ich mich da sehr disziplinieren muss, weil das sonst zu viel Zeit frisst", so Stolle.

Für Heinz Lüers, Chef der Sparkasse Harburg-Buxtehude, sind die digitalen Endgeräte inzwischen unverzichtbar. "Auch Zeitung lese ich zunehmend auf dem iPad, weil ich so Artikel zu bestimmten Themen besser selektieren kann", sagt Lüers. Rund die Hälfte der innerbetrieblichen Kommunikation laufe über E-Mails, das betreffe zunehmend auch den Kontakt zu Kunden. Selbstverständlich sei die Sparkasse auch in den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter aktiv, obwohl er sie für den konkreten Geschäftsverkehr nur bedingt für geeignet hält.

Allerdings lässt sein Geldhaus gerade eine Beratungs-App speziell für Tablets entwickeln. Lüers: "Auch die Vertriebswelt befindet sich komplett im Umbruch. Ich könnte mir vorstellen, dass wir unsere Mitarbeiter in ein, zwei Jahren mit iPads ausrüsten, um Geschäfts- wie Privatkunden verstärkt online beraten zu können."