Wildblumenstreifen an den Äckern sollen für Artenvielfalt sorgen, Anträge noch bis Ende März möglich

Stade/Buxtehude. Farbenfrohe Feldraine, in denen sich Insekten tummeln, Areale in denen Singvögel Schutz und Nistmöglichkeiten finden, Reviere in denen Fasane, Rebhühner und Wachteln neue Lebensräume bekommen, sollen künftig im Landkreis Stade vermehrt geschaffen werden. Für mehr Natur und Artenvielfalt haben der Landkreis Stade, die Kreisjägerschaft und das Landvolk das Projekt "Blühendes Leben - Mitmachen lohnt sich" initiiert. Mit Zustimmung des Kreisausschusses stellt der Landkreis ab diesem Jahr jährlich 35.000 Euro zur Verfügung, damit in der Landschaft "Blühstreifen" eingesät oder "Lerchenfenster" auf Ackerflächen angelegt werden können.

Aus diesem Fördertopf können Landwirte, die sich an dem Projekt beteiligen wollen, noch bis zum 31. März Fördergeld beantragen. Die Ernteverluste auf den von Landwirten dafür bereitgestellten Flächen an Feldrainen wird mit 7 Cent pro Quadratmeter, also 700 Euro pro Hektar, ausgeglichen.

Landrat Michael Roesberg hat mit dem Vorsitzenden der Kreisjägerschaft, Peter Heinsohn, und Kreislandwirt Johann Knabbe eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. "Wichtig ist, dass auch die Städte und Gemeinden bei der Aktion Blühendes Leben mitmachen, denn sie verfügen oft genug an ihrem Wegenetz auf weiten Strecken über geeignetes Gelände", sagt Roesberg.

Städte und Gemeinden hätten doppelten Vorteil, wenn sie an öffentlichen Wegrändern blühendes Leben entstehen lassen, so Roesberg. "Der Landkreis Stade als untere Naturschutzbehörde erkennt Blühstreifen als Kompensation für Eingriffe in die Natur an." Die Gemeinden würden so Geld für den Grunderwerb sparen. Allerdings sollten sie zuvor die Wege auf ihre ursprüngliche Breite hin vermessen lassen. Auch Betriebe, die Ausgleichsflächen suchen, können geeignete Flächen für die Aktion "Blühendes Leben" anbieten.

Das Geld für die Finanzierung des Projektes stammt aus der Jagdsteuer, die der Landkreis künftig zweckgebunden wieder an die Jägerschaft zurückgibt. Die Jagdpächter sind es auch, über die laut Vereinbarung Förderanträge gestellt werden können.

An Feldrainen und Wegerändern, die mindestens 2,50 Meter, besser aber sechs bis neun Meter breit sind, soll jedes Jahr bis Mitte Mai heimische Wildblumensaat eingebracht werden, damit sich die Blühstreifen über Jahre zu artenreichen Biotopen entwickeln können. Pflanzenschutzmittel und Dünger sind dort nicht erlaubt.

Vor allem für die Imker ist das eine gute Nachricht. Denn gerade für ihre Honigbienen, deren Bestände in den vergangenen Jahren von der Varroa-Milbe schwer dezimiert wurden, bieten diese neuen Nahrungsquellen mehr Überlebenschancen. Lars Kremp, Vorsitzender des Stader Kreisimkervereins plädierte seit Jahren dafür, großflächige Hilfsprogramme zu starten.

Kremp sieht in den Blühstreifen-Projekten, die mit den Obstbauern und Landwirten gemeinsam realisiert werden, oder in der mit dem Kreisumweltamt geplanten Bienenweide bei Kranenburg den richtige Wege zur Kräftigung der Immenbestände. "Flächen mit Löwenzahn, Phacelia (Büschelschön), Kümmel, Koriander, Dill oder Sonnenblumen bieten den Nutzinsekten eine optimale Eiweißversorgung. Damit überstehen sie gestärkt die Winterzeit, bleiben kräftig genug, um Milben zu widerstehen, und starten vital zur Bestäubungsarbeit", sagt der Bienenexperte.

Immerhin könne ein einziges Bienenvolk, zu dem zwischen 20.000 und 40.000 Arbeiterinnen gehören, an einem Tag bis zu drei Millionen Blüten bestäuben. Aber auch Wildbienen, alle Hummel- oder Schmetterlingsarten profitieren von dem neuen Nahrungsangebot, das zudem auch für die Menschen optisch reizvolle Akzente in der Landschaft setzt.

"Dass unsere schöne Landschaft immer eintöniger wird, wollen wir verhindern", begründet Roesberg die Initiative. Denn nach der Raps- und Obstblüte im Frühjahr breche das Nahrungsangebot für Insekten vielerorts zum Sommer schlagartig zusammen. Der Vorsitzende der Kreisjägerschaft, Peter Heinsohn bekräftigte, dass nur konsequentes Handeln den Artenrückgang stoppen könne. "Es darf nicht so weit kommen, dass unsere Enkelkinder Hummeln, Rebhuhn und Fasan nur noch aus dem Internet kennen", sagt Heinsohn. Kreislandwirt Johann Knabbe, der auf dem eigenem Hof bereits einen 800 Meter langen Blühstreifen angelegt hat, ist überzeugt, dass sich einige Wegränder ökologisch aufwerten lassen, selbst wenn es für seine Berufskollegen mit Aufwand und Einschränkungen verbunden sei. "Unsere Landwirte wollen an geeigneten ungenutzten Standorten den Insekten eine Nahrungsbrücke bauen. Letztlich entschädigt jede einzelne Blüte für den Mehraufwand", sagt Knabbe.

Heinsohn will mit den Jägern und Aktiven der Hegeringe auch passende Areale für Huderstreifen und Lerchenfenster suchen, in denen Vögel und Kleintiere, so genanntes Niederwild, Schutz finden.

Ausführliche Informationen zu diesem Naturschutz-Projekt gibt es in der Broschüre "Blühendes Leben" beim Landkreis Stade und im Internet. Landwirte können sich beim Obmann für Natur- und Landschaftsschutz und beiden regional zuständigen Hegeringleitern zu den Antragsformularen informieren oder sie aus dem Internet direkt herunterladen.

www.jaegerschaft-stade.de