St. Patrick's Day: Interview mit einem Harburger Iren und einem irischen Harburger über die Lust am Feiern

Der irische Nationalfeiertag, der St. Patrick's Day am 17. März, fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag. Auch in Deutschland wird er gefeiert. Viele Veranstalter verlegen die Feiern allerdings auf die umsatzstärkeren Abende des Freitags und Sonnabends. So können die Irland-Fans ein ganzes St.-Patrick's-Wochenende lang feiern.

Das fünfte Jahrhundert war eine Zeit, in der niemand so genau mitschrieb, was passierte. Statt belegbarer Quellen entstanden Legenden. So auch die vom einfachen Hirten, der nach Irland entführt wurde; was er nutzte, um mal kurz die ganze grüne Insel zu missionieren. Der heilige Patricius - kurz Saint Patrick - ist seitdem Irlands Nationalheiliger und sein Namenstag am 17. März der Nationalfeiertag der Iren.

Seltsam nur, dass auch die Deutschen ihn immer häufiger begehen - und oft sogar ausgelassener, als den eigenen. Um dieses Phänomen, das viel mit Schwarzbier und Folkmusik zu tun hat, zu ergründen, sprachen wir mit zwei Leuten, die sich da besonders auskennen: Dem Harburger Iren Larry Mathews und dem irischen Harburger Guido Plüschke.

Larry Mathews gehört zu den vielen Iren, die vor dem "Celtic Tiger"-Boom die Heimat verließen, um ihr Glück woanders zu suchen. Doch statt in Boston oder Liverpool lebt er in Appelbüttel. Schuld ist seine Freundin Sabine. Sie sackte ihn um die Jahrtausendwende herum einfach in seinem Heimatort Glenbeigh in der Grafschaft Kerry ein.

Larry Mathews spielt Geige, Gitarre und die irische Rahmentrommel Bodhrán. Seine Band "Blackstone" ist in Norddeutschland ein fester Begriff in der Folkszene. Als Violinist begleitete Mathews gerade Achim Reichel auf dessen "Solo mit Euch"-Tournee. Wie alt er ist, will Mathews nicht verraten "Diese deutsche Besessenheit mit Zahlen amüsiert mich", sagt er. Wer sich seine Geschichten anhört, weiß jedoch, dass Mathews in den 70er- Jahren die Schule verließ und seitdem Musiker ist.

Guido Plüschke ist Deutschlands einziger hauptberuflicher Experte für die irische Rahmentrommel, die Bodhrán. Der studierte Kulturwissenschaftler schrieb sogar seine Magisterarbeit über dieses Instrument. Als Musiker schaffte er es einmal in das Finale der Bodhrán-Weltmeisterschaften. Das war 2008. Er wurde Dritter.

Der 45-jährige Familienvater verdient seinen Lebensunterhalt als Bodhrán-Lehrer und -händler, sowie als Musiker. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Harburger Folk-Band Garifin und ist momentan Teil der Folk-Formation Trasnú sowie der von Experten gefeierten Folk-und-Country-Band "Celtic Cowboys". Außer der Trommel spielt Plüschke auch Banjo, Mandoline und Gitarre.

Abendblatt:

Wie kommt man als Musiker eigentlich auf Irish Folk?

Larry Mathews:

Bei mir ist das ganz einfach beantwortet: Ich bin damit aufgewachsen. Als ich klein war, hatten die meisten Häuser und Höfe im Dorf noch keinen Strom und kein Telefon. Die Leute haben sich einfach spontan gegenseitig besucht, wenn sie etwas besprechen wollten. So war fast jeden Tag Party. Und ohne Strom musste man die Musik eben selber machen. Da hat jeder mitgemacht. Das war so ansteckend, dass sogar die Schüchternsten mit einstimmten, wenn auch vielleicht im Nebenzimmer.

Guido Plüschke:

Ich war schon 19 und bei der Bundeswehr. Ich war mitten im Schwarzwald stationiert. Abends konnte man nur auf der Stube hocken. Ein Kamerad hatte eine Gitarre. Ich hatte auch mal Gitarrenunterricht gehabt und dachte mir, dass Musik wohl besser ist, als sich totzulangweilen. Zurück in Hamburg haben mich dann Freunde für Folk-Musik begeistert, zunächst mit eingängigen Folk-Rock-Stücken, zum Beispiel von Clannad. Wir haben fast jedes Wochenende zusammen gespielt, daraus ist Garifin entstanden.

Wie kam die Entscheidung, Musik zum Beruf zu machen?

Larry Mathews:

Als ich mit der Schule fertig war, wollte ich eigentlich Medizin studieren. Dann dachte ich mir aber: Bis Du damit richtiges Geld verdienst, bist Du 30. In dem Moment fragte mich mein Bruder, ob ich mit ihm auf Tournee gehen wollte. Das war die Entscheidung. So hat es bis zu meinem 40. Lebensjahr gedauert, bis ich wirklich Geld verdiente. Dafür haben mein Bruder und ich aber auch mit vielen Großen der Szene zusammen spielen können.

Guido Plüschke:

Ich habe ja zunächst einen anständigen Beruf gelernt, aber ich wollte nicht Buchhalter bleiben. So begann ich ein BWL-Studium, wechselte auf angewandte Kulturwissenschaften und wurde Musikmanager. Ich arbeitete eine Zeit lang in einer großen Konzertagentur, aber es ergab sich, dass meine eigenen Projekte langsam tragfähig wurden und in der Mischung ein Einkommen ergeben.

Was fasziniert die Deutschen so an irischer Musik, dass sie sogar den irischen Feiertag begehen?

Larry Mathews:

Das kann ich ja nur von außen beurteilen. Ich habe aber festgestellt, dass die Deutschen - entgegen ihrem Ruf - sehr gerne feiern. Sie arbeiten aber auch sehr gerne und brauchen deshalb eine Ausrede fürs Feiern. Da ist der St. Patrick's Day willkommen. Außerdem ist irische Musik sehr emotional und es tut vielen Deutschen ganz gut, sich mal ihren Gefühlen auszusetzen.

Guido Plüschke:

Irische Musik ist lebensbejahend - in allen Aspekten. Das ist schon ein Kontrast zur Deutschen Kultur, in der auch die Düsterheit viel Platz hat.

Wie verbringen Sie das Wochenende?

Larry Mathews:

Wir gestalten die St.-Patricks-Party im Rieckhof mit Blackstone. Zu Gast haben wir außerdem die Tap-Dance-Gruppe Gaelach Gorm, die Band Mugshots (Zu deutsch: Fahndungsfotos) aus Irland, sowie einen deutschen Dudelsacksolisten.

Guido Plüschke:

Am Freitag spiele ich mit den Celtic Cowboys im Maria's Ballroom im Harburger Phoenix-Viertel. Am St. Patrick's Day selbst bin ich dann mit Trasnú in Bremen.