Quickborn-Verlag finanziert sich ausschließlich aus Plattdeutscher Literatur. Verlagsleiter freut sich über steigende Verkaufszahlen

Das Lager des Quickborn-Verlages im urigen Hinterhof am Alten Postweg in Heimfeld ist gut gefüllt. Gefüllt ausschließlich mit Büchern in einer Fremdsprache, die heute sogar an Hamburger Grundschulen unterrichtet wird. Und Englisch ist es nicht.

"Mien Welt blifft Platt", "Dree in Een" oder "Is allens anners as güstern" lauten einige Titel der plattdeutschen Bücher, die der Verlag an Buchhandlungen in ganz Norddeutschland vertreibt. Anders als gemeinnützige Vereine, die sich dem Schutz der niederdeutschen Sprache verschreiben, ist der Verlag ein normaler Wirtschaftsbetrieb, muss also durch sein Schaffen genügend Geld generieren, um überleben zu können. Und das schafft er - seit 97 Jahren. Von Anfang an mit Plattdeutsch.

"Schwierigkeiten hatten wir nur dann, wenn die Konjunktur schlecht dastand, nie aus Mangel an Interesse an der Sprache", sagt Peer-Marten Scheller, der den Verlag 1985 kaufte und seitdem führt. Das Interesse sei sogar stetig gestiegen. Das macht der 56-Jährige an seinen Verkaufszahlen fest, die er jedoch lieber für sich behält.

Wenn es um plattdeutsche Literatur geht, ist Schellers Verlag zurzeit der größte Anbieter auf dem Markt. Viele Verlage haben plattdeutsche Bücher im Angebot, allerdings lediglich als Nische neben dem Hochdeutschen.

Dafür arbeiten zahlreiche Koryphäen der plattdeutschen Unterhaltung mit dem Quickborn-Verlag zusammen. Bücher und Hörbücher von Yared Dibaba, Ina Müller oder Gerd Spiekermann haben durch Scheller bereits ihren Weg in die Regale der Buchhandlungen gefunden.

Auch gegen E-Books und Online-Vertrieb, beispielsweise auf Amazon, sperrt sich der kleine Verlag aus Harburg nicht. "Je natürlicher und moderner der Umgang mit der Sprache, desto besser. Plattdeutsch wird oft viel zu sehr betüdelt", meint Scheller. Und fügt hinzu: "Totreden ist ebenso sinnlos. Plattdeutsch ist nicht tot. Unsere Lesungen sind fast immer ausverkauft, und in Pausen höre ich manchmal, wie selbst junge Leute ganz selbstverständlich Platt miteinander schnacken."

Seine Autorenlesungen veranstaltet der Verlag im Herbst jeden Jahres unter dem Motto "Plattdüütsch für Tohöörers" an Orten in ganz Norddeutschland. Geld verdient Scheller damit nicht. Die acht Euro Eintritt gehen an den Autor und die Bücherhalle. Die Lesungen seien allerdings gute Werbung für seinen Verlag, so Scheller. Gerade ein Sympathieträger wie Yared Dibaba, mit dem sich der Verleger auch persönlich gut versteht, wecke durch seine lockere Art bei allen Altersgruppen das Interesse und den Spaß am Niederdeutschen. 60 Prozent des Publikums bilden laut Scheller den "harten Kern". Dieser sei oft höheren Alters. Die restlichen 40 Prozent wechselten dagegen von Vorlesung zu Vorlesung. Dies sei die Gruppe der Personen, die nicht mehr Platt sprechen, sich allerdings für die Sprache interessieren. Auch jüngeres Publikum ab einem Alter von 20 Jahren findet laut Scheller den Weg in Vorlesungen des Verlags.

Ob sein Verlag in zehn Jahren noch Bestand hat, vermag Scheller nicht zu sagen. Das Plattdeutsche sieht er dann allerdings gestärkt, auch weil die jüngste Generation durch Schulprojekte wie den "Fietje", ein Arbeitsbuch, verlegt vom Quickborn-Verlag, das an zehn Hamburger Grundschulen im Fach "Plattdüütsch" verwendet wird, wieder an die Regionalsprache herangeführt wird. "Viele Eltern können ihren Kindern kein Platt beibringen, weil es früher hieß: 'Platt ward hier nich schnackt'. Wahrscheinlich bringen in Zukunft Kinder ihren Eltern das Plattdeutsche wieder nahe."