7700 Elbinsulaner haben die Nachbarschaftskarte für die Internationale Gartenschau beantragt. Für Kinder entstehen aber versteckte Kosten.

Wilhelmsburg. Die Nachbarschaftskarten für die Internationale Gartenschau (igs) in Wilhelmsburg finden großen Absatz: Insgesamt 7700 Anträge liegen der Gesellschaft igs vor. Anmeldungen sind seit Mitte Oktober 2012 möglich. Mit dem personengebundenen Ticket haben die Bewohner der Elbinseln an insgesamt drei selbst gewählten Tagen freien Eintritt. Die Gartenschau in Wilhelmsburg eröffnet in diesem Jahr am 26. April und endet am 13. Oktober.

4100 Bewohner der Elbinseln hatten bis Weihnachten 2012 das Spezialticket beantragt. Inzwischen seien die Anträge bearbeitet und die Karten produziert, sagt igs-Sprecherin Birte Wicknig. Die Menschen stehen zeitweilig vor dem igs-Zentrum am Gartenschaugelände Schlange, um ihre Freikarten abzuholen. 3600 Anträge seien seit Ende Dezember hinzugekommen. "Und es werden täglich mehr", sagt Birte Wicknig. Mehr als 50.000 Menschen leben in Wilhelmsburg, 5000 auf der Veddel.

Die Freikarte gilt als Dankeschön für Denkanstöße bei der Bürgerbeteiligung. Und als Geste der Entschädigung für Zumutungen, die mit den vielen Baustellen auf dem Gartenschaugelände verbunden waren.

Wegen des bürokratischen Verfahrens ist die gut gemeinte Geste aber in die Kritik geraten und beschäftigt die Politik. Die Linke in Wilhelmsburg hat beanstandet, dass die Nachbarschaftskarte ausgerechnet für Familien doch Geld koste. Kinder erhielten die Freikarte nur, wenn Eltern dem Antrag eine Meldebestätigung beifügten. Die Krux: Jungen und Mädchen hätten zwar in der Regel einen Kinderausweis. Darin ist aber die Anschrift nicht vermerkt. Zwar können alle Kinder einer Familie auf einer Meldebestätigung vermerkt werden. Die Gebühr für das amtliche Papier beträgt aber immerhin noch zehn Euro.

Genau das hat ein Vater in der Bürgerfragestunde des Regionalausschusses Wilhelmburg moniert. Er habe die Nachbarschaftskarte für seinen Sohn nicht ausgehändigt bekommen, weil er ohne Meldebestätigung nicht nachweisen konnte, dass sein Junge tatsächlich auf den Elbinseln lebe. An drei Tagen freien Eintritt zur Gartenschau - das in den Medien verbreitete Versprechen stimme nicht, weil ja eine Gebühr für Kinder zu zahlen sei, gab der Vater zu bedenken. Ein Unding, sagt auch Manfred Schubert (Die Linke). Das Antragverfahren für die Nachbarschaftskarte sei zu sehr mit Misstrauen verhaftet. Die Kinderausweise müssten doch als Nachweis ausreichen. Es sei übertrieben zu glauben, Eltern würden sich Freikarten mit "falschen Kindern" erschleichen wollen, um ein Geschäft zu machen.

Die Linke gibt zu bedenken, dass viele Bewohner der Elbinseln ein Einkommen haben, das im Niedriglohnsegment liege. Eine große Anzahl würde von Arbeitslosengeld oder Hartz IV leben. Sie könnten sich eine Meldebestätigung für ihre Kinder nicht leisten.

Der Regionalausschuss Wilhelmsburg hat jetzt auf Initiative der Linken mit großer Mehrheit die Verwaltung aufgefordert, sich bei der Gesellschaft igs für eine Regelung bei der Vergabe der Nachbarschaftskarten einzusetzen, die ohne Meldebestätigung für Kinder auskomme. Offenbar erübrigt sich sogar die Intervention der Verwaltung. Die Gesellschaft igs hat noch während der Ausschusssitzung in einer Stellungnahme ein unbürokratisches Anmeldeverfahren für Kinder angekündigt: Die Geburtsurkunde der Kinder reiche aus, sagte igs-Büroleiterin Karin Gaedicke. Sie zeigte sich von der Aufregung im Regionalausschuss überrascht: "Es hat bisher keine Probleme gegeben bei dem Nachweis für Kinder." Karin Gaedicke bot dem Vater, der anderes erlebt hatte, sofort ein Gespräch an, um den Fall zu klären.

Eine andere Gruppe Menschen bleibt von dem Nachbarschaftsticket ausgeschlossen: Die Linke wollte den Empfängerkreis der Freikarten auch auf Kleingärtner am und auf dem Gartenschaugelände ausdehnen, die nicht ihren Wohnsitz auf den Elbinseln haben. Viele der auswärtigen Kleingärtner hätten seit mehr als 30 Jahren ihre Parzelle in Wilhelmsburg. Unter den Baustellen auf dem Gartenschaugelände hätten sie am meisten gelitten. Zeitweilig hätten sie keinen Zugang zu ihren Gärten gehabt. Deshalb, argumentierte die Linke, hätten alle Kleingärtner Freikarten verdient.

Die Mehrheit von SPD und FDP lehnte jedoch ab, Nachbarschaftstickets an Menschen zu geben, die nicht in Wilhelmsburg oder Veddel leben. Das Verfahren wäre willkürlich, wenn immer mehr Ausnahmen geschaffen würden.