Die Buchholzerin wird als Trainerin mit Krebspatienten arbeiten. Studien belegen, dass Sport der Neubildung von Tumoren vorbeugen kann.

Buchholz. Die schlimme Diagnose bekam Sigrid Weber im Jahr 2002 in Singapur: Brustkrebs. Die heute 45-Jährige lebte damals mit ihrem Mann, Manager in einem großen Hamburger Unternehmen, und vier kleinen Kindern im asiatischen Stadtstaat. "Die schlimme Nachricht hat mich schockiert", sagt die Buchholzerin, "ein Jahr zuvor war meine Mutter an Krebs gestorben. Ich habe nicht erwartet, dass es auch mich mit 35 Jahren trifft."

Die Ärzte in Singapur, größtenteils in Amerika ausgebildet, seien hoch professionell gewesen, sagt Sigrid Weber. Nach der Operation musste sie sich acht Monate einer Chemotherapie unterziehen, dann sechs Wochen einer Strahlentherapie. Die Hormontherapie dauerte fünf Jahre.

Seit elf Jahren ist Sigrid Weber jetzt gesund. Wenn sie zurückblickt, und bilanziert, was ihr besonders geholfen hat, findet sie prompt eine Antwort: "Sport!" Ihre Onkologin in Singapur habe ihr sofort empfohlen, sich nach der Operation so schnell wie irgend möglich zu bewegen. Und so ging sie in den Fitnessraum, machte Aquajogging und kräftigende Gymnastik.

Gerade hat Sigrid Weber ihre B-Lizenz für Fitness und Gesundheit und eine Ausbildung zur medizinischen Trainingstherapeutin erfolgreich absolviert. Nun hat sie ein neues Ziel vor Augen: Sie will ihr Wissen an Frauen und Männer weitergeben, die an Krebs erkrankt sind. Gelegenheit dazu bietet ihr ein Projekt, das der Sportverein Blau-Weiss Buchholz und das Krankenhaus Buchholz jetzt gemeinsam starten: "Sport hilft heilen". Krebspatienten sollen die Gelegenheit bekommen, unter ärztlicher Aufsicht und betreut durch speziell qualifizierte Trainer ein Bewegungsangebot ihrer Wahl zu nutzen. Sigrid Weber wird eine der Trainerinnen bei diesem Projekt sein.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass regelmäßige körperliche Aktivität der Neubildung von bösartigen Tumoren vorbeugen kann. Das gilt besonders für Darmkrebs und für hormonabhängige Tumoren in der Brustdrüse bei Frauen (Brustkrebs). Laut einer aktuellen Studie bewirken bei diesen Frauen vier Stunden moderater Bewegung pro Woche eine Risikoreduktion um 23 Prozent. Bei intensiver körperlicher Aktivität wird das Risiko, an Krebs zu erkranken, sogar um 47 Prozent gesenkt.

"Sport ist bei einer Krebserkrankung genauso sinnvoll wie eine Chemotherapie", sagt der Ärztliche Direktor des Krankenhauses Buchholz, Dr. Christian Pott. "Sport wirkt positiv auf den ganzen Körper, inklusive des Gehirns. Bewegung hat bei Darm- und Brustkrebs den gleichen positiven Effekt wie eine Chemotherapie."

Sport, das zeigen wissenschaftliche Studien, stärkt das Immunsystem, erhöht die psychische Belastbarkeit, macht die Krebstherapie besser verträglich und schenkt Lebensqualität. Empfohlen werden mindestens 30 Minuten körperliche Aktivität an mindestens fünf Tagen in der Woche, besser 45 bis 60 Minuten.

"Nach der Reha wissen die Krebspatienten zwar, dass Bewegung gut für sie ist, aber sie wissen nicht, wie sie einsteigen sollen", sagt der Vereinsvorsitzende von Blau-Weiss Buchholz, Arno Reglitzky. "Diese Menschen wollen wir an die Hand nehmen." Blau-Weiss bietet für die Krebspatienten unter anderem Nordic-Walking, Jogging, Krafttraining, Radfahren, Schwimmen, Gymnastik und Tanzen. Gefällt die Sportart nicht oder bereitet sie Probleme, können die Neueinsteiger wechseln.

Zusätzlich zu den Übungsterminen in der individuell gewählten Sportart kommen alle Teilnehmer einmal pro Woche zu einer gemeinsamen Trainingsstunde zusammen und tauschen sich über ihre Erfahrungen aus. Einmal im Monat kommt ein auf Tumorerkrankungen spezialisierter Arzt aus dem Krankenhaus in diese Gruppe und steht als Ansprechpartner bereit. "Nicht der Leistungsgedanke steht im Vordergrund", sagt Dr. Hans-Hermann Damlos, Vorsitzender für Sport bei Blau-Weiss. "Wir wollen den Betroffenen die Möglichkeit bieten, die heilungsfördernde Wirkung des Sports am eigenen Leib zu erfahren".

Das bedeutet: Langsam starten, den Trainingsumfang behutsam steigern und dann mit Freude dranbleiben, möglichst ein Leben lang. Die Teilnahmegebühr für zehn Wochen beträgt für Nicht-Vereinsmitglieder 80 Euro, für Vereinsmitglieder 60 Euro.

Sigrid Weber freut sich indes auf ihre Arbeit mit den Krebspatienten. Ihr Rat lautet: "Dieses Projekt ist ein wichtiger Schritt und hilft den Patienten, wieder zurück in den Alltag zu finden."