“Glaube im Krieg“ des Veddeler Filmemachers David Brych gibt Einblick ins Seelenleben von Afghanistan-Rückkehrern

Veddel. Morgens um 8 Uhr klingelt das Handy. Das ist zunächst nicht ungewöhnlich, denn der Arbeitstag des Filmemachers David Brych, 28, beginnt in der Regel um diese Uhrzeit und kann bis in die Nacht dauern. Nicht alltäglich ist die Herkunft des unbekannten Anrufers: Los Angeles, die amerikanische Filmmetropole schlechthin, ist auf dem Display zu lesen. David Brych denkt an einen Irrtum, ignoriert das Klingeln. Hartnäckig versucht es der Anrufer ein zweites Mal, so dass der Filmproduzent von der Veddel nun doch den Anruf annimmt. Die richtige Entscheidung, denn der Anrufer aus Kalifornien ist ein Mitarbeiter des christlichen Fernsehens Hope Channel. Er will Brychs Dokumentation "Glaube im Krieg" einkaufen.

Mit diesem Film gelingen David Brych seltene, möglicherweise nie gesehene Einblicke in das Innenleben der Bundeswehr. "Glaube im Krieg" dokumentiert die Seelsorge von Soldaten nach dem Einsatz in Afghanistan. Brych, selbst Wehrdienstverweigerer, schildert die Arbeit der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung - eine spannende Konstellation. Er hatte dazu die Unterstützung des Militärbischofs, drehte bei der Trauerfeier für gefallene Bundeswehrsoldaten in Selsingen.

Zwei Jahre hat David Brych an der Dokumentation gearbeitet, bis der 30 Minuten lange Film im vergangenen Jahr fertig wurde. 15.000 Euro beträgt das Gesamtbudget, das der unabhängige Filmemacher mit seinem Geld und Eigenarbeit vorfinanziert. Mit der Offerte des Spartensenders aus Los Angeles spielt der Film inzwischen einen kleinen Gewinn ein. Bei einem Kurzfilmabend im Wilhelmsburger Nachbarschaftstreff "Westend" am Donnerstag, 21. Februar, ist "Glaube im Krieg" zu sehen.

David Brych ist nicht der Mann für schrille Unterhaltung. Nur einen Hauch von Exzentrik gönnt er sich. Der Hut auf seinem Kopf ist sein Markenzeichen. Der 28-Jährige setzt komplexe, gesellschaftliche Themen in Bilder um. Nachtprogramm statt Primetime. In einer aktuellen Arbeit beleuchtet er, was die Multiple Sklerose mit einem Menschen macht. Bilder sollen zeigen, wie die Krankheit sich anfühlt. Der Filmemacher von der Veddel ist dazu in der NDR-Sendung "Das!" zu Gast.

David Brych stammt aus Berlin, ist im Jahr 1989 mit seinen Eltern nach Hamburg gekommen. Aus dem Hamburger Schanzenviertel, eine der beliebtesten Adressen Hamburgs, ist er auf die Elbinsel Veddel gezogen. Er habe Platz gebraucht, erklärt er. Ruhiger sei es auf der Veddel. In einem Job, bei dem man Arbeit und Hobby nicht trennen kann, ist das von Vorteil. Er schätzt den Blick auf die Hafenkulisse, die der Stadtteil bietet.

Der Filmemacher hat mit Radio angefangen. Beim Bürger- und Ausbildungssender Tide produzierte und moderierte David Brych drei Jahre lang eine HipHop-Sendung. Oft begleitete ihn ein Fernsehteam des Senders, sodass er selbst Geschmack an bewegten Bildern bekam. Brych studierte fünf Jahre Medientechnik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

Wer später in der Branche weiterkommen will, sollte sich nicht zu schade sein, bei Produktionen von Studenten mitzuarbeiten. Geld gibt es bei den "Studentendrehs", wie David Brych die No-Budget-Produktionen nennt, nicht zu verdienen. Dafür aber jede Menge wertvolle Kontakte zu gewinnen. "Produzenten, die gute Erfahrungen mit einem gemacht haben, melden sich später, wenn sie kommerzielle Projekte machen", sagt David Brych.

Der 28-Jährige hat bei seinen "Studentendrehs" offensichtlich gute Referenzen erworben. So überzeugend zumindest, dass David Brych ein Stipendium bekam für das Haus der Produzenten, die Nachwuchsinitiative von Studio Hamburg, dem nach eigenen Angaben führenden Produktions- und Dienstleistungszentrum für Film und Fernsehen in Deutschland. Das Stipendium, in der Praxis bedeutet es 18 Monate lang einen mietfreien Raum, ermöglichte David Brych, sein eigenes Filmunternehmen zu gründen: die Frog Motion Filmproduktion. "Der mit dem Frosch und dem Hut", so ist der Filmemacher bei Studio Hamburg bekannt.

Mit Werbefilmen (Bionade Quitte) und Imagefilmen hat der junge Produzent, Regisseur, Cutter und Sounddesigner sein Auskommen. Frog Motion steht aber vor allem für die Leidenschaft zu Dokumentarfilmen. David Brych hat vor kurzem Filmförderung beantragt für eine Dokumentation über die Piratenpartei in Niedersachsen. Ein möglicher Abnehmer des Politfilms, so jedenfalls spekuliert er, könnte der NDR sein. Wenn ihn das Fernsehen nicht senden will, wird der Hamburger Filmemacher ihn bei Festivals zeigen. "Ich bin den Guerilla-Weg gegangen", sagt er. Das bedeutet: Er hat einfach drauf los gedreht und selbst vorfinanziert, ohne Fernsehsender überhaupt zuvor angesprochen zu haben.

Zehn Monate lang hat David Brych fünf Politiker der Piratenpartei begleitet. Insgesamt 40 Stunden Filmmaterial schneidet er zu einem 90 Minuten langen Kinofilm zusammen. Er zeigt Aufstieg und tiefen Fall des jüngsten deutschen Parteienphänomens. Von der Euphorie seiner Protagonisten, laut Umfragen sicher mit einem gut bezahlten Abgeordnetenjob rechnen zu können, bis zur brutalen Wahlpleite.

Am Ende hat der Filmemacher mit seinen Beobachtungssubjekten gelitten: "Als wenn man seine Kinder beobachtet", sagt er. Der Film zeige den Menschen im Piraten. Typen, die für diese besondere Partei stehen. Mit Szenen eines quälend langen Parteitages entlarvt der Filmemacher Politik als "Bürokratieapparat". "Medial nicht darstellbar - die Piratendoku" lautet der Titel. "Medial nicht darstellbar" ist das Originalzitat eines NDR-Redakteurs, der am chaotischen Parteitag der Piraten offenbar verzweifelt ist.

Was fasziniert den 28-Jährigen an Dokumentarfilmen? Er tauche in eine Welt, die man sonst nicht kennenlernen würde, erklärt er. "Ich gelange an Orte, zu denen ich sonst nie hinkäme", sagt David Brych. Wer, fügt er hinzu, dürfe schon einen Truppenübungsplatz besuchen, auf dem Bundeswehrsoldaten den Einsatz in Afghanistan simulieren?

Kurzfilmabend mit "Glaube im Krieg", Do., 21. Februar, 19.30 Uhr, "Westend", in Wilhelmsburg, Vogelhüttendeich 17. Der Eintritt ist frei.