Jorker Obstbautage zeigen alle Facetten der Branche mit Tests und Trends, rund 2000 Besucher informierten sich am ersten Ausstellungstag.

Jork. Auf dem Messegelände der Jorker Obstbautage und vor allem in den Messezelten ging zeitweise sprichwörtlich kein Apfel mehr zu Boden, obwohl sich fast alles um Äpfel und Obstanbau drehte. Rund 2.000 Messegäste drängten sich am Mittwoch durch die Standreihen in denen rund 170 Aussteller über neueste Trends und Technik im Obstbau und alle Bereiche, die von Finanzierung bis Versicherung damit verbunden sind, informierten. "Wir sind sehr zufrieden mit dem großen Interesse an dieser Fachmesse", sagt Matthias Görgens von der "Esteburg"-Obstbauversuchsanstalt Jork, die als Gastgeber alljährlich die Fachmesse mit Ausstellern und Vortragsveranstaltungen zu aktuellen Themen der Obstanbauwirtschaft organisiert.

Eines der vielfach diskutierten Themen der diesjährigen Messe ist der maschinelle Obstbaumschnitt. Andreas Hahn, Obstbauberater beim "Esteburg"-Obstbauversuchsring hat über die seit zwei Jahren laufende Versuchsreihe referiert und erste Ergebnisse aus den Praxistests ausgewertet.

"Mit dem maschinellen Schnitt der Obstbäume sind wir an der Niederelbe erst am Anfang der Versuche", sagt Hahn im Gespräch mit dem Abendblatt. Seit zwei Jahren stehe die hoch technisierte Schnitt-Methode im Fokus, um zeitaufwendige Handarbeit einzusparen, so der Obstbaumexperte. Die so genannten arbeitswirtschaftlichen Gründe für einen maschinellen Schnitt werden seit 2011 fachmännisch analysiert. "Nach so kurzer Zeit können natürlich noch keine genauen Einschätzungen aus der Praxis vorgenommen werden", sagt Hahn. Da seien noch viele weitere Versuche genau auszuwerten. Denn allein auf Einsparungen in der Handarbeit könne man dieses Thema nicht reduzieren.

So zeigten die Versuche auf zehn Obstanbauparzellen, von denen drei auf dem Versuchsgelände der "Esteburg" und sieben in Betrieben im Alten Land liegen, dass Ertragszahlen und Qualität der Äpfel in wesentlichem Zusammenhang mit dem Obstbaumschnitt stehen. "Im ersten Testjahr hatten wir acht Prozent weniger Äpfel an den maschinell beschnittenen Bäumen", berichtet Hahn. Die Maschine schneidet zunächst mehr Äste im unteren Baumbereich ab, an denen sonst Äpfel reifen würden. Die Baumform entspräche nach dem maschinellen Schnitt einem Dreieck, die Bäume werden an jeder Seite auf etwa 35 Zentimeter beschnitten, so dass sie nur etwa 70 Zentimeter Gesamtbreite haben. "Schon im zweiten Jahr konnten wir diesen Ertragsverlust ausgleichen."

Wesentlich für die Versuche sind zudem Faktoren wie die Bedingungen des Standortes, die im fruchtbaren Marschboden an der Niederelbe sehr gut sind, so Baumberater Hahn. "Aber jede Sorte kann auch verschiedene Reaktionen auf den Maschinenschnitt zeigen." Hinzu kommen Faktoren wie Lichtverhältnisse und die geografische Ausrichtung der Obstbaumreihen, die im Alten Land natürlich ganz anders ist, als etwa in Südtirol.

"Wir haben mit dem Standardschnitt von Hand gute Systeme für eine hohe Qualität der Äpfel in Bezug auf Größe und Farbe der Früchte", erklärt Hahn. Auf die Fruchtgröße wirkten sich die maschinellen Schnittversuche, die an den Sorten Elstar, Braeburn und Red Jonaprince erfolgten, nicht aus, wohl aber auf die Farbe, die etwa fünf Prozent weniger intensiv war als bei Standardschnitten. Zur Ökonomie des maschinellen Schnittes gehöre aber auch, dass etwa ein Hektar Obstanbaufläche in rund drei Stunden beschnitten werden könne, allerdings ein Korrekturschnitt von Hand nötig bleibt, damit die Fruchtqualität gesichert ist. Beim Winterschnitt von Hand investieren die Obsterzeuger zwischen 30 und 70 Stunden je Hektar. So sei es für die Obsterzeuger eine reine Rechenaufgabe, ob und wo es sinnvoll ist, Maschinen für den Baumschnitt einzusetzen.

Landmaschinenspezialist Peter Brockmann aus Jork und Steffen Kühr aus Erfurt stellten die Schneidetechnik, die mit Schleppern oder Traktoren kombinierbar ist, bei der Fachmesse vor. "Der Ursprung maschineller Schneidetechnik liegt im Weinanbau. In Frankreich arbeiten die Winzer schon seit rund 20 Jahren mit dieser Technik", sagt Kühr. Gleichwohl seien inzwischen schon bewährte Geräte für den Tafelobstbau im Einsatz.

Im Alten Land gebe es allerdings noch viel Skepsis, so Peter Brockmann, zumal die Maschinen nicht für jede Apfelsorte geeignet seien. "An diese Technik müssen wir uns langsam rantasten, denn die Testreihen zeigen, dass es in manchen Bereichen super funktioniert", sagt Brockmann. Bis zu etwa 20.000 Euro kann die technische Aufrüstung der Schlepper für den Maschinenschnitt kosten, so Brockmann, da bleibe zu wägen, ob es sich unter allen Aspekten rentiert.

Rentiert hatte sich der Messebesuch in Sachen Information und der Präsentation neuer Trends für viele Gäste und Aussteller. "Wir kommen schon seit Jahren und immer sehr gern zu den Jorker Obstbautagen", sagen Kerstin Jonas und Britt Nowak aus dem Brandenburgischen Obstanbaugebiet Altlandsberg. "In Zusammenarbeit mit dem Esteburg-Obstbauzentrum haben wir die neue Apfelsorte Evelina gezüchtet, die zum Reinbeißen lecker ist."

Vom Kaiserstuhl, aus Freiburg im Preisgau sind Jasmin Drobina und Heribert Schmitz angereist, um ihre Akku-Baumscheren in der Praxis vorzustellen, die vom Altländer Fachpublikum kritisch getestet werden.

"Die Jorker Messe ist für uns einfach eine interessante Mischung aus informieren, probieren und orientieren", sagen die sieben jungen Altländerinnen Britta, Carolin, Claudia, Ariane, Ina, Uta und Julie, von denen einige erwägen, den Obstbaubetrieb der Eltern auch zu ihrem Beruf zu machen.