Dampfmaschinenmodelle sind heute ein wenig aus der Mode geraten. Das war in den 60er- und 70er-Jahren deutlich anders

Winsen. Dampfmaschinenmodelle passen in einen Schuhkarton, geben aber zugleich eine Ahnung von der überdimensionalen Dampfkraft aus dem 18. Jahrhundert. Ihre Technik fasziniert noch heute. Doch die Zeiten, in denen die Modelle unter jedem Weihnachtsbaum lagen, sind längst passé. Das Hamburger Abendblatt sprach mit Mike Stimming, Vertriebsleiter, 41, und Dirk Riebenstahl, 65, zuständig für Verkauf und Service bei der Firma Wilesco - dem weltweit größten Hersteller von Modell-Dampfmaschinen.

Hamburger Abendblatt:

Wodurch zeichnet sich der typische Dampfmaschinenmodell-Fan aus?

Mike Stimming:

Es gibt den klassischen Sammler, der in der Kindheit viel mit den Modellen gespielt hat und im Erwachsenenalter mehr und mehr sammelt. Das ist meistens die Generation 50plus. Gerade diese Leute sind wichtig für uns, weil sie ihren Enkeln das Gerät schmackhaft machen. Denn die Zeiten, in denen jedes Spielzeuggeschäft ein Dampfmaschinenmodell im Regal stehen hatte, sind vorbei. Wir versuchen uns heute auf Messen und in Museen zu präsentieren. Und immer dann, wenn wir ein Dampfmaschinenmodell vorführen, bildet sich schnell eine Menschentraube. Das zeigt, dass das Interesse an dem Produkt noch da ist.

Wie viele Dampfmaschinen verkaufen Sie heute jährlich und wie teuer sind die Modelle?

Stimming:

Insgesamt sind wir, seit wir diese Dampfmaschinenmodelle produzieren, weit über die drei Millionen-Grenze hinausgekommen. Die kleinste Dampfmaschine kostet im Verkauf 69 Euro. Die Größte liegt bei mehr als 700 Euro. Heute produzieren wir im Schnitt 20 000 bis 30 000 Stück pro Jahr plus die dazugehörigen Antriebsmodelle und verkaufen weltweit. In unsere Hoch-Zeit, in den 60er und 70er Jahren, war es ein Vielfaches davon.

Sie haben diese Zeit noch miterlebt, Herr Riebenstahl?

Dirk Riebenstahl:

Ja, da ging die Post ab. Wir bekamen zum Teil Millionenaufträge. Manchmal konnten wir ab September keine Aufträge mehr annehmen. Damals war es ein Muss, ein Dampfmaschinenmodell zu haben. Es war das Geschenk für einen Jungen schlechthin.

War es auch etwas für Stars?

Stimming:

Ich weiß, dass Tony Marshall eine bekommen hat. Auch Peter Lustig hat in seiner Laufbahn als Fernsehmoderator mehrfach mit unseren Dampfmaschinen gespielt.

Und heute?

Stimming:

Der heutigen modernen Technik von Smartphones, PC und Computerspielen können wir nichts entgegen setzen. Es gibt Jugendliche, die mit unseren Modellen nichts zu tun haben wollen. Die sie uncool und angestaubt finden. Auf der anderen Seite gibt es durchaus junge Menschen, die die physikalischen Vorgänge und alles, was damit zusammenhängt, schätzen.

Worin liegt denn die Faszination der Dampfmaschinen in Miniaturform?

Riebenstahl:

Es ist das Zusammenspiel, wenn das Gestänge und das Schwungrad angetrieben werden. Wie der Dampf die Drehbewegung bewirkt. Die Kraft, die dahinter steckt. Und dann natürlich das Geräusch.