Die Hobby-Historiker Erhard Rölcke und Erich Husmeier lassen die lokale Fußball-Geschichte in und um Lüneburg lebendig werden

Lüneburg. Ohne die Bibel wüssten die Menschen kaum etwas über Jesus. Und ohne die akribischen Recherchen von Erhard Rölcke läge die Vergangenheit des 111 Jahre alten Traditionsvereins Lüneburger Sportklub von 1901 und der 2008 gegründeten Fußball-Ausgliederung Lüneburger SK Hansa weitgehend im Dunkeln. In zwei Büchern hat der pensionierte Diplom-Ökonom das Auf und Ab der "Jungs von Wilschenbruch" (so der Titel des ersten Werks) dokumentiert. Auch die zuletzt erschienenen "111 Geschichten aus 111 Jahren LSK" sind eine wahre Fundgrube für alle historisch interessierten Fußballanhänger in Lüneburg.

Im Keller seines Hauses in Adendorf riecht es etwas moderig. "Ein Wasserschaden", stöhnt der 69 Jahre alte Rölcke, "20 Prozent meines Archivs sind beschädigt." Wellig verformte Leitz-Ordner liegen auf Tischen zum Trocken, in Kartons warten Wimpel und andere Fundstücke aus der Geschichte des lokalen Sports auf einen Waschgang. Besonders schmerzt den Chronisten des Lüneburger Fußballs der Blick auf aufgequollene historische Mannschaftsfotos, die mit Notizen, alten Chroniken oder Programmheften verklebt sind. "Da ist dann nichts mehr zu machen", sagt Rölcke, "zum Glück haben wir fast das gesamte Bildmaterial vorher digitalisiert." Der Besitzer des nun "höhergelegten" Kellerarchivs spricht im Plural und nimmt damit seinen kongenialen Konterpart Erich Husmeier, 66, mit ins Boot. "Wir ergänzen uns hervorragend", sagt der pensionierte Diplom-Ingenieur und Hobby-Historiker: "Erhard Rölcke ist der Fußball-Spezialist, ich mache ein Buch daraus."

Das aktuelle Werk erzählt die Vereinshistorie in 111 Geschichten. Der erste Ball in Lüneburg rollte in der Zeit nach 1880 auf einer Wiese an der Roten Schleuse. Im Laufe der Zeit setzte sich der Fußball in der Salzstadt auch an Schulen und in Vereinen immer stärker gegen die traditionellen, von Turnern betriebenen Ballspiele wie Faust- und Schleuderball durch. Dokumentiert ist die Anschaffung eines Fußballs beim Männer-Turnverein (MTV) am 17. April 1885. Am 1. April 1901 wurde im "Hotel Zum weißen Roß" der Lüneburger Fußballclub (L.F.C.) gegründet, der später als LSK für Furore nicht nur auf Norddeutschlands Fußballplätzen sorgte.

Rölcke kann die Entwicklung des Vereins nahezu lückenlos dokumentieren. Textbeiträge über wechselnde Spieltrachten, Klubzeitungen, legendäre Flutlichtspiele und gewonnene Meisterschaften werden illustriert mit alten Fotos, faksimilierten Dokumenten, Logos oder Titelblättern alter Zeitschriften. Das Material sei nicht nur Augenfutter, sondern helfe, den historischen Charakter der einzelnen Epochen besser herauszustellen, betont Rölcke.

Wer in der 376 Seiten dicken Fußball-Bibel blättert, kann den enormen Aufwand, den die Autoren betrieben haben, nur erahnen. Bisweilen verbringen die Rechercheure den ganzen Tag beim Stöbern in Archiven und Bibliotheken, wo alte Zeitungen, Jahrbücher und Chroniken viele interessante Geschichten aus der Geschichte preisgeben - Schätze, die gehoben werden wollen. Leider versinkt einiges auch im Strudel der Historie, bedauert Husmeier: "Die Nachfahren alter Vereinsmitglieder werfen nach deren Tod oft ganze Sammlungen weg."

Tragisch sei auch der Fall des Sohnes eines ehemaligen Vereinswirts, der vor einem halben Jahr gestorben ist. "Wir haben unser vereinbartes Treffen immer wieder verschoben, plötzlich war er tot." So wird wohl kein Leser je erfahren, wie die Fußballhelden der 1950er-Jahre nach den Spielen gefeiert und welche Döntjes sie erzählt haben. Husmeier, der sich vor allem mit der Regionalgeschichte, speziell des Wilschenbruchs, beschäftigt und dazu gesammelt hat, hat deshalb vorgesorgt: "Meine Sammlung geht nach meinem Tod an das Stadtarchiv über."

Weil sich die fruchtbare Arbeit des Duos herumgesprochen hat, hat die Lüneburger Sportvereinigung von 1913 angefragt, ob Rölcke und Husmeier die Jubiläumschronik zum 100. Geburtstag erstellen könnten. Machen sie. Doch die Recherche erweist sich als überraschend aufwendig. Grund: Die LSV ist ein Kind des Arbeitersports. "Dazu habe ich noch nicht gearbeitet", sagt Rölcke, der sich nun in das Thema hineinfuchst und schwer zu beschaffendes Material zusammenträgt.

Er bittet alle Leser, ihm Dokumente, Urkunden, Berichte und Fotos der Vorgängervereine Arbeiter-Turnerschaft Lüneburg (ATL), Freie Sportvereinigung Lüneburg (FSL) und Hagener Sportverein (HSV) zur Verfügung zu stellen. Eine Kärrnerarbeit, die schon vom nächsten Projekt der beiden Jäger der verlorenen Schätze überlagert wird. Rölcke und Husmeier haben, sehr zum Leidwesen ihrer Ehefrauen, zugesagt, die Chronik zum 65. Geburtstag des NFV-Kreises Lüneburg zu erstellen...