Marmstorfer Majestät Jürgen “der Digitale“ Tscherny unterstützt Darmkrebspräventionskampagne und geht selbst mit gutem Beispiel voran.

Harburg. Was ist nur mit Harburgs Männern los? Nur mehr sieben Wochen bis zum Ende der Darmkrebspräventionskampagne "1000 mutige Männer für Harburg", doch erst 144 haben sich einer präventiven Darmspiegelung unterzogen. "Es hat sich gezeigt, dass hier noch viel Aufklärungsarbeit erforderlich ist", sagt Prof. Ulrich Kleeberg von der Hamburger Krebsgesellschaft, die das Projekt gemeinsam mit der Barmer GEK auf den Weg gebracht hat.

Am Donnerstag, 7. Februar, und Freitag, 8. Februar, ist die Kampagne mit einem Infostand auf der Aktionsfläche im Erdgeschoss der Harburg Arcaden präsent. "Wir unterstützen diese Initiative gern, weil sie enorm wichtig ist", sagt Centermanager Felix Schraven. "Aus Kundenbefragungen kennen wir unser Publikum ziemlich genau und wissen daher, dass wir in den Arcaden mit relativ wenig Aufwand viele Männer erreichen können, um sie für das Thema zu sensibilisieren."

Dieser Mission hat sich auch Jürgen Tscherny verschrieben. Der 57-Jährige ist amtierender Marmstorfer Schützenkönig und weiß, dass er in dieser Eigenschaft gehört wird und etwas bewegen kann. Zumal er buchstäblich mit gutem Beispiel vorangeht: "Ich war am 7. Januar zur Darmspiegelung und habe über meine Erfahrungen auf der Facebookseite der Kampagne berichtet. Die Untersuchung war wirklich völlig harmlos, ich habe nicht mal eine Narkose in Anspruch genommen."

Dabei bezeichnet sich der IT-Spezialist vom Airbus-Zulieferer Sogeclair aerospace selbst als "gebranntes Kind". Nach einer missglückten Gallen-Operation vor elf Jahren landete er mehrere Tage auf der Intensivstation. Seitdem sind dem Schützenkönig Schwarzkittel, sprich Wildschweine, deutlich lieber als Weißkittel.

Tscherny: "Ich habe das Thema Vorsorge ziemlich lange schleifen lassen. Doch als ich einen Flyer der Kampagne in die Hand bekam und mir auf Nachfrage auch mein Arzt und meine Frau Ulrike, die Krankenschwester ist, die Untersuchung ans Herz legten, gab's keine Ausreden mehr." Jetzt habe er nicht nur ein gutes Gewissen, sondern auch ein gutes Gefühl der Sicherheit.

Das will der Schützenkönig nun auch anderen vermitteln, in dem er offensiv für die Darmspiegelung wirbt. So ließ "Jürgen der Digitale" jüngst bei der Teichwette mit Starmoderatorin Bettina Tietjen von seinen Schützenkollegen die Flyer verteilen und weist auch in persönlichen Gesprächen immer wieder auf die Bedeutung einer Darminspektion hin. Überdies kann er sich gut vorstellen, die Vorsorgeproblematik ebenso bei seiner Festrede auf dem großen Königsball am 23. Februar im "Schützenhof Marmstorf" anzusprechen.

Derweil scheinen die Vorurteile und Mythen bezüglich der Darmkrebsprävention in Harburg tiefer verwurzelt zu sein als anderswo. Ohnehin gebe es laut Hamburger Krebsgesellschaft ein erhebliches Akzeptanzdefizit durch gesellschaftliche Tabus. Nur etwa 20 Prozent der 20 Millionen Vorsorgeberechtigten überwinden ihre Scheu und nehmen die kostenlose Koloskopie wahr. "Weil die Untersuchung meist als unangenehm und peinlich angesehen wird, gibt es viele Vorbehalte. Sie haben mit der Realität zwar wenig zu tun, halten die Menschen aber davon ab, zum Arzt zu gehen", so Prof. Kleeberg.

In Harburg kommt erschwerend der hohe Anteil an Migranten hinzu, bei denen die kulturell und religiös bedingte Abneigung noch ausgeprägter ist. Anders ist kaum zu erklären, dass sogar das westfälische Lippstadt mit seinen 67.000 Einwohnern nach sechs Monaten 388 mutige Männer verzeichnen konnte. Damit steht Lippstadt sogar besser da als Mönchengladbach. Die nordrheinische Großstadt registrierte am Ende der Pilotphase für das Projekt tatsächlich 1007 mutige Männer, hat allerdings auch 285.000 Einwohner. Gemessen daran, wäre Lippstadt schon mit 215 Mutigen im Soll gewesen.

Selbst diese Zahl zu erreichen, dürfte Harburg, das mit 152.000 Einwohnern mehr als doppelt so viele wie Lippstadt hat, schwer fallen. Weshalb die Organisatoren schon jetzt ernsthaft erwägen, die Laufzeit des Projekts über den 31. März hinaus zu verlängern.