In 47 Tagen beginnt Bauausstellung in Wilhelmsburg. Auf der Elbinsel machen indes Gentrifizierungsgegner mit Graffitis ihrem Ärger Luft.

Wilhelmsburg. Nur noch 47 Tage dauert es bis zur Ausstellungseröffnung der Internationalen Bauausstellung Hamburg (IBA) in Wilhelmsburg. Unbekannte Sprayer im Studenten- und Künstlerviertel der Elbinsel begegnen dem Großereignis mit kritischen Parolen an den Häuserwänden. Mehr als ein Dutzend politisch motivierte Graffiti sind in der Fährstraße im Reiherstiegviertel auf wenigen hundert Metern zu sehen. Mit Sprüchen wie "IBA versenken - Wohnraum verschenken" bringen Protestierende kurz und drastisch ihre Furcht vor Verdrängung und steigenden Mieten zum Ausdruck.

Manche Graffiti haben die Unbekannten kunstvoll mit Schablone aufgetragen. Meist sind es hastig mit der Sprühdose an die Wand geschmierte Parolen. Auch Schmierereien mit dickem Filzstift sind an den Fassaden oder den Fensterbrettern der meist Jugendstilhäuser zu sehen.

Übermalen ist zwecklos gibt ein Marker-Schmierer einem Hauseigentümer zu verstehen. "Probleme lassen sich nicht IBA_steichen" hat er mit schwarzem Stift auf eine weiß getünchte Häuserwand geschrieben. Nicht alle Schmierereien sind mit so einfallsreichen Wortspielen verbunden. In typisch jugendlicher Ausdrucksweise steht der bekannte englische Kraftausdruck auf einer anderen Hauswand: "F... IBA & igs".

"People, not money, IBA" steht in großen blauen Buchstaben auf einer braunen Backsteinfassade. Menschen sollen im Vordergrund stehen - nicht Geld, lautet die Botschaft ins Deutsche übersetzt. In Anspielung auf die bekannte Western-Parodie "Vier Fäuste für ein Halleluja" mit Terence Hill und Bud Spencer hat ein Schablonenmaler die Konterfeis der berühmten Schauspieler an die Wand gebracht. Der neue Filmtitel lautet jetzt: "Vier Fäuste gegen Gentrifizierung".

Mit dem Begriff Gentrifizierung beschreiben Soziologen sozioökonomische Umstrukturierungsprozesse in städtischen Wohngebieten. Meist führt die Aufwertung von heruntergekommen Stadtquartieren zur Verdrängung der bisher dort heimischen Bevölkerung. Einkommensschwache Mieter müssen am Ende Gutsituierten weichen. Die Viertel Prenzlauer Berg in Berlin und oder das Hamburger Schanzenviertel sind Beispiel dafür. Gentrifizierung gilt deshalb als politisches Schlagwort gegen eine sogenannte Yuppisierung.

Die IBA setze sich mit dem Thema Gentrifizierung auseinander, heißt es bei der Gesellschaft. Das Motto der IBA Hamburg laute: "Wohnen heißt bleiben". Verschiedene Maßnahmen trügen dazu bei, Verdrängungen durch Mietpreisseigerung zu verhindern. Dazu gehöre der Wohnungsneubau, der sich gezielt an neue Mieter und Käuferschichten wende und dadurch das Mietsegment des Altbaus entlaste. Im Rahmen der IBA würden etwa ein Drittel der Wohnungen im sozialen Wohnungsbau erstellt. "Für die IBA ist es wichtig, die Infrastruktur für die vorhandene Bevölkerung zu stärken", sagt IBA-Sprecherin Anna Vietinghoff. Beispiele seien Bildungseinrichtungen und der Weltgewerbehof für ansässige Kleinbetriebe.