Buchholzer Familie hat sich aus Kinder-Musikprojekt zurückgezogen. Neue CD erscheint

Buchholz. Am Anfang war "Er ist's". Weil die kleine Nicola Casper das Gedicht von Eduard Mörike partout nicht auswendig lernen konnte, fing die damals Achtjährige einfach an, die Zeilen zu rappen. Auf einmal saß der Text problemlos und die Eltern von Nicola fragten sich, ob man diese tolle Lernmethode nicht mithilfe einer CD und noch mehr Kindern, die mitrappen, auch anderen Schulkindern nahebringen könnte - die Idee der "Jungen Dichter und Denker", kurz JDD, war geboren.

Acht Jahre ist das mittlerweile her, und das Projekt JDD, das mit Nicola und ihren Schulfreunden in Buchholz gestartet war, ist zu einer festen Institution in der Kinder- und Jugendlieder-Szene geworden. Frei nach dem Motto: Mit Musik spielend lernen, von Poesie bis Mathe. Es gab Auftritte im Kinderkanal, bei Johannes B. Kerner, beim Bundespräsidenten und in Til Schweigers Spielfilm "Keinohrhasen". Jetzt ist das neue Album mit Liedern von Rolf Zuckowski herausgekommen, auf dem die jungen Sänger Stücke wie "Stups, der kleine Osterhase", "In der Weihnachtsbäckerei" oder "Du da im Radio" zum Besten geben. Der bekannte Kinderliederautor hat erstmalig eine Bearbeitung seiner Werke erlaubt.

Der Unterschied zu den Anfängen der Truppe ist allerdings, dass heute keine Buchholzer Kinder mehr zu den Sängern gehören, sondern Nachwuchskräfte aus Hamburg. Der Begriff "Nachwuchs" ist dabei eigentlich fehl am Platze. Wenn man sich die Biografie von Luna, 13, Lilly, 10, Bryan, 12, Darryl, 14, Lino, 12, und Selina, 14, anschaut, merkt man sofort, dass die sechs schon etwas länger in der Unterhaltungsbranche sind. Darryl hat beim Musical König der Löwen den Simba gespielt, Lino hat einen Werbeclip gedreht, Selina hat bereits eine CD herausgebracht und bei der Castingshow X-Factor haben mehrere von ihnen im Chor gesungen.

Einen ersten großen Auftritt haben die JDD in der jetzigen Konstellation bereits absolviert, im vergangenen Sommer waren sie auf dem internationalen Musik- und Theaterfestival "Kinder, Kinder" vor dem Hamburger Rathaus zu Gast.

Die große Bühne. Auch JDD-Gründerin Nicola Casper hat sie jahrelang erlebt. Jetzt führt die 16 Jahre alte Schülerin des Gymnasiums am Kattenberge wieder das ganz normale Leben einer Jugendlichen in ihrem Alter. Kommt da nicht etwas Wehmut auf? "Ich vermisse die Zeit schon sehr", gibt sie zu. Dennoch plant sie nach der Schule nicht etwa eine Karriere als Musikerin, sondern möchte als Synchronsprecherin arbeiten. Mikrofon und Kamera, die zwei Dinge, mit denen sie aufgewachsen ist - so ganz will sie nicht von ihnen lassen.

"Alles hat eben seine Zeit", drückt ihre Mutter Gaby Casper die Tatsache aus, dass Nicola und ihre Buchholzer Schulfreunde zu einem gewissen Zeitpunkt einfach zu alt für die Kinderlieder geworden waren. Sie hätten in der Schule mehr lernen müssen als früher, und nach dem dritten Besuch im Tigerenten-Club mussten sie nicht auch noch ein viertes Mal dorthin. "Irgendwann waren wir mit den JDD einfach überall gewesen."

Heute werden die neuen JDD ausschließlich über das Hamburger Tao-Musikstudio von Achim Oppermann betreut, dem Studio, in dem auch schon Nicola und ihre Freunde ihren Rap zum Einmaleins oder Erlkönig aufnahmen. Gaby Casper und ihr Mann Addo, der als Selbstständiger in der Musikbranche arbeitet, zogen sich als Manager zurück. Weil JDD eben keine klassische Band, sondern eher ein Projekt war, fällt ihnen das Loslassen weniger schwer. Über die Jahre gesehen, so erzählt Produzent Flo Bauer von Achim Oppermanns Firma Tao-Music, hätten immer wieder die unterschiedlichsten Sänger bei dem Projekt mitgewirkt. Dennoch bezeichnet er die jetzige Konstellation, die die Rolf-Zuckowski-Lieder eingesungen hat, in gewisser Weise als die zweite JDD-Generation, weil sie in dieser festen Zusammensetzung sicherlich einige Auftritte absolvieren werde.

Nicola und ihre Schulfreunde hätten die Zeit bei den JDD nie als Arbeit gesehen, sagt Gaby Casper rückblickend. Es war ein Spaß, eine aufregende Zeit. Auch Lino, Bryan und Co., die neuen JDD, sehen es als ein Hobby an, wenn sie einmal die Woche ins Tonstudio gehen und Lieder einsingen. "Wir haben jetzt aber immer häufiger bis 16 Uhr Schule, da müssen wir mal sehen, wie es weiterhin passt", sagt Selina. In der Schule sei ihre Sangeskarriere kaum ein Thema, fügt Luna unter dem Gekicher ihrer Mitstreiter hinzu. "Wir wollen es nicht allen auf die Nase binden." Schließlich seien die Lieder, die die JDD singen, ja Kinderlieder.

Kinderlieder, die einen praktischen Nutzen haben. Nicola kann zum Beispiel noch heute mehr als 50 Texte deutscher Gedichte auswendig. Mithilfe eines Raps gehen die Zeilen tatsächlich einfacher in den Kopf. Die große Resonanz, die sie nach dem Start des Projekts von Lehrern und Erziehern erhalten hat, habe sie damals überwältigt, berichtet Gaby Casper. Sie hätten eben schnell bemerkt, dass sie so weitaus besser mit den Schülern lernen könnten. Ihr Lied über das kleine Einmaleins kann quasi als Beleg dafür gelten. "Eigentlich kann man davon ausgehen, dass das fast jeder kennt, der Kinder hat."