Pensioniert, doch der beliebte Mathelehrer Egbert Fischer bleibt der Schule Weusthoffstraße treu. Tochter Andra freut's.

Heimfeld. Ein Lehrer, der an seiner Schule selbst Schüler war und dessen Tochter auch noch Kollegin ist - solch eine Konstellation darf getrost als außergewöhnlich bezeichnet werden. Doch Egbert Fischer ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer Pädagoge. Dass der 65-Jährige plötzlich nicht mehr da sein könnte, ist für viele an der Grundschule Weusthoffstraße, die ab 1. Februar GS Am Kiefernberg heißen wird, kaum vorstellbar. Das gilt für Lehrer wie Schüler gleichermaßen.

Die Kunde von seiner offiziellen Pensionierungsfeier Anfang dieser Woche erfüllte denn auch so manchen mit viel Wehmut. Doch ehe allzu viele Tränen getrocknet werden mussten, gab Fischer gleich mal Entwarnung: "Meinen wirklich letzten Schultag wird es vorerst nicht geben. Ich habe mich entschlossen, zehn Wochenstunden weiter zur Verfügung zu stehen. Mit der Option, diese Vereinbarung halbjährlich zu verlängern."

Das Programm der Schulbehörde "Fördern statt Wiederholen" macht's möglich. Aufgelegt wurde es, um Schüler mit Nachhilfebedarf intensiver begleiten zu können. Eine Initiative, die auch Fischer sehr am Herzen liegt. Ebenso wie die spezielle Förderung von besonders begabten Kindern im Fach Mathematik. Und das neue Wahlpflichtfach "Entdecker und Eroberer" in der Klassenstufe vier.

Auch Schulleiterin Claudia Tusch freut sich, den erfahrenen Pädagogen weiter im Team zu haben. "Egbert Fischer ist bei Kollegen wie Schülern außerordentlich beliebt, ein Pädagoge mit Leib und Seele. Einen Mann mit seinen Erfahrungen und seinem Einfühlungsvermögen verliert man nur ungern", stellt sie ihm ein erstklassiges Zeugnis aus: "Deshalb freut es einfach alle, dass er uns noch eine Weile erhalten bleibt."

Die Freude ist beiderseits. "Auch wenn das manch einer nicht glauben mag: Ich bin immer gern zur Schule gegangen. Hier herrscht ein prima, überaus kollegiales Betriebsklima. Für mich ist der Gang zum Schulhof an der Weusthoffstraße, als ob ich nach Hause zu meiner Familie komme", so Fischer.

Als die Schule am 1. Februar 1956 eröffnet wurde, gehörte der Zweitklässler Egbert zu den ersten Schülern. Die Eltern waren gerade erst von Hausbruch in die Haakestraße nach Heimfeld gezogen. Dort wohnt er heute noch, auch wenn er in der Haakestraße noch zweimal umgezogen ist. Dass Fischer seinen Kiez nie dauerhaft verlassen hat, stört ihn nicht im Geringsten. "Ich habe hier alles gefunden, um glücklich zu sein: Eine intakte Familie, großartige Kollegen, gute Freunde - es gab doch überhaupt keinen Grund, jemals woanders hin zu wollen."

Noch nicht einmal, als Fischer Ende der 70er-Jahre von einem Jugendlichen so zusammengeschlagen wurde, dass er mehrere Tage auf der Intensivstation lag. Es passierte am Rande einer Klassenfeier an der Schule. Der Schläger war aber keiner seiner Schüler, sondern wollte sich nur unbefugt Zutritt verschaffen. Den nur zu einem Bußgeld verurteilten Täter hat Fischer später zu sich nach Hause eingeladen. Nach einem langen Gespräch über die brutale Attacke hat er dem Jugendlichen verziehen und hielt auch danach noch lange Kontakt zu ihm.

Silvesterböller im Garten als böser Streich frustrierter Schüler, so etwas hat Fischer nie erlebt. Obwohl jeder genau wusste, wo er wohnt. Worin aber besteht sein Erfolgsgeheimnis? Fischer: "Ich habe immer versucht, mich auf das Niveau des Lernenden zu begeben, denn jeder Schüler ist anders. Nur so kannst du seine Fähigkeiten heraus kitzeln und ihm Erfolgserlebnisse verschaffen." Die seien am Wichtigsten überhaupt, um Kinder bei der Stange zu halten, sie zu motivieren.

Das hat auch zu Hause glänzend funktioniert. So gut, dass Tochter Andra, das älteste seiner drei Kinder, ebenfalls nie etwas anderes als Lehrerin werden wollte. Nicht einmal, als sie nach dem Abitur als Lufthansa-Stewardess durch die Welt jettete. "Ich war schon immer ein Papa-Kind, bin in vielen Dingen wie er", sagt die 31-Jährige, "zielstrebig, ehrgeizig, mit pädagogischer Ader und einem ausgeprägten Mathe-Faible." Nicht nur: Beide waren auch als Tennistrainer tätig. Ein gemischtes Doppel eben.

Genau wie der Vater war auch Andra Grundschülerin an der Weusthoffstraße und hat nach dem Abitur an der Uni Hamburg studiert. Dass sie Lehrauftrag und Referendariat dann wieder zurück nach Harburg geführt hätten, sei zwar eher Zufall gewesen, aber gewiss kein Nachteil. "Klar, war ich erst mal nur die Fischer-Tochter. Ansonsten ist aber schnell klar geworden, dass ich meinen eigenen Weg gehe. In der Schule bleibt alles Familiäre außen vor." Seit Oktober 2010 ist Andra Fischer an der Heimfelder Grundschule fest angestellt. Sie unterrichtet Mathe, Sachkunde, Sport und Kunst, ist Klassenlehrerin einer zweiten Klasse. Dass Vater Egbert auch nach seiner offiziellen Pensionierung an der Schule weiter präsent sein wird, freut Andra: "So kann ich mir immer noch schnell mal den einen oder anderen Rat holen. Und es macht mir den Abschied leichter."