Denis Marcouly hat 33 Jahre lang die Varieté-Vorstellung am Buchholzer Albert-Einstein-Gymnasium betreut. Nun geht er in den Ruhestand.

Buchholz. Es war der Schwung des Élysée-Vertrags, der den jungen Denis Marcouly vor mehr als 40 Jahren von Frankreich nach Deutschland spülte. Der Vertrag sollte im Jahr 1963 die Freundschaft zwischen den beiden Ländern besiegeln, die sich lange Zeit als Erbfeinde unversöhnlich gegenüber gestanden hatten. Marcouly nahm den Vertragsinhalt persönlich und meldete sich als 14-Jähriger freiwillig für einen Austausch, der ihn in den Westerwald führte. Er wollte das Nachbarland genauer kennenlernen. "Nach der Schule habe ich dann Germanistik studiert und bin für ein Jahr als Fremdsprachenassistent nach Hamburg gekommen", erzählt er. Das eine Jahr sollte nicht genug sein, irgendwie ergab es sich, dass er in Buchholz hängenblieb. Seit 1971 ist er am dortigen Albert-Einstein-Gymnasium (AEG) Lehrer für Deutsch und Französisch.

Ein Franzose in Buchholz? Marcouly, der aus dem Örtchen Figeac im Südwesten des Landes stammt, war zu damaliger Zeit ein echter Exot in der Nordheidestadt. Nicht minder exotisch für die Buchholzer Schullandschaft war das, was er wenige Jahre später als Paradebeispiel der französischen Lebensart einführte: eine Varieté-Vorstellung voller Esprit, Charme und Schnelligkeit. 33 Jahre lang sollte er Monsieur Varieté des AEG sein, die diesjährigen Aufführungen am Montag und Dienstag, 28. und 29. Januar, sowie am Montag, 4. Februar, jeweils 19 Uhr, sind die letzten unter seiner Leitung. Der 64-Jährige tritt Anfang des kommenden Jahres in den Ruhestand.

Nach dieser langen Zeit ist es somit nicht übertrieben zu behaupten, dass sein Varieté das AEG geprägt hat. Was mit zwei Schulklassen und einem Plattenspieler begann, ist mittlerweile zu einem alle zwei Jahre stattfindenden Großereignis mit 250 bis 300 Darstellern aus allen Jahrgängen geworden, das von durchschnittlich 1000 Zuschauern pro Abend besucht wird. "Etwa ein Viertel unserer Schüler macht regelmäßig mit, viel mehr dürfen es auch nicht sein, wir brauchen schließlich noch Publikum", witzelt Marcouly, der früher selbst mit Zauberei und Sketchen auf der Aulabühne stand und sich heute aufs Organisieren konzentriert.

"Die gute alte Zeit" lautet das Motto der diesjährigen Show. Etwa ein halbes Jahr lang haben die Darsteller geprobt, im Vier-Minuten-Takt werden sie den Zuschauern an den drei Aufführungstagen insgesamt 27 Programmpunkte vortragen - von Ballett über Hundedressur bis hin zum Cancan-Tanz und Akrobatik. "Im Varieté kommt es auf schnelle Wechsel an", erklärt Marcouly. Die Beiträge sollen nicht langatmig sein, sondern rasant und unterhaltsam. Zu einem der aufwendigeren Programmpunkte zählt etwa die Aufführung des Musicals Annie, das er gemeinsam mit den Schülern seiner Deutschklasse umgeschrieben hat. In Anlehnung an die Aktion Sauberes Klassenzimmer putzen die Jugendlichen, was das Zeug hält, singen Lieder wie "It's A Hard Knock Life" und werden dabei am Klavier begleitet.

Fester Bestandteil des Varietés ist jedes Mal die Lehrerparodie, die in diesem Jahr um eine Schülerparodie ergänzt wird. "Die Lehrer werden dabei aber nicht einen bestimmten Schüler nachmachen, sondern ganz allgemein die unterschiedlichen Schülertypen", sagt Marcouly. Rückblickend ist er sich sicher, dass die Lehrerparodie sogar dazu beigetragen hat, dass das Verhältnis zwischen Pädagogen und Schülern am AEG entspannter wurde. "Als wir damit anfingen, waren die Fronten noch viel verhärteter." Heute sei alles weit weniger steif und viel demokratischer. Man hat gelernt, miteinander übereinander zu lachen.

Bei den Artistik-Einlagen steht hingegen Geschick und Wendigkeit im Mittelpunkt - Fähigkeiten, über die auch Ella, 14, und Sarah, 12, verfügen. Die beiden Mädchen gehören zu dem sechsköpfigen Team, das auf dem Einrad über die Bühne saust, schick angezogen im schwarz-weißen Kostüm. Zum mittlerweile zweiten Mal seien sie dabei, erzählt Ella, die sich so wie Sarah das Einrad-Fahren selbst beigebracht hat. "Das war anfangs ziemlich schwer, aber dann ging's." Auch ihren Programmteil für die Aufführung haben sich die Schüler selbst ausgedacht, so wie die meisten anderen Schüler, die beim Varieté mitmachen. "Sie arbeiten alle sehr selbstständig", sagt Denis Marcouly stolz, nur äußerst selten müsse er eingreifen und sagen, dass etwas so aber nicht gehe.

Etwas wehmütig wird er bei dem Gedanken, im kommenden Jahr das AEG nach mehr als 40 Jahren endgültig zu verlassen. Schließlich ist damit eine Frage verbunden: Wer führt das Varieté fort? Bisher ist die Nachfolge noch nicht hundertprozentig geregelt. "Ich hoffe, dass es weitergeht", sagt er und fügt mit Nachdruck hinzu: "Es muss weitergehen." Sollte es dennoch Schwierigkeiten geben, will er der Schule ein Angebot machen. Obwohl er vorhat, gemeinsam mit seiner ebenfalls aus Frankreich stammenden Frau im Ruhestand wieder mehr Zeit in seinem Heimatland zu verbringen, soll der Kontakt zur Schule nicht abreißen. Er selbst drückt es so aus: Seine Handynummer wolle er bekannt geben. Und selbst im Ausland habe das Gerät sicherlich Empfang.