Stiftung sucht engagierte Menschen aus der Region für “mitKids Aktivpatenschaften“. Die Warteliste in der Süderelberegion ist lang.

Harburg. Wenn Martin Gyameshie mit Andreas Theophil zu einem Spiel des FC St. Pauli ans Millerntor fahren darf, ist das für den Elfjährigen jedes Mal ein Festtag. Zum einen, weil Martin selbst ein leidenschaftlicher Fußballer ist. Zum anderen, weil er unglaublich gern Zeit mit Andreas Theophil und dessen Frau Brigitte verbringt. Gemeinsam geht es dann auch ins Museum und ins Kino. Oder es wird was für die Schule gemacht, auch das ist allen drei sehr wichtig und verbindet sie.

Kennengelernt haben sich Martin Gyameshie, ein Scheidungskind aus einer kinderreichen Migrantenfamilie aus Wilhelmsburg, und die Theophils aus Seevetal 2010 über das Projekt "mitKids Aktivpatenschaften" der Ehlerding-Stiftung. Gegründet wurde es 2006 mit dem Ziel, Kindern im Alter von zwei bis neun Jahren aus schwierigem familiären Umfeld mit verlässlichen Bezugspersonen zusammenzubringen. Für die Theophils war es eine bewusste Entscheidung, die sie nicht bereut haben: "Wir wollen, dass Martin seinen Weg macht, er bereichert unser Leben sehr", sagt Andreas Theophil.

Wenn es nach Bettina Jantzen geht, kann dieses Beispiel in Harburg ruhig Schule machen. Sie ist Leiterin des Projekts "mitKids Aktivpatenschaften" und wünscht sich noch viel mehr Paten für Kinder wie Martin Gyameshie. Denn die Warteliste für die Süderelberegion ist lang. "Momentan gibt es hier nur sechs Patenschaften, das ist für die Größe des Bereichs noch sehr wenig", so Jantzen. In Hamburg insgesamt seien es 95.

Dass der Bedarf südlich der Elbe, wo es diverse soziale Brennpunktviertel gibt, groß ist, lässt sich denken. Zumal es hier viele kinderreiche Familien mit Migrationshintergrund gibt, die oft nur das Existenzminimum zum Leben haben. Und überdies sozial oft nur unzureichend integriert sind. Sie sind exakt jener Kreis, aus dem die meisten Anfragen kommen. Die Anforderungen für die Paten stellen normalerweise keine unüberwindbaren Hürden dar. Die Paten sollten zwischen 20 und 75 Jahre alt sein, etwa drei bis vier Stunden pro Woche Zeit für ihren Schützling aufbringen können, Freude am Umgang mit Kindern haben und über ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis verfügen. "Angelegt sind die Patenschaften auf mindestens ein Jahr. Besser ist natürlich, die Paten können die Kinder über mehrere Jahre begleiten", sagt Bettina Jantzen.

Die längsten Patenschaften existieren bereits seit 2007. Und vor allem diese beweisen, wie gut das Konzept funktioniert. Die Patenschaften helfen den Kindern beim Aufbau stabiler Beziehungen, die geprägt sind von Vertrauen und Verlässlichkeit. "Durch das Zusammensein mit ihren Paten erleben die Kinder, dass sie auch mal im Mittelpunkt stehen können und ihre Wünsche und Bedürfnisse Beachtung finden", sagt Bettina Jantzen. Dadurch würden sich häufig auch Sprach- und Sozialkompetenz und damit die schulischen Leistungen verbessern. "Das stärkt aber auch soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Toleranz, stärkt in letzter Konsequenz das Selbstwertgefühl und damit das Selbstvertrauen", so Jantzen.

Diese Grunderfahrung erhöht die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit der Kinder und ermöglicht es ihnen, später selbst vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Die Paten hingegen erleben durch den Kontakt zu ihren Schützlingen eine persönliche Bereicherung und vertiefen dadurch nicht zuletzt das eigene Verständnis für verschiedene Kulturen.

"In belasteten Situationen brauchen Familien und alleinerziehende Mütter eine niedrigschwellige und alltagsnahe Unterstützung - unkompliziert und praktisch. Genau das leisten diese Aktivpatenschaften", sagt Ursula von der Leyen, die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, die Schirmherrin des "mitKids"-Projekts der Ehlerding-Stiftung ist. Zudem hat es in Starmoderatorin Alida Gundlach eine namhafte Botschafterin gefunden. "Für solch ein zuverlässiges Miteinander, das Kindern Freude und Halt gibt, zu werben, ist mir eine Herzensangelegenheit", so die Talkmasterin. In ihrem neuesten Buch "Miteinander oder gar nicht" erzählt sie übrigens auf intensive wie einfühlsame Weise davon, wie Generationen voneinander profitieren können.

Noch sind es mehr Frauen als Männer, die sich zu dieser großen und schönen Aufgabe berufen fühlen. Doch in jüngerer Vergangenheit mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Herren der Schöpfung langsam aufholen. Für Andreas Theophil jedenfalls ist Martin Gyameshie längst zu einem wichtigen Teil seines Lebens geworden: "Ein Wochenende ohne ihn, kann ich mir schon fast nicht mehr vorstellen."

Infoabend des Projekts "mitKids Aktivpatenschaften", Mittwoch, 16. Januar, ab 18.30 Uhr im Büro des Freiwilligennetzwerks, Hölertwiete 5.