Jan Gehrdau-Schröder aus Stelle berichtet von seinem dreimonatigen Arbeitsaufenthalt an der Südküste des fünften Kontinents.

Stelle/Nenndorf. "Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen", schrieb der Hamburger Lyriker Matthias Claudius in seinem Gedicht Urians Reise um die Welt. Auch zwei Jahrhunderte, nachdem die zum geläufigen Sprichwort avancierte Verszeile erschienen ist, faszinieren persönliche Berichte aus fremden Ländern die gebannten Zuhörer mehr als nüchterne Fachvorträge. Eine Kombination aus realer Abenteuergeschichte und überraschenden Details der Agrartechnik liefert Jan Gehrdau-Schröder am Dienstagabend in Nenndorf. Dort hält der gelernte Landwirt aus Stelle einen Vortrag über seinen dreimonatigen Arbeitsaufenthalt in Australien.

"Meine Klassenkameraden aus der Realschulzeit haben oft von ihren Plänen erzählt, ins Ausland zu gehen", sagt der 23-Jährige. "Für mich kam das eigentlich nicht infrage." Seine Freizeit war mit der Arbeit auf dem Hof seines Vaters Bernd Gehrdau-Schröder gegenüber der Sankt-Michaels-Kirche fest verplant. Insgeheim fand er die Idee aber "relativ reizvoll". Als dann ein befreundeter Landwirt vor rund zwei Jahren eine so genannte "Work & Travel"-Rundreise auf der gegenüberliegenden Seite der Erdkugel plante, packte auch den Steller Junglandwirt, der sich beim WG-Leben mit anderen Teilnehmern eines Fachschullehrgangs in Celle bereits teilweise von seiner Heimatgemeinde im Landkreis Harburg abgenabelt hatte, das Fernweh.

"Wir hatten beide nichts in der Hand, keine Adresse", berichtet Gehrdau-Schröder von seiner Ankunft in Perth. Die Hauptstadt des australischen Bundesstaates Western Australia war im November 2011 Startpunkt seiner Reise, die ihn über eine Strecke von 10.000 Kilometern entlang der australischen Südküste bis nach Melbourne im Osten des fünften Kontinents führte. "Als erstes habe ich mir in Australien ein Auto gekauft", erinnert sich Gehrdau-Schröder. "Es war ein rostiger Toyota Camry." Dessen Baujahr 1987 lag rund zwei Jahre vor dem Geburtsdatum seines Fahrers.

In Perth gingen die beiden Touristen mit ihrem "Visa subclass 457" in der Hand auf gut Glück in das Büro einer Arbeitsvermittlerin, das sie mit einer Jobzusage verließen. "Es war klar, dass wir etwas finden", sagt Gehrdau-Schröder. "Die Farmer da unten sind auf Leute wie uns eingestellt und nehmen sie mit Kusshand." Die deutschen Landwirte füllten ihre Reisekasse ab sofort als Erntehelfer auf einem Betrieb mit 6500 Hektar Land.

"Eine solche Ackergröße ist in Australien nichts besonderes", sagt Gehrdau-Schröder. Während der Hof seines Vaters im Vergleich dazu nur ein Fünftel der Fläche bewirtschaftet, ähnelten die Arbeitsabläufe Down Under durchaus denen in Stelle-Achterdeich. Sowohl auf der Nord- als auch der Südhalbkugel bediente der 23-Jährige den Mähdrescher. Allerdings war das Fahrzeug in Südaustralien mehr als doppelt so groß wie in Norddeutschland.

Einen für seinen Beruf noch entscheidenderen Unterschied entdeckte Gehrdau-Schröder aber erst im persönlichen Gespräch mit einem aus Schleswig-Holstein stammenden Landwirt bei Melbourne. "Er sagte mir, dass er nur in Australien ein richtiger Bauer sein könne." Hierzulande habe sich der landwirtschaftliche Betriebsleiter als Erfüllungsgehilfe der Politik gefühlt, der auf Subventionen statt Sonnenschein angewiesen ist.

Eine ähnliche Karriere wie sein Landsmann, der ohne Ställe vorhalten zu müssen 1600 Milchkühe ganzjährig draußen weiden lässt, kommt für Gehrdau-Schröder nicht infrage. "Ich habe schon einmal darüber nachgedacht", sagt er. "Aber dort würden mir die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr, meine Freunde im Faslamsverein, der Jagdgemeinschaft und die anderen Höllenheizer-Teammitglieder beim Wittorfer Mofarennen, vor allem aber wohl die Familie fehlen."

Als Bauer in Australien hätte Gehrdau-Schröder die Aussicht auf einen deutlich höheren Verdienst. Bereits als Wanderarbeiter verdiente er bis zu 23 Australische Dollar pro Stunde. Das entspricht 18,50 Euro, mehr als das Vierfache des Stundenlohns osteuropäischer Erntehelfer auf deutschen Feldern. Die Arbeitszeit begann der australischen Hitze wegen um Mitternacht und endete zur Mittagszeit.

Trotzdem will Gehrdau-Schröder in zwei Jahren den Betrieb seiner Eltern übernehmen. "Ich habe in Australien gelernt, wie man einen großen Bauernhof organisiert", sagt er. In Stelle will er in fünf Jahren die Kapazität der Kuhställe auf 200 Tiere verdoppeln. "Mit unserem Doppelzehner-Fischgräten-Melkstand schaffen wir derzeit 80 Kühe pro Stunde, in Australien gab es karussellartige Anlagen, die viermal so viele Tiere gemolken haben."

Jan Gehrdau-Schröder hält seinen Vortrag auf Einladung des Maschinenrings Harburg, dem Zusammenschluss von 750 Landwirten in der Region, die ihre nicht ausgelasteten Maschinen und Arbeitskräfte überbetrieblich einsetzen. Die Vereinsmitglieder treffen sich gegen 19 Uhr zur Jahreshauptversammlung in Böttchers Gasthaus, Bremer Straße 44. Die obligatorischen Regularien wie Kassen- und Geschäftsbericht sowie Wahlen des Vereinsvorstands und -beirats beginnen um 19.30 Uhr.