TUHH-Forschungsziel: Das künftige Wohngebiet Jenfelder Au mit circa 600 Appartements soll sich mit Energie selbst versorgen können.

Harburg. Unsere Umwelt steckt voller Energie. Nicht nur Windkraft sowie Licht und Wärme der Sonne lassen sich für Stromerzeugung und für Heizzwecke nutzen sondern auch aller Pflanzenwuchs, der uns umgibt. Letzterer, die organischen Stoffe, sind Sache von Dr.-Ing. Ina Körner, Institutsleiterin für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH).

Ihr ganz großes Ziel ist es herauszufinden, wie biologische Ressourcen beispielsweise innerhalb einer Stadt optimal eingesammelt und für die Energiegewinnung nutzbar gemacht werden können. Ein Mosaikstein in ihrer Arbeit ist dabei ein laufendes Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, an dem unter dem Titel "Kreis - Versorgung durch Entsorgung" zehn Einrichtungen beteiligt sind, darunter die Bauhaus-Universität Weimar oder auch die Hamburger Stadtentwässerung. Das TUHH-Team, in dem neben der Institutsleiterin zwei wissenschaftliche Mitarbeiter, eine Laborantin und zwei Doktoranden arbeiten, befasst sich mit Biogaserzeugung, Gärresteverwertung und auch dem Management gasförmiger Emissionen.

Letztendlich geht es darum, dass auf dem gut 35 Hektar großen Gelände der früheren Lettow-Vorbeck-Kaserne in Wandsbek in etwa zwei Jahren eine Stadthaus-Siedlung mit gut 600 Appartements für 1800 Bewohner geschaffen werden soll. Das Wohnungsbauprojekt trägt den Namen "Jenfelder Au". Eine Besonderheit: Die Häuser erhalten für die Klo-Spülung keinen Anschluss an das öffentliche Abwassernetz der Hamburger Stadtentwässerung. Fäkalien sollen zur Erzeugung von Biogas beitragen. Das Gas wiederum soll einer Gasturbine als Brennstoff dienen und möglichst ausreichend Strom und Wärme für die Bewohner der Jenfelder Au liefern. Reicht die selbst erzeugte Gasmenge nicht aus, kann aus dem öffentlichen Versorgungsnetz sogenanntes Bio-Erdgas eingespeist werden.

Institutsleiterin Ina Körner sagt, dass im Gebiet der Siedlung eine Biogasanlage mit einem Rauminhalt von 1000 Kubikmetern errichtet werden soll. In den Wohnhäusern werden - wie im Flugzeug - Vakuum-Toiletten installiert. Weil die mit Unterdruck arbeiten, wird statt acht Liter Spülwasser nur etwa ein Liter benötigt. Der organische Anteil der Fäkalen im sogenannten "Schwarzwasser" reicht für die Erzeugung von brennbarem Biogas (Methan) aber kaum aus. Körner: "Um Mikroorganismen ausreichend Futter für ihre Zersetzungsarbeit zu geben, bei der das Gas entsteht, müssen organische Substanzen beigemengt werden."

Alles für die Energiegewinnung notwendige Material soll aus dem Wohngebiet selbst kommen. Organische Substanzen können unter anderem aus dem Rasenschnitt öffentlicher Flächen oder privater Gärten gewonnen werden. Körner: "Wir könnten auch Küchenabfälle verarbeiten. Aber die Stadtreinigung Hamburg will Küchenabfälle über die grüne Biotonne in eigener Regie entsorgen. Lediglich in zehn Wohnungen werden wie in den USA Abfallzerkleinerer in die Ausgüsse der Küchenspüle eingebaut - für Versuchszwecke." Die TUHH-Forscher arbeiten bei ihren Untersuchungen mit dem Unternehmen "Buhck Umweltservices" aus Wentorf zusammen. Das Unternehmen ist unter anderem auf das Einsammeln und Lagern von Grünabfällen spezialisiert aber auch auf die Entsorgung von Reststoffen, wie etwa dem Schlamm, der bei der Vergärung des Biomaterials entsteht.

Um mit dem Schwarzwasser möglichst viel Biogas zu erzeugen kommt es nun darauf an, die richtige Mischung an organischen Substanzen herauszufinden. Körner: "Es reicht nicht aus, Rasenschnitt mit dem Schwarzwasser zu vermengen." Für eine hohe Ausbeute muss der Rasenschnitt weiter zerkleinert werden. Die Forscher fanden bei einer Vielzahl von Versuchen heraus, dass der technische Aufwand am geringsten ist, wenn das Gras - während der Vegetationsperiode wird mit einem Ertrag von zwölf Tonnen gerechnet - mit einer Schneckenpresse ausgepresst und der organische Saft dem Schwarzwasser beigemengt wird. Da während des Winterhalbjahrs kein Rasenschnitt zur Verfügung steht, wird nach Alternativen gesucht, beispielsweise Obstreste.

Das Suchgebiet für die Beschaffung der benötigten Rohstoffe ist deshalb mit einem Radius von fünf Kilometern um die Jenfelder Au erweitert worden. Körner: "In dem Raum sind dann ausreichend Bioressourcen zu finden." Unter anderem gibt es einen Verarbeitungsbetrieb für Obst. Körner: "Unsere Arbeit ist spannend. Wir leisten einen Beitrag für die Zukunft."